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Sportpolitik Projekt mit der Hochschule sehr hilfreich

Beim Wernige­röder SV Rot-Weiß, als mtgliederstärksten Sportverein des Harzkreises, ruht aktuell der Sportbetrieb.

Von Ingolf Geßler 21.12.2020, 03:00

Wernigerode l Im zweiten Teil des Interviews unterhielt sich Volksstimme-Redakteur Ingolf Geßler mit dem Präsidenten André Boks und Vereinskoordinator Mario Vordank über finanzielle Aspekte, Folgen der langen Wettkampfpause und neu angeschobene Projekte.

Die Corona-Pandemie geht auch an vielen Firmen nicht spurlos vorbei. Wie gestaltet sich die finanzielle Situation?

Mario Vordank: Hier und da haben wir natürlich in den Abteilungen und auch im Gesamtverein bei den Sponsoren ein paar Kürzungen. Aber es gibt in dieser Phase auch Branchen oder Firmen, die trotzdem bereit sind, Sponsorenverträge abzuschließen. Wir haben auch den einen oder anderen neuen Partner gewonnen. Das macht einen auch stolz, das trotz der Krise Potenziale da sind. Wir gucken natürlich auch: Wo können wir etwas machen? Wo gibt es Möglichkeiten? Sehr hilfreich ist dabei das Projekt mit der Hochschule Harz mit Professor Jens Cordes und seinen Studenten im Bereich Wirtschaftswissenschaften, die immer wieder Ideen spinnen.

Worum genau dreht es sich in diesem Projekt?

André Boks: Seit vielen Jahren ist es eine rege Partnerschaft, um den ohnehin schon ganz gut aufgestellten Verein noch ein bisschen weiterzuentwickeln. Alle wichtigen Faktoren werden unter die Lupe genommen. Es ist letztlich ein „Win-Win-Situation“. Professor Cordes hat eine gute Aufgabe für seine Studenten mit praxisnahen Bereichen. Die Erkenntnisse wiederum führen zu einer guten Ausleuchtung des Vereins von Außen und sind wirklich hilfreich.

Mario Vordank: Vor fünf Jahren wurde der Verein erstmals unter die Lupe genommen. Wir haben uns mit allen Abteilungen in der Trendsporthalle getroffen und in die Runde gefragt: Wo liegen Probleme? Was können wir für neue Ideen und Projekte aufnehmen? Eine Gruppe von fünf bis zehn Studenten ist jeweils verantwortlich, in einem Semester wird es theoretisch aufgearbeitet, im nächsten Semester mit dem Verein praktisch umgesetzt. Nachdem verschiedene Projektgruppen bereits eine Imagebefragung durchgeführt, ein Sponsoring-Konzept entwickelt und beim Eventmanagement unterstützt haben, steht bereits das nächste Projekt in den Startlöchern: Derzeit wird durch eine studentische Projektgruppe eine Crowdfunding-Aktion vorbereitet, die im Februar/März 2021 in die Praxis umgesetzt werden und Einnahmeverluste kompensieren soll.

André Boks: Die Ergebnisse der Projekte waren zum Teil sehr interessant. Ich kenne ja von den 1500 Mitgliedern nicht jeden einzelnen und nicht jede einzelne Sportgruppe. Aus einer Gymnastikgruppe kam zum Beispiel der Hinweis: „Sie finden das im Verein alles prima, aber der André könnte sich mal bei ihnen sehen lassen.“ Also einfach nur der Wunsch, beachtet zu werden. Ich fand dies schon wirklich hilfreich, da wäre ich sonst nie drauf gekommen. Bei der großen Bandbreite im Verein müssen wir uns natürlich fokussieren. Zum einen auf Kinder und Jugendliche, zum anderen darauf eine Balance zu finden. Da sind zum einen die ambitionierten Abteilungen wie Unihockey oder auch Boxen, aber wir wollen auch ausdrücklich eine Begegnungsstätte sein für Freizeitsportler und ältere Leute, die hier ihren Anlaufpunkt haben. Da ist es schon schwer, alles im Blick zu haben und da war es gut, dass die Hochschule dies mal widergespiegelt hat.

Durch COVID 19 ruhte für lange Zeit der Sportbetrieb. Gab es Abteilungen, die sich individuell fit gehalten haben?

