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Handball Plötzlich ein Luxusproblem

Der HV Rot-Weiss Staßfurt empfängt den HC Glauchau/Meerane. Auf Rechtsaußen hat Trainer Uwe Werkmeister mittlerweile die Qual der Wahl.

Von Enrico Joo 16.12.2016, 23:01

Staßfurt l Die kleinen Frotzeleinen in den Übungseinheiten müssen einfach sein. Und der Spaß danach bringt beide nach vorn. Niclas Kaiser und Marian Spadt duellieren sich öfter im Training. Die beiden Spieler vom Handball-Oberligisten HV Rot-Weiss Staßfurt spielen ja beide auf rechtsaußen. Und sind also in gewisserweise direkte Konkurrenten. Auch bei den Positionswürfen, die unter der Woche geübt werden. So sieben bis acht müssen Kaiser und Spadt da in der Regel auf das Tor bringen. Und der Verlierer im Duell der beiden Linkshänder muss dem anderen nach dem Spiel das Feierabendbier öffnen. „Das ist ein kleiner Wettkampf, der Spaß macht“, erzählt Kaiser lachend.

Das kleine Kräftemessen im Jux zeigt zwei Dinge. Zum einen offenbart es den offensichtlichen Ehrgeiz, den beide haben. Sowohl Kaiser als auch Spadt wollen in die Anfangssieben. Verständlich. Zum anderen beweist es aber auch das kollegiale Verhältnis. Trotz der Konkurrenzsituation.

Am Sonnabend im Heimspiel gegen den HC Glauchau/Meerane ab 18 Uhr hat Uwe Werkmeister mehr denn je die Qual der Wahl. Der Trainer hat plötzlich ein Luxusproblem. Denn prima in Form sind beide. Vergangene Woche beim Sieg gegen Zwickau, als Kaiser krank im Bett lag, kam für Spadt die Gunst der Stunde. Der 23-Jährige warf vier Tore: Saison-Bestwert. Gerade in der engen Phase in Hälfte zwei glänzte Spadt mit wichtigen Treffern. Der Student der Medizintechnik an der Uni Magdeburg ist vielleicht so wertvoll wie nie zuvor nach einer langen Leidenszeit.

Im August 2015 hatte Spadt, er hatte sich gerade in ersten Mannschaft in der Oberliga festgebissen, sich das Kreuzband gerissen und fiel neun Monate aus. „So ein Scheiß“, sagt Spadt in der Nachbetrachtung. Erst jetzt im Sommer trainierte er wieder voll mit. „Ich habe lange gebraucht, um wieder in den Rhythmus zu kommen“, gibt er zu.

Aber die Chance, als Kaiser sich vor einer Woche krank abgemeldet hatte, nutzte er bravourös. „Als ich erfahren habe, dass ich viel Spielzeit bekommen werde, ging mir schon etwas die Pumpe. Das war das Spiel, in dem ich es allen zeigen konnte“, sagt Spadt. Es war das erste Spiel nach der langen Verletzungspause mit soviel Einsatzzeit. „Der Trainer hat nach dem Spiel zu mir gesagt, dass ich mich reingehängt und gezeigt habe, dass ich es draufhabe.“ Vielleicht macht Spadt also Kaiser heute den Platz in der Anfangssieben streitig? „Für Niclas ist das auch ein neuer Anreiz zu sehen, dass sein Platz nicht so sicher ist.“

Dabei war Kaiser vor seiner Krankheit selbst prächtig in Form. Bei dem 20-Jährigen, der im Sommer von der abgestiegenen TSG Calbe an die Bode wechselte, läuft es auch immer besser. Seine Torausbeute in den fünf Spielen vor dem Sieg gegen Zwickau: 5, 5, 0, 6, 4. Kaiser wäre aber ein schlechter Handballer, wenn er seine eigene Leistung nur an den Toren messen würde. Er gibt aber zu, dass es zu Beginn der Saison Probleme gab. Nicht nur für ihn, sondern in der gesamten Mannschaft. „Ein bis zwei neue Spieler kann man problemlos integrieren“, sagt Kaiser. „Aber nicht sechs. Das war eine ganz schöne Umstellung.“ Nicht nur spielerisch. Mit dem Rumänen Cosmin Tiganasu, der meist auf halbrechts neben Kaiser aufläuft, gab es schlicht eine Sprachbarriere. „Man musste da vor den Spielen viel absprechen, weil man im Spiel nicht mal schnell etwas zurufen konnte“, erklärt Kaiser. Nun läuft das viel besser. Tiganasu und Kaiser sind jetzt eingespielt.

Kaiser profitiert zudem von einer veränderten Spielweise. Gerade zu Beginn der Saison war das Spiel der Staßfurter recht rückraum- und kreislastig. „Wir wollten dann mehr über außen spielen“, erzählt Kaiser. Und seitdem kommt der 20-Jährige auch zu seinen Toren. Mit seinen 38 Treffern ist der Jungspund drittbester Werfer in den Staßfurter Reihen bisher (siehe Infokasten „Staßfurts Beste“).

Auch, weil der Trainer nie das Vertrauen zu Kaiser verlor. „Uwe hat mir immer ein gutes Gefühl gegeben und mir Mut gemacht. Er redet sehr viel. Und er lobt auch, wenn mal ein Ball verworfen wird.“ Dann nämlich, wenn die Aktion an sich gut herausgespielt war und nur der Abschluss unglücklich blieb. „Ich mach mir da schon Gedanken. Ich überlege dann zum Beispiel, wie ich länger ausspringen kann.“

Und auch Marian Spadt kann ihm Tipps geben. „Wir haben ein sehr freundschaftliches Verhältnis“, erzählt Spadt. „Er gönnt es mir, dass ich am Wochenende so viel Spielzeit hatte.“ So ist es auch umgekehrt. Spadt kann dann auch akzeptieren, wenn er auf der Bank sitzt und der bessere auf der Platte sein Können zeigt. „Niclas bekommt meine volle Unterstützung, klar. Aber auch ich will spielen.“ Auch klar.

Es ist genau der positive interne Wettkampfstress, den Staßfurt braucht, damit es mit dem zweiten Heimsieg in Folge etwas wird. Möglich ist das gegen Glauchau.