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Fußball Wer wird sich denn zerfleischen?

Marcus Bolze wechselt vom SV Förderstedt nach Staßfurt. Trotzdem treibt der SVF die Planungen für die neue Saison mit gutem Gefühl voran.

Von Enrico Joo 27.04.2017, 23:01

Förderstedt l Kurz und knackig war die interne Ansprache von Marcus Bolze vor seinen Teamkollegen. Der Stürmer vom SV Förderstedt hatte den Verein vergangene Woche davon in Kenntnis gesetzt, dass er den SVF verlassen wird. Die Gerüchte hielten sich ja schon seit dem Sommer 2016, dass er sich umorientieren möchte. Damals konnte Förderstedt den 28-Jährigen aber noch zum Bleiben überreden.

Nun geht er. Und zwar zum SV 09 Staßfurt. Das bezeugte auch Jens Liensdorf, der Trainer der Bodestädter. „Ja, wir können das bestätigen, dass er ab dem 1. Juli bei uns sein wird“, sagt er. Er stellt aber auch ganz deutlich klar: „Wir haben das nicht hinter dem Rücken gemacht. Förderstedt war immer im Bilde. Und über seine Qualität brauchen wir nicht reden. Er wird eine Bereicherung für uns sein“, sagt Liensdorf. Für welche Liga auch immer. Sehr wahrscheinlich für die Landesliga.

Für Förderstedt ist der Weggang natürlich tragisch. Bolze ist mit seinen sieben Treffern nicht nur ein Garant für Tore beim stark abstiegsbedrohten Klub. Er ist, oder besser gesagt, war der Leitwolf, die Führungsfigur, der Kapitän. Er war eine Identifikationsfigur im Förderstedter Fußball. „Wir müssen aufpassen, dass die uns nicht wegbrechen“, sagt SVF-Coach Enrico Tietzel. Aber gut ist: Im Großen und Ganzen könnte das Gerüst beim SV Förderstedt weiter auf stabilen Beinen stehen. Denn Marco Janich, Christian Conrad und Philipp Früchtel, jene Spieler also, die am längsten beim SVF spielen, haben positive Signale ausgesendet. Sie wollen bleiben. Auch, wenn es in die Landesklasse geht. Der Coach sagt klipp und klar: „Ein Abstieg wäre kein Beinbruch.“

Natürlich: In Förderstedt haben längst die Planungen für die neue Saison begonnen. Für zwei Ligen. Sechs Punkte Rückstand hat der SVF in der Liga auf das rettende Ufer zu Medizin Uchtspringe. Dazu auch noch das schlechtere Torverhältnis. Vielleicht passiert ja ein Wunder. Vielleicht gewinnt Förderstedt morgen in Thale und verkürzt. Wer weiß? Hinter den Kulissen plant der Verein aber weiter. Auch für die Landesklasse. Wie die Stimmung gerade in der Mannschaft ist? „Du merkst, dass die Saison ausläuft“, so Tietzel. „Die Stimmung ist komisch. Du kannst noch, weißt aber nicht, ob du es schaffst. Und dieses Gefühl wird immer komischer.“ Tietzel bescheinigt seinem Team noch immer einen tollen Geist. „Wir sind eine eingeschworene Mannschaft.“ Aber es gibt Reibereien. Logisch. Wie sollen die auch ausbleiben in der Lage?

Vielleicht wäre ein Abstieg sogar eine Befreiung. „Eine Erleichterung“, wie es Tietzel nennt. Der Coach erinnert an Darmstadt 98 in der Bundesliga. Die Chancen für die „Lilien“ sind nur noch theoretischer Natur. Zuletzt gewann der SVD aber zweimal in Folge. Aber: „Die Suche nach Neuzugängen hat längst begonnen“, wie Tietzel betont. Manuel Gitschat, der im Winter aus Heyrothsberge kam, wird den Verein verlassen. Dazu soll der Kader aufgestockt werden. Ein Torhüter muss noch her. „Ich will 20 Mann im Kader. Sonst brauchen wir das doch gar nicht erst probieren“, so Tietzel. Auch in der Landesklasse nicht. Aber er hat Stricke gelegt, Kontakte geknüpft. „Die A-Jugend-Spieler in der Verbandsliga aus der Region haben meine Telefonnummer. Die sind herzlich willkommen.“

Dazu hat Tietzel Kontakte geknüpft zu Spielern aus der Kreisklasse und Kreisliga. Vielleicht kommt sogar Michal Zawada zurück? Der treffsichere Pole hatte den SVF im Winter in Richtung Askania Bernburg in der Oberliga verlassen. In Förderstedt stehen noch immer für ihn die Türen offen. Aber: Zawada stand zuletzt dreimal in der Startformation und traf zweimal. Je öfter er trifft, desto unwahrscheinlicher wird es, dass er zurückkommt.

Aber auch so soll es eine schlagkräftige Truppe für die neue Saison werden. „Wir haben uns intern zusammengesetzt und beide Optionen besprochen“, erklärt Tietzel. Landesliga also und Landesklasse. „Es ist doch so“, holt Tietzel aus und schmückt seine Sätze dann blumig galant aus. „Für uns ist es ein Ritt auf der heißen Herdplatte. Mit nacktem Po.“ Was er sagen will: Als einer der finanzschwächsten Vereine in der Landesliga wird es von Jahr zu Jahr schwerer für den SVF, sich diese Liga zu leisten. Schon im Sommer 2016 hatten sieben Spieler und der Trainer Jens Liensdorf den Verein verlassen. Vielleicht ist ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende. Klar ist aber auch: Das Gerücht, dass sich Förderstedt sogar bis in den Kreis zurückziehen könnte, ist hanebüchen. „Da ist nichts dran“, stellt Tietzel fest. „Das stimmt einfach nicht.“

Und vielleicht kann der SVF doch noch die Landesliga halten. Ein Sieg in Thale ist da fast schon Pflicht. Jenes Team, das vor anderthalb Wochen den Trainer Ingo Vandreike entlassen hatte und danach 0:5 gegen Schönebeck verlor. Es wird gemunkelt, dass die Spieler in Thale seit Wochen oder Monaten auf ihr Geld warten. Vielleicht ist das genau der richtige Gegner jetzt? „Wir müssen sehen, ob es qualitativ reicht“, sagt Tietzel. Devis Drici fehlt wegen der fünften Gelben Karte. Necirvan Isa wird geschont. Es ist schwer, wie immer. Aber in Förderstedt hat die fehlende Aussicht auf Erfolg die Verantwortlichen ja noch nie davon abgehalten, immer weiter zu machen. Das ist Förderstedter DNA. Immer an sich glauben. Kämpfen. Solange bis es wirklich nicht mehr weiter geht.