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Fußball Krella vermisst rollenden Ball nicht

Noch immer gibt es keine einheitliche Entscheidung, wie es in Sachsen-Anhalt mit der unterbrochenen Saison 2019/2020 weitergeht.

Von Michael Jacobs 12.05.2020, 23:01

 Im Gespräch mit Sportredakteur Michael Jacobs äußerte Frank Krella, Präsident des Kreisfachverbandes (KFV) Fußball Salzlandkreis, seine persönliche Meinung über die aktuelle Entwicklung.

Volksstimme: Herr Krella, wie sehr vermissen Sie den Fußball? Seit Mitte März rollt kein Ball…

Frank Krella: Ehrlich? Es hält sich in Grenzen. Warum? Auch wenn der Ball nicht live auf dem Rasen rollt, gab, beziehungsweise gibt es für mich genügend ehrenamtliche „Arbeit“ rund um das Thema Fußball. Und gefreut habe ich mich auch, unter anderem das Europacupfinale zwischen dem 1. FC Magdeburg und dem AC Mailand nach 46 Jahren noch einmal im MDR gesehen zu haben.

Die ersten Vereine haben in Kleingruppen wieder mit dem Training begonnen. Ist diese Art des Trainings zum jetzigen Zeitpunkt aus ihrer Sicht sinnvoll? Wenn ja, warum?

Training ist immer sinnvoll. Auch als der Kontakt nur auf maximal zwei Personen beschränkt war, konnte man sich zumindest konditionell fit halten. Jetzt können die Trainingsgruppen bis zu fünf Personen betragen. Da kann man wieder gegen den Ball treten, passen, flanken oder schießen üben. Torwarttraining sollte sogar fast komplett möglich sein.

Abbruch oder Einfrieren der Saison - das ist derzeit die Frage. Wie hat sich der KFV Salzland dazu positioniert? Wurden die Vereine befragt?

Der KFV Salzland hat sich dazu nicht offiziell positioniert. Letztendlich können wir es im Kreis nicht selbst entscheiden. Darum sehe ich keinen Sinn darin, im KFV-Vorstand ausgiebig darüber zu debattieren. Wir müssen abwarten, was der FSA entscheidet und danach handeln. Dessen ungeachtet haben wir aber unsere Vereine befragt. Von 65 Vereinen, die aktiv im Spielbetrieb stehen, haben sich 43 (Stand 10. Mai) geäußert. Das sind 66 Prozent. Bezieht man alle 65 Vereine ein, haben 53,8 Prozent (35 Vereine) für einen Abbruch oder eine Annullierung gestimmt. Nimmt man nur die Vereine in die Statistik, die sich gemeldet haben, sind es 81 Prozent, die nicht über dieses Datum hinaus spielen wollen. Hier ist es also eine klare Mehrheit. Ungeachtet dessen hat der FSA eine erneute Umfrage an alle Vereine gestartet und wird das Ergebnis in den nächsten Tagen veröffentlichen.

Waren die Meinungen im KFV-Vorstand unterschiedlich? Wurde hitzig debattiert oder herrscht Einigkeit?

Im Gegensatz zu den Vereinen kenne ich aktuell nicht alle Meinungen der KFV-Mitglieder. Von denen, deren Meinung ich kenne, liegen diese aber auf meiner Wellenlänge. Wir haben darüber auch keine hitzigen Debatten geführt. Seitdem der Ball ruht, haben wir uns als KFV-Vorstandsmitglieder nur einmal per Videokonferenz ausgetauscht. Da stand das Thema Saisonverlängerung aber noch nicht an und wir haben uns über mögliche Szenarien, wie die Absage der Mini-EM, KFV-Wahlen oder wie wir die Saison bis 30. Juni beenden könnten, ausgetauscht. Da gab es den Shutdown noch nicht. Seitdem die Saisonverlängerung eine weitere Option war, haben wir uns nicht wieder zu einer Konferenz getroffen. Ab da sah zumindest ich keinen Sinn mehr, das zu besprechen, bevor wir nicht wissen, was im FSA passiert.

Wie kann es also weitergehen?

Letztendlich wollen wir als gewählte KFV-Vertreter für die Vereine da sein und diese haben ihr Votum abgegeben. Auch wenn es nicht meinen Vorstellungen entspricht, bin ich der Auffassung, dass wir ihre Meinung vertreten sollen, ja müssen. Sind es doch sie, die spielen. Schließlich betonen wir im KFV-Vorstand immer wieder, dass wir der Dienstleister der Vereine sind. Und das will ich gern vorleben. Aber wie schon von mir erwähnt, werden wir da letztendlich an die Entscheidungen des FSA gebunden sein. Und hier kann ich nur an die Vereine appellieren, nutzt Eure Stimme bei der erneuten FSA-Umfrage. Auch wenn Euch die Umfragen, wie mir schon der eine oder andere Verein unmissverständlich preis gab, langsam zum Hals heraushängen.

Warum tut sich der FSA aus Ihrer Sicht so schwer, eine verbindliche Entscheidung zu treffen? Wo liegen Ihrer Meinung nach die besonderen Schwierigkeiten, die beachtet werden müssen?

Der FSA sucht nach einer sportlich gerechten Lösung und möchte sich nicht drängen lassen. Sachsen hat abgesagt, Thüringen friert die Saison ein. Aus meiner Sicht eine problematische Konstellation. Der FSA sucht noch nach der idealen Lösung und bezieht hier die Vereine mit ein. Ich persönlich finde das gut. Gespielt werden kann derzeit sowieso noch nicht.

