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Handball Oliver Walter war seit mehr als 16 Jahren Sprecher in der Paul-Merkewitz-Halle Die Stimme Staßfurts verabschiedet sich

Von Christian Jäger 11.01.2014, 02:18

Patrick Schliwa, Präsident des HV Rot-Weiss Staßfurt, sagt über Oliver Walter: "Von uns wurde er geliebt, von den Gegnern nicht gemocht." Seit mehr als 16 Jahren kommentierte Walter nicht nur die Handball-Spiele - vielmehr unterhielt er die Halle. Spitze Kommentare und Kritik an Schiedsrichtern und Gegnern waren sein Markenzeichen. Nun verabschiedet sich die Stimme der Paul-Merkewitz-Halle.

Staßfurt l "Wir Hallensprecher sind alle ein bisschen bekloppt, wir sind schließlich keine Nachrichtensprecher", sagte Walter über seine Art und Weise, die Partien der Handballer zu begleiten. Beim 35:28-Erfolg des HVS über die GoGo Hornets zum Jahresabschluss schallte letztmalig Walters Stimme durch die Boxen der Paul-Merkewitz-Halle. Eigentlich verabschiedete er sich bereits vorher, doch er sprang für seinen Nachfolger, Klaus Stops, ein.

Der Name "Walter" war in der Handball-Szene weit über die Staßfurter Stadtgrenzen hinaus bekannt. "Die Stimmung der "Merkewitz-Hölle" ist in der Liga bekannt", erklärte Walter. Trainer und Spieler wussten um die Art des emotionalen Sprechers - "beim Anpfiff drehe ich durch". Stets versuchte er mit seiner Art, das Geschehen von außen zu beeinflussen und die Zuschauer zur Unterstützung zu animieren, "aber immer im Rahmen der Regeln". So wurde bei Verletzungen beispielsweise hin und wieder der Jingle der Serie Schwarzwaldklinik eingespielt - damit machte er sich nicht immer nur Freunde.

"Ich habe versucht, die Schiedsrichter zu beeinflussen."

Auch wenn sein Wirken stets im Rahmen verlief, "gab es Dinge, die ich im Nachhinein anders gesagt hätte". Doch während der Spiele sei es ein ewiger Kampf gewesen. "Ich habe versucht, die Schiedsrichter zu beeinflussen. Das ist Tradition in Staßfurt. Aber danach gab es zusammen ein Bierchen und der Drops war gelutscht", so Walter. Vor Anpfiff lud der Sprecher die Unparteiischen stets zum Austausch in den Clubbereich nach den Partien ein. "Aber jüngere Schiedsrichter hatten neuerdings Angst, zu kommen." Nach den Spielen gab es dann auch Gelegenheiten, zusammen mit den Referees das Videomaterial zu sichten und beidseitige Fehler aufzudecken.

"Es hat mir sehr viel Spaß gemacht", resümierte Walter. "Ich habe über dies und jenes gequatscht und immer viele bekannte Gesichter gesehen." Unvergessen bleibt auch der Auftritt der österreichischen Nationalmannschaft in Staßfurt. Aber die schönste Erinnerung hat er an das legendäre Concordia-Derby gegen Bernburg: "Patrick Schliwa stand im Tor, auf der Platte stand am Ende nur noch Volker Wartmann, der Rest war mit Zeitstrafen unten. Und Wartmann schaffte fast noch den Siegtreffer. Es war proppevoll, es quetschten sich mehr als 1000 Zuschauer in die Halle."

Doch auch schlechte Erinnerungen bleiben. "Es tat mir leid, den Zerfall von Concordia Staßfurt mit ansehen zu müssen. Das war nicht schön", blickte Walter zurück. Daraufhin hängte er für anderthalb Jahre das Mikrofon an den Nagel. Doch zur Gründung des HVS 2009 nahm er es dann wieder in die Hand.

Eine berufliche Umorientierung zwingt Oliver Walter zum Aufhören. Er arbeitet nun als Sozialpädagoge in einer Einrichtung, in der er auch am Wochenende gebraucht wird. "Es hätte passieren können, dass ich als Sprecher mehrfach ausfallen würde - und das wollte ich nicht." Doch einen Bruch mit dem HVS gab es nicht. "Als Zuschauer komme ich immer wieder gern. Und zur Not helfe ich auch als Sprecher wieder aus."

"Meine Frau hat die Spieler genau so geliebt wie ich."

Ein radikaler Abschied wäre sowieso undenkbar - auch für Walters Frau. "Sie durfte ihre Geburtstage regelmäßig in der Halle feiern. Das war für sie aber kein Problem. Sie hat die Jungs genauso geliebt wie ich."

Der Hallensprecher genoss im Verein eine Art Sonderstellung. Er war einer der wenigen, die vor dem Spiel, während sich die Rot-Weissen aufwärmen, auf die Platte durften. "Ich habe jeden Spieler persönlich begrüßt. Das ist nicht selbstverständlich, darauf bin ich stolz."

Die Zeit verging wie im Flug. "Ich kann mich noch genau an die Anfänge erinnern. Auch wenn ich so ein schlechtes Namensgedächtnis habe. Teilweise musste ich bei Neuzugängen noch nach zwei oder drei Heimspielen den Namen ablesen", gestand Walter. Er schätzte, dass er in der Zeit um die zehn Trainer "überlebt" habe.

"Wir sind traurig über seinen Abgang", erklärte Präsident Schliwa. "Er war für seine spitzen Kommentare bekannt, dafür geliebt und auch oft gerügt. Wir haben gern mit ihm zusammengearbeitet." Schliwa hofft, dass Walters Nachfolger Klaus Stops nun eine neue Ära als Sprecher startet.