1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Der Kapitän geht von Bord

Fußball Der Kapitän geht von Bord

Seit seinem fünften Lebensjahr spielte Matthias Härtl 24 Jahre für den SV 09 Staßfurt. Zuletzt zeigte er sich deutlich wechselfreudiger.

Von Tobias Zschäpe 10.06.2020, 23:01

Staßfurt l 2011, nach dem zweiten Abstieg der 09er aus der Fußball-Verbandsliga, entschied sich Härtl zum ersten Mal, etwas Neues auszuprobieren. Er wollte weiterhin im Oberhaus Sachsen-Anhalts spielen. Schon zu dieser Zeit war der Vollblutstürmer für seinen Torriecher bekannt – ein Ruf, welchen er in der Folge weiter ausbauen sollte.

In jeweils drei Jahren beim TV Askania Bernburg sowie dem SV Edelweiß Arnstedt avancierte er zum drittbesten Torschützen der Verbandsliga-Geschichte, erzielte 171 Treffer. Im Sommer 2017 folgte schließlich der vermeintliche Rückschritt zu Landesliga-Aufsteiger Staßfurt. Als solchen wollte Härtl den Wechsel damals jedoch nicht bezeichnen. „Die Landesliga ist stark und Staßfurt hat ein gutes Team. Das hat Hand und Fuß“, erklärte er seinerzeit gegenüber der Volksstimme und er sollte Recht behalten.

Staßfurt spielte in den beiden folgenden Saisons jeweils bis zum Schluss um den Aufstieg mit, verpasste diesen jedoch jeweils knapp auf den Treppchenplätzen zwei und drei. Nichtsdestotrotz konnte Härtl seine beeindruckende Quote im Dress des SV 09 (379 Tore in 560 Punkt-, Pokal- und Freundschaftsspielen) weiter ausbauen und schien sich sichtlich wohlzufühlen an der Bode. Mit Beginn der Spielzeit 2019/2020 wurde er schließlich zum Mannschaftskapitän ernannt. Seine Aussage „Ich wollte dort aufhören, wo ich angefangen habe“ schien sich zu bewahrheiten.

Doch nun kommt alles ganz anders. Im Herbst seiner Karriere hat der 38-Jährige entschieden, noch einmal den Verein zu wechseln. Sechs Jahre nach seinem ersten Gastspiel in der Kreisstadt, wechselt der Offensivmann erneut zum bisherigen NOFV-Oberligisten TV Askania Bernburg, welcher in der kommenden Spielzeit den Neuanfang in der Verbandsliga anpeilt.

Bei seinem nun ehemaligen Verein zeigte man sich überrascht über diese Entwicklung beziehungsweise über die Art, wie der Wechsel vonstatten ging. „Wir haben im Internet davon erfahren, ohne vorher darüber Bescheid zu wissen“, berichtet Christian Krüger, Präsident des SV 09 Staßfurt. „Ich hätte mir gewünscht, dass er vorher mit uns spricht, statt uns jetzt wie im Regen stehen zu lassen.“ Die Enttäuschung rührt bei den Vereinsverantwortlichen vor allem daher, dass „uns alle Spieler signalisiert hatten, dass sie dem Verein treu bleiben“, so Krüger. Es gab keine Anzeichen für Wechselgedanken, sodass die Meldung den Verein am Dienstag unvorbereitet traf.

Dabei war der Abgang Härtls über kurz oder lang abzusehen. Mit 38 Jahren gehörte er zu den Routiniers in der Mannschaft der Bodestädter, damit aber auch zu den Führungsfiguren. „Gerade deshalb hätte ich mir gewünscht, dass er sich als Kapitän zumindest von der Mannschaft verabschiedet“, kritisiert Krüger das Verhalten des Angreifers. „Wir wären sicher die Letzten gewesen, die ihm Steine in den Weg gelegt hätten, wenn er noch einmal wechseln will. Darüber hätte man auf jeden Fall reden können“, so der Staßfurter Vereins-chef. Härtl selbst wollte sich auf Volksstimme-Nachfrage nicht dazu äußern. Doch letztlich war der Abschied ohnehin nur ein vorgezogener.

Bei den Bodestädtern war man sich bewusst, dass die bisherige Nummer neun nicht für immer aktiv bleiben würde. „Es war abzusehen, dass Matthias auf Grund seines Alters über kurz oder lang nicht mehr für uns Fußball spielen würde, weshalb wir in diesem Sommer bereits einige Transfers mit Blick auf die Zukunft getätigt haben. Dass es bereits jetzt dazu kommt, ist aus sportlicher Sicht natürlich ein großer Verlust für uns“, erklärte Krüger.

Die angepeilte Verjüngung des Staßfurter Kaders nimmt durch den Abgang nun viel eher als erwartet deutliche Formen an. Im kommenden Spieljahr werden die 09er einen der jüngsten Kader in der Landesliga stellen, dazu tragen unter anderem auch die Neuzugänge Nick Pumptow, Hendrik Kluge und Eric Güttel bei. Insbesondere Kluge und Güttel sollen mit ihren Toren den Abgang Härtls kompensieren.