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Fußball Keine Ehrung für Empor Tangermünde

Die damalige A-Jugend von Empor Tangermünde bezwingt den 1. FC Magdeburg im Finale.

Von Frank Kowar 03.06.2020, 01:01

Tangermünde l Sachen gibt es, die gibt es eigentlich gar nicht. Im Rückblick auf vergangene Sportjahre geht es um die Ignoranz einiger Funktionäre in der ehemaligen DDR. Wir schreiben das Jahr 1972, das Jahr der Fußball-Europameisterschaft. Deutschland siegt vor 52000 Zuschauern im Brüsseler Heysel-Stadion gegen die Sowjetunion 3:0 durch Tore von Müller (2) und Wimmer. Durch diesen Finalerfolg holte das deutsche Team den EM-Titel.

Für die A-Jugendmannschaft von Empor Tangermünde (so hieß der Verein zu DDR-Zeiten) war der 27. April 1972 der wohl wichtigste Tag.

Im Waldstadion Haldensleben wird das Endspiel um den „Junge-Welt-Bezirkspokal“ zwischen Tangermünde und den 1. FC Magdeburg angepfiffen.

Alles, was Rang und Namen hatte, war aus der Bezirksstadt angereist: Politische Funktionäre sowie Verantwortliche des 1. FC Magdeburg. Pokalansetzer Heinz Körner war ebenfalls vor Ort.

Sie hatten jede Menge Gepäck dabei: Urkunden, Plaketten mit Schleifbändern und weitere diverse Sachen für die Siegerehrung.

Alles war schon fertig graviert und beschriftet mit dem Namen des künftigen Pokalsiegers 1. FC Magdeburg.

Keiner der Funktionäre hatte der Tangermünder Empor-Jugend auch nur eine minimale Chance eingeräumt. Aber wie so oft im Leben kommt es unverhofft und anders als man denkt.

Obwohl die Magdeburger Elf das Spiel erwartet überlegen gestaltete, gewann Tangermünde, der krasse Außenseiter, das A-Jugendfinale 2:0. Erwin Kessler schoss bereits in der zweiten Minute das Tor zur 1:0-Führung für die Altmärker. Frank Stolze zementierte den Pokalsieg durch seinen Treffer zwei Minuten vor Schluss.

Die Funktionäre und die Verantwortlichen des 1. FCM waren geschockt. Die anschließende Siegerehrung war eine reinste Blamage für die Funktionäre, die bereits alle Pokale und Urkunden für den 1. FC Magdeburg ausgestellt hatten. Die Jugend aus Tangermünde ging leer aus. So bekam jeder Spieler nur einen Kugelschreiber und einen Schreibblock. Mit gesenkten Köpfen verließen die FCM-Verantwortlichen und -Spieler das Stadion.

Auch der Schiedsrichter Herbert Jira aus Eikendorf sowie die Linienrichter Bodo Lenz und Detlef Schmidt (beide aus Magdeburg) fühlten sich nicht wohl in ihrer Haut.

Das Wunschdenken der Magdeburger und das Ergebnis, die Realität, passten nicht zusammen.

Die Situation am Ende des Bezirkspokalendspiels hätte peinlicher nicht sein können. Das Schlimmste, besonders für die jungen Tangermünder, war die Ignoranz der Verantwortlichen. Es gab keine nachträgliche Siegerehrung für den Junge-Welt-Pokalsieger aus der Altmark.

Erst nach der politischen Wende wurde auf Initiative von Günter Giemsch und Jürgen Classe Ehrenplaketten mit Schleifen bestellt. Sie wurden nach einer Partie der damaligen Pokalsieger gegen die Altherren-Mannschaft von Saxonia in einer vereinsinternen Siegerehrung überreicht.

Tangermünde spielte 1972 in folgender Aufstellung: Martin Klose (Torwart), Joachim Eckhoff, Rainer Beck, Ralf Müller, Heiko Spörer, Michael Lüthy, Peter Keßler, Lutz Liesecke, Peter Lemme, Frank Stolze und Erwin Kessler.

Als Ersatzspieler waren aufgeboten: Jürgen Classe (Torwart), Jürgen Bormann, Erhardt Ramsdorf und Rainer Voigt.

Zurück ins Jahr 1972: Die Tangermünder hatten in der Qualifikation unter anderem die Mannschaften aus Halberstadt, Wolmirstedt und Salzwedel aus dem Wettbewerb geworfen.

Die Partie gegen die Westaltmärker wurde erst in der Verlängerung entscheiden. Jürgen Classe hielt mit einer starken Leistung in der Verlängerung seinen Kasten sauber und Lutz Liesecke erzielte zwei Minuten vor Schluss den Siegtreffer zum 3:2.

Durch den Endspielsieg gegen den 1. FC Magdeburg waren die Tangermünder automatisch für den Pokalwettbewerb im DDR-Maßstab qualifiziert.

Sie überstanden sogar die erste Hauptrunde. Die Vertretung der TSG Wismar wurde mit 4:1 in der Verlängerung besiegt. Die Treffer schossen Frank Stolze, der doppelt traf, sowie Reinhard Beck und Erwin Kessler. Fels in der Brandung war erneut Keeper Jürgen Classe.

Das Aus kam erst im Achtelfinale des laufenden Wettbewerbs. Gegen den späteren Pokalsieger Empor Rostock unterlagen die Ostaltmärker trotz einer 2:0-Führung am Ende noch knapp noch 2:3. Die Tangermünder Treffer schoss beide Frank Stolze.