Fußball Ein neuer Anfang

Mit vier neuen Spielern fährt der SV Förderstedt aus der Fußball-Landesliga am Mittwoch ins Trainingslager an die polnische Ostsee.

Von Enrico Joo 03.01.2017, 23:01

Förderstedt l Ob die Spieler vom SV Förderstedt ein Auge haben werden für die winterliche Ostsee? Kołobrzeg (deutsch: Kolberg) im polnischen Westpommern gilt ja als heißer Tipp für Urlauber in das östliche Nachbarland. Doch neben dem Laufeinheiten am Strand heißt es für die Landesliga-Kicker seit Mittwoch vor allem: Arbeiten, schuften, schwitzen.

Förderstedt bricht am Mittwoch gegen 17 Uhr auf zum Trainingslager an die polnische Ostsee. Die Bedingungen im Sporthotel in Kołobrzeg sind hervorragend. „Es gibt Kunstrasen, eine Schwimmhalle, einen Fitnessraum, eine Sauna. Es ist alles da“, erzählt der sportliche Leiter Thomas Conrad, der selbst vor Ort sein wird. 80 Euro musste jeder Spieler beisteuern. Dafür gibt es ein Rundum-Sorglos-Paket. In Polen bereiten sich die Förderstedter bis zum Sonntag auf die Rückrunde vor, in der die Mannschaft ambitionierte Pläne hat. Sie will natürlich weg vom Abstiegsplatz nach einer mehr als durchwachsenen Hinrunde. Drei Punkte fehlen zu Bismark.

Es gab schlimme Pleiten. Da war das 1:7 gegen Wernigerode. Oder das 0:5 gegen Calbe. Beides zu Hause. Traurig war auch das 1:14 im Landespokal gegen Oberligist Barleben. Aber die Förderstedter hatten es ja auch nicht einfach. Erst brach sich Torwart Marco Janich die Hand. Das schwächte den sowieso auf Kante genähten Kader. Viele Verletzte gab es. Die Trainingsbeteiligung sank. Felix Fleischer im Kasten musste öfter wegen seiner Ausbildung passen. „Es war klar, dass wir so nicht weitermachen konnten“, sagt Conrad.

Interner Tiefpunkt waren die Vorkommnisse um den 18-jährigen Martin Stolte. Der Jungspund wurde vor die Tür gesetzt. Trainer Enrico Tietzel schwieg lange über die genauen Gründe. „Ich habe ihn rausgeschmissen. Er war ein Pflegefall.“ Beim Auswärtsspiel in Krevese am 5. November soll er noch angetrunken zum Spiel erschienen sein. „Da habe ich zu ihm gesagt, dass er bei mir nicht mehr spielen wird“, so Tietzel. Es war nur einer von mehreren negativen Vorfällen.

Nun geht der Blick nach vorne. An der Ostsee werden die körperlichen Grundlagen für die Aufholjagd gelegt. „Ich werde die Spieler richtig rannehmen und schleifen“, kündigt Tietzel an. „Ich will mir nicht nachsagen lassen, dass ich nicht alles probiert hätte.“ Drei Einheiten pro Tag stehen auf dem Plan, dazu viele Läufe. Am Sonnabend absolviert Förderstedt ein Testspiel gegen einen polnischen Zweitligisten. Auch ein Alkoholverbot für die Freizeitfußballer im Trainingslager wurde ausgesprochen. Sonntag geht es zurück.

Das Zusammenkommen wird dann auch als Teambuilding für die personell neu aufgestellte Mannschaft gelten. Mit Axel Böttger (Bernburg II), Manuel Gitschat (Heyrothsberge), Tobias Hausdorf (Neugattersleben) und Felix Tänzer (1. FC Bitterfeld-Wolfen) reisen alle vier Neuzugänge in das Trainingslager. Hausdorf, der letzte Neuzugang im Winter, hat die Defensive weiter verstäkt. „Er ist kein unbeschriebenes Blatt“, sagt Tietzel. „In Neugattersleben hat er die Mannschaft von hinten angeführt.“ Dort war er auch Kapitän. Nun will er den Schritt in die Landesliga wagen.

Sportlich gesehen wird sich Förderstedt, mit 41 Gegentreffern in der Hinrunde die Schießbude der Liga, neu erfinden müssen. Vor allem hinten mit den neuen Verteidigern Böttger und Hausdorf und Keeper Gitschat. „Das wird eine Rolle rückwärts“, sagt Tietzel. Förderstedt will endlich mal ohne Gegentor bleiben. Das gelang in dieser Saison nicht.

Und auch die Abgänge von Sebastian Petrat (Union Schönebeck) und Toptorjäger Michal Zawada (Askania Bernburg) bereiten Tietzel keine Probleme. „Ich habe überhaupt keine Bauchschmerzen.“ Er hat schon einen Plan, wie er vorne umstellen könnte. Devis Drici, der schon beim 2:2 in Uchtspringe aus dem Mittelfeld ins Sturmzentrum gerückt war, könnte dauerhaft im Angriff spielen. Tietzel ist fest davon überzeugt, dass das eine prima Idee ist. „Er hat das schon früher in Aschersleben gespielt. Drici wird Zawada in nichts nachstehen.“ Das sind von der Ausbeute her große Fußstapfen. Zawada war mit seinen elf Treffen mit Abstand der beste Förderstedter Schütze.

Mit den vier Neuzugängen umfasst der Förderstedter Kader jetzt 18 Spieler. Und auch Marco Janich, der „unermüdliche Fighter“, wie der Coach ihn nennt, steht nach seinem Handbruch vor der Rückkehr. „Da kann ich die Mannschaft jetzt unter Druck setzen“, sagt Tietzel. „Bis jetzt war es meist so, dass jeder Spieler automatisch am Wochenende gespielt hat.“ Das wird jetzt anders sein.

Mehr Konkurrenzkampf soll im Endeffekt auch die Qualität steigern. „Jetzt gibt es die Qual der Wahl“, hofft auch Conrad, der das beinahe philosophisch ausdrückt: „Es ist Licht am Ende des Tunnels.“ Die Laterne in Förderstedt brennt noch. Noch ist keiner nach Hause gegangen, noch hat sich keiner aufgegeben. „Wir haben etwas Gutes hingekriegt, wir haben unsere Arbeit gemacht“, meint Conrad. „Wenn die Neuen sich normal anpassen, dann kann es etwas werden.“ Dann ist der Klassenerhalt keine bloße Utopie.