André Boks: Ich fand es gut in dieser ganzen Krisensituation, dass es in vielen Abteilungen einen Austausch mit den Trainern gab. Dem einen musste etwas Mut gemacht werden, dem anderen musste gesagt werden, was er Zuhause zu trainieren hat. Der Kontakt bleibt weiter bestehen und dafür bin ich den Übungsleitern, die dies aus eigenem Antrieb machen, sehr dankbar.

Mario Vordank: Viele haben Online-Training gemacht, ob beim Schach oder Karate. Im ersten Lockdown waren die Sportler noch etwas motivierter, vielleicht auch weil es etwas Neues war. Außerdem war es im Frühling eine andere Situation. Im Moment habe ich das Gefühl es hält eine gewisse „Lockdown-Müdigkeit“ Einzug. Da ist es auch unsere Aufgabe, die Trainingsbereitschaft wieder anzuschieben. Dazu gehört auch für uns in der Geschäftsstelle, bei den Abteilungsleitern nachzufragen, um den Stein wieder ins Rollen zu bringen.

André Boks: Dazu scheinen viele auch die Aussicht zu verlieren, dass die Saison noch fortgeführt wird. Das bringt auch eine destruktive Stimmung. Trotzdem ist es wichtig, auch in diesen Zeiten in der Gemeinschaft zu bleiben und als Verein für die Mitglieder da zu sein.

Mario Vordank: Das Feedback bekommen wir ja auch. Wenn eine neue Verordnung kommt, klingelt bei uns in der Geschäftsstelle am nächsten Tag das Telefon. Viele Abteilungen fragen, was möglich ist und wir versuchen mit Stadt und Landkreis etwas zu koordinieren. Diese Schnittstelle zwischen Verein und Mitgliedern ist schon wichtig.

Der Geschäftsstelle kommt also gerade in der Phase eine große Bedeutung zu?

André Boks: Gerade in dieser Zeit benötigt es ein großes Know How, daher bin ich froh, dass die Geschäftsstelle mit guten Leuten besetzt ist. Wenn die Abteilungsleiter oder Mitglieder ihre Anliegen vortragen, benötigen sie Ansprechpartner, die den Überblick über das große Ganze haben, die vernetzt sind mit Stadt und Landkreis. Durch die langfristige Verbindung können im Handumdrehen Lösungen präsentiert werden, anderenfalls würde man die Abteilungsleiter und Übungsleiter im Regen stehen lassen. Die Geschäfdtsstelle mit Mario Vordank und Mandy Klapproth zu besetzen, war ein extrem wichtiger Schachzug. Bis dahin hatten wir immer wechselnde Besetzungen in der Geschäftsstelle, zum Schluss hatte ich versucht, ganz viel selbst zu erledigen. Das war ja irre! Da hatte ich am Tag mehr als 20 Mails aus dem Verein, und das war im normalen Vereinsbetrieb, ohne Corona.

Gab es durch die Absage von Veranstaltungen finanzielle Einbußen? Und hat der Verein auch Förderprogramme in Anspruch genommen?

Mario Vordank: Lotto Toto hatte in der ersten Lockdown-Phase ein Hilfsprogramm, das wir im Hinblick auf die im April abgesagte Boxgala in Anspruch genommen haben.

André Boks: Wir haben ansonsten ganz bewusst darauf verzichtet, irgendwelche Hilfen in Anspruch zu nehmen. Nur wenn wir konkrete Ausfälle hatten, wie bei der Boxgala oder bei den Unihockey-Heimspielen, bei denen Catering-Einnahmen akquiriert werden, die im Haushalt auch eingeplant waren, dann haben wir auch finanzielle Hilfe beantragt. Laufende Kosten wie die Trendsporthalle und Ringerhalle sind im Moment schon ein Kraftakt. Aber solange wir als Verein unsere Mitgliedsbeiträge weiter erheben können und auch bei den Sponsoringeinnahmen keine deutlichen Einschränkungen durch Corona haben, ist es nicht ganz anständig, diese Hilfen genauso geltend machen wie etwa Gastronomen oder andere, bei denen es um die Existenz geht.