Sind dem Verband aus bestimmten Gründen die Hände in die eine oder andere Richtung gebunden, zum Beispiel durch rechtliche oder finanzielle Hintergründe, die der „Basis“ auf den ersten Blick nicht unbedingt geläufig sind?

Dem Verband sind natürlich in bestimmten Fällen die Hände gebunden. Zwar wurde vom DFB beschlossen, dass die Saison über den 30. Juni hinaus verlängert werden kann. Da stellt sich aber auch schon das Problem der Vereinswechsel im Juli/August. Wie wird damit verfahren, wenn die Saison verlängert wird? Erst vor wenigen Tagen habe ich einen weisen Spruch vom Unternehmer Harald Kotial erhalten, den ich in unserem Fall treffend finde: „Wer etwas will, sucht Wege. Wer etwas nicht will, sucht Gründe.“

Haben Sie Rückmeldungen von Vereinen aus dem Salzlandkreis erhalten, die durch Corona in besondere Schwierigkeiten geraten sind? Wenn ja, welche Clubs betrifft das? Wo liegen die Probleme?

Mir persönlich ist von keinem Verein in unserem KFV bekannt, dass er in besondere (finanzielle) Schwierigkeiten durch Corona geraten ist. Welche sollen das dann sein? Etwas ironisch gesagt: Fernsehgelder gibt es nicht. Von Zuschauereinnahmen kann wohl kein Verein im Kreis leben. Die Zuschauereinnahmen decken maximal die Schiedsrichterkosten. Und die gibt es ja ohne Spiele nicht. Lediglich die Vereine mit Vertragsamateuren könnten da wohl Schwierigkeiten bekommen, wenn die Sponsoren abspringen. Ein Verein hat gegenüber mir geklagt, dass er sein Sportfest nicht durchführen kann. Das habe ich aber nicht weiter kommentiert.

Wie ist Ihre persönliche Meinung zur Situation? Befürworten Sie einen Abbruch oder eine Fortsetzung der Saison?

Zuerst war ich auch für Abbruch. Als aber beschlossen wurde, die Saison über den 30. Juni hinaus verlängern zu können, hat mich das bewogen, zum Einfrieren der Saison zu tendieren. So lange es keinen Impfstoff gegen das Coronavirus gibt, müssen wir jederzeit mit einer neuen Infektionswelle rechnen. Was machen wir dann aber? Brechen wir wieder eine unvollständige Saison ab? Lassen wir wieder keine Absteiger zu? Verprellen wir wieder den Zweit- oder Drittplatzierten und lassen ihn nicht aufsteigen, nur weil er das schwierigere Startprogramm hatte, und zum Zeitpunkt des Abbruchs schlechter da stand? Wir wissen doch gar nicht, ob wir ab dem 1. September oder Oktober auf unserer sportlichen Ebene einen reibungslosen Spielbetrieb durchführen können. Vielleicht können wir sogar erst nächstes Jahr wieder spielen.

Wie sollte es ihrer Meinung nach also weitergehen?

Wir sind nicht die Bundesliga, wo es fast nur noch um das Geld geht. Darum wäre aus meiner Sicht die sportlichste Lösung, die angebrochene Saison zu Ende zu spielen. Dann kann sich jeder sportlich beweisen und die Saison 2020/2021 fällt eben gänzlich weg. Aber wir hätten dann keine Mannschaft verprellt, die die Chance auf einen Aufstieg hätte. Aber das ist natürlich nur meine Meinung. Letztendlich müssen wir uns danach richten, was im FSA passiert. Wenn dort abgebrochen wird, können wir natürlich nicht weiterspielen, oder umgekehrt. Und wenn das liebe Geld bei den Profis nicht wäre, würde ich mit Blick auf die Winter-WM 2022 die nächsten beiden Spielserien sogar auf einen Kalenderjahr-Rhythmus umstellen. Im jetzigen Herbst den Rest der Saison ausspielen und dann jeweils von Januar bis Dezember 2021 und 2022 spielen. Danach kann man wieder umstellen. Von 1950 bis Anfang der 1960iger Jahre wurde das in der DDR schon einmal praktiziert. Ich weiß aber auch, dass das nicht realistisch ist, weil dann den Profis ein halbes Jahr TV-Gelder fehlen würde.

Egal welches Szenario im Endeffekt entsteht: Welche Probleme hat der KFV vor der Brust? Was muss erledigt werden?

Ich sehe eigentlich für den KFV keine Probleme. Wir warten auf die Entscheidung des FSA. Wenn wir gefragt werden, werden wir die Mehrheit der Vereine vertreten. Hier möchte ich an die schon erwähnten Worte von Harald Kotial erinnern. Ich freue mich jedenfalls schon auf die Zeit, wenn wir wieder spielen können und bin mir sicher, dass wir die Probleme, wenn es sie denn gibt, gemeinsam lösen werden. Wenn es ein Problem im KFV geben sollte, dann dieses: Wann holen wir die geplanten Wahlen vom 3. April nach? Abschließend möchte ich meinen Dank an die Vereine richten, die uns im KFV-Vorstand um unsere anstehenden Entscheidungen sicher nicht beneiden und viel Verständnis für unsere jetzige Situation zeigen.