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Fußball Ein Stich ins Herz der alten Kollegen

Der SV 09 Staßfurt hat das Stadtderby gegen den SV Förderstedt in der Landesliga, auch dank Marcus Bolze, mit 4:1 (1:1) gewonnen.

Von Dennis Uhlemann 01.10.2017, 23:01

Staßfurt l Der Jubel bei Marcus Bolze war groß - ohne Zweifel. Aber so richtig scheint er nicht gewusst zu haben, wie er seine Begeisterung zum Ausdruck bringen sollte. Und so spulte der Spieler des SV 09 Staßfurt, der das 3:1 im Stadtderby gegen seinen ehemaligen Verein erzielt hatte, gleich ein ganzes Programm ab. Erst deutete er sich unter dem Motto „Wer hat zwei Daumen und mit Förderstedt abgeschlossen?“ auf sein Trikot, dann ließ er einen lauten Jubelschrei los. Es folgte ein „Daumen hoch“ in Richtung Familie, ehe seine Mitspieler ihn in einer Jubel-traube beglückwünschten.

Auch das Tor zum späteren 4:1-Endstand steuerte Bolze bei. Der ehemalige Förderstedter war der Held im Derby. „So hätte ich mir das Spiel vorher nur erträumen können“, sagte der Stürmer mit der Nummer 14. Ob er gegen den SV Förderstedt besonders motiviert war? Natürlich. „Im Derby, und dann auch noch gegen den alten Verein, da wollte ich zeigen, was ich kann und was ich noch dazu gelernt habe“, sagte der Doppeltorschütze.

Doch warum fiel der Jubel so euphorisch aus? Aus Respekt jubeln Spieler im Normalfall eher zurückhaltender bei einem Treffer gegen den Ex-Verein. Bolze wollte dazu nichts sagen. Doch, dass er mit dem SVF nicht im besten Verhältnis auseinander gegangen ist, wurde dadurch einmal mehr deutlich. Sein Wechsel hat sich spätestens mit diesen Toren für den SV 09 ausgezahlt. Ein Lob gab es auch vom Co-Trainer der Staßfurter, Axel Quednow: „Marcus ist immer hochmotiviert, im Derby hat er aber noch ein paar zusätzliche Prozentpunkte aus sich heraus gekitzelt. Er hat super gearbeitet und sich mit den Toren belohnt.“ Und ein Stück weit verpasste er seinen ehemaligen Kollegen damit einen „Stich ins Herz“.

Mit dem Derbysieg klettern die Staßfurter auf Rang drei. Der Plan, die drei Punkte im Stadtduell im Stadion der Einheit zu lassen, er ging auf. In der ersten Hälfte sah es aber absolut noch nicht danach aus. „Wir wussten, dass es sehr schwer wird“, sagte Bolze. „Die erste Hälfte war nicht unser Anspruch, wir waren schlecht und haben Förderstedt so ins Spiel kommen lassen“, ergänzte Quednow.

So nahm der Gast, von den meisten vorher als Außenseiter gehandelt, das Heft in die Hand und zeigte sich offensiv stark. „Wir haben die Spielregie übernommen“, war Förderstedts Trainer Marko Ulbrich zufrieden. Durch einen verwandelten Elfmeter von Necirvan Isa (40.) gingen die Gäste mit 1:0 in Führung. Doch nur drei Minuten später traf David Siegel ebenfalls vom Punkt und sorgte für den Ausgleich. „Das 1:1 zur Pause war unverdient“, so Ulbrich.

Die ersten zehn Minuten nach dem Wiederanpiff sollten dann spielentscheidend sein. Die Gastgeber kamen völlig verändert aus der Kabine. „Wir haben noch eine Schippe draufgelegt“, merkte Bolze an. Die 09er nutzten folglich ihre Überzahl, der Förderstedter Przemyslaw Kucybala verletzte sich und wurde am Spielfeldrand behandelt, konsequent aus. Nach einer flachen Hereingabe vom Staßfurter Kapitän Michael Schmidt stellte Lukas Möller auf 2:1 (51.). „Das war ein schönes Gefühl“, sagte der 19-Jährige über das Derbytor. „Ich bin sehr stolz darauf, das Vertrauen vom Trainer erhalten zu haben.“

Der Treffer zum 3:1 von Bolze folgte nur zwei Minuten später nach einem sehr guten Spielzug über Matthias Härtl und den eingewechselten Benjamin Kollmann. „Dieser Doppelschlag war Gold wert“, sagte Quednow. „Wir haben das taktisch schlecht gemacht“, merkte Ulbrich an. „Danach gingen die Köpfe nach unten.“ Immerhin gab es noch die große Chance durch Hussein Alkabib, der aber frei vor Tobias Witte Nerven zeigte und den Anschlusstreffer verpasste.

So war die zweite Hälfte vor allem von Fouls und Nicklichkeiten geprägt. Sollte auch nur einer der 170 Zuschauer in Staßfurt Zweifel über die Brisanz des Derbys gehabt haben, immerhin gab es dieses Duell seit über 20 Jahren nicht mehr in einem Pflichtspiel, er wurde in Hälfte zwei eines Besseren belehrt. Es fanden hitzige und intensive Zweikämpfe, teilweise mit übertriebener Härte, statt. Es fielen Beleidigungen, unter anderem von Kollmann, der deshalb mit Rot vom Platz musste (56.). Er hatte sich über ein hartes Foul von Ladislav Kesner, der dafür Gelb-Rot sah, aufgeregt. Neben den zwei Platzverweisen gab es acht Gelbe Karten. „In einem Derby gehört das dazu“, merkte Torschütze Isa mit einem Augenzwinkern an. So bildete das 4:1 von Bolze schließlich den Schlusspunkt des Spiels.

Die Gäste zeigten sich als faire Verlierer. „Der Sieg für Staßfurt geht nach der zweiten Hälfte in Ordnung“, sagte Ulbrich. Bereits am morgigen Feiertag muss das Derby für beide Teams jedoch abgehakt sein. Der SV Förderstedt trifft um 14 Uhr im Heimspiel auf den SV Westerhausen und muss dabei auf zwei Spieler verzichten. Necirvan Isa fehlt mit einer Gelb-, Ladislav Kesner mit einer Gelb-Rot-Sperre. „Der Kader ist groß genug“, ist Ulbrich dennoch optimistisch.

Der SV 09 trifft auswärts auf den punktlosen Tabellenletzten Stahl Thale. Eine Belastung am Feiertag? Für Quednow nicht: „Wir spielen doch alle lieber als zu trainieren.“ Und auf das Spielen hätten sich die Akteure im Derby auch öfters konzentrieren sollen, vor allem durch die zweite Hälfte und Ausschreitungen nach dem Spiel erhält das Duell einen negativen Beigeschmack. Doch Bolze ließ sich davon auch nach dem Spiel nicht beirren. Er konnte schon wieder flachsen mit den alten Kollegen. Und eines kann ihm keiner nehmen: Er ist der Derbyheld. Der erste seit über 20 Jahren.

SV 09: Witte - Nagel, Moye (61. Jesse), Lieder, Härtl, Siegel (46. Kollmann), Schmidt, Bolze, Horstmann, Mähnert (78. Witte), Möller

SV Förderstedt: Janich - Kesner, Früchtel, Conrad, Kucybala (59. Kucybala), Böttger, N. Isa, Rezny (82. Arms), Kocur, Drici, H. Isa

Tore: 0:1 N. Isa (40.), 1:1 Siegel (43.), 2:1 Möller (51.), 3:1, 4:1 Bolze (53., 90.), SR: Benedict Ohrdorf (Süplingen), ZS: 170, GRK: Kesner (56.), RK: Kollmann (56.)