Wie das aussieht, wenn es noch ein Jahr so weiter geht, müssen wir abwägen. Bestes Beispiel ist hier wieder die Unihockey-Abteilung, die mit großem Engagement einen Budenzauber zu den Heimspiel-Wochenenden veranstaltet. Durch die Einschränkungen bei den bisherigen Spielen mit reduzierten Zuschauereinnahmen und ohne Catering fehlen eingeplante Gelder. Im Gegenzug entstehen durch Schiedsrichter oder DRK dennoch hohe Kosten. Dazu kommt, dass leistungsorientierte Sportarten auch Geld kosten, um ambitionierte Mannschaften vom Nachwuchs bis zu den Erwachsenen vorzuhalten. So haben wir einen Bus angeschafft, um die weiten Auswärtsfahrten abzusichern. In solchen Fällen werden wir überlegen müssen, ob wir dies das ganze Jahr durchhalten.

Mario Vordank: Den Kleinbus konnten wir trotz des gerade verlängerten Leasings dank der guten Kontakte zum Autohaus Wernigerode erstmal wieder abgeben. Solche Dinge sind im Moment nicht möglich, weil keiner weiß, wie es weiter geht.

Drohen durch die lange Pause gerade im Nachwuchsbereich viele Kinder dem Sport verloren zu gehen?

André Boks: Man hat schon etwas Sorge. Wenn der Sport im Verein über einen längeren Zeitraum nicht möglich ist könnte das eintreffen, was jetzt schon in der Kultur der Fall ist. Dass sich die Leute im Grunde schon wieder abwenden, weil das Angebot nicht vorhanden ist. Ich sehe die Gefahr, dass es im Sport ähnlich wird. Das Kinder und Jugendliche sich daran gewöhnen, den Nachmittag zu „daddeln“ und Eltern es nicht mehr schaffen, sie zum Sport zu motivieren. Viele reflektieren dann nicht, dass ihnen etwas fehlt. Vor allem wenn dann keiner da ist, der ihnen deutlich macht, woran das liegt, weshalb es ihnen nicht so gut geht. Dass du deine Leute nicht mehr triffst, dich nicht mehr anstrengst und mal ein bisschen schwitzt, was ja ein Stück weit auch glücksbringend ist. Ich hoffe sehr, dass wir da nicht zu viel Aderlass haben, weil es, trotz der für mich alternativlosen Pause, jetzt schon sehr, sehr lange dauert.

Mario Vordank: Je länger diese Lockdown-Phase dauert, desto schwieriger wird es für alle. Wir haben auch Eltern, die sagen „Ich lasse mein Kind erstmal noch im Verein. Aber mal sehen, wenn es wieder los geht, ob es dann überhaupt noch mitmachen will.“ Die wahren Zahlen werden sich im erst im Frühjahr oder Sommer zeigen.

Der Lockdown ist alternativlos, seht Ihr das bei den vorgegebenen Einschränkungen im Trainingsbetrieb im Nachwuchsbereich ebenso?

André Boks: Gerade beim Sport im Freien, sehe ich etwas anders. Ich verstehe nicht, warum da nicht in Kleingruppen trainiert werden konnte. Dann müssen im Zweifelsfall die Gruppen etwas getrennt oder die Trainingszeiten halbiert werden, aber solange es die Vereine organisatorisch hinbekommen. So können sich die Kinder zumindest etwas austoben.

Mario Vordank: Es ist ja auch eine Gesundheitsgefährdung, die da entsteht. Es gab Kinder, die sind nach dem ersten Lockdown mit zehn Kilogramm mehr auf den Rippen wieder gekommen. Da kann man nicht gleich wieder mit 100 Prozent anfangen, die Kinder und Jugendlichen müssen mit Grundlagen wieder auf den Wettkampfbetrieb vorbereitet werden.

André Boks: In diesen Fällen müssen wir aufpassen, dass man dran bleibt. So wie die Dinge liegen sehe ich nicht, dass in dieser Saison noch ein regulärer Spiel- und Wettkampfbetrieb einsetzt.

Mario Vordank: Und wie im Frühjahr nach dem ersten Lockdown, wird es erst wieder langsam losgehen, mit Kleingruppen im Freien. Ehe es in die Hallen geht vergehen vier Wochen. Vor dem Einstieg in den Wettkampfbetrieb muss eine komplette Vorbereitung gemacht werden, die Leute sind ja auch verletzungsanfällig, die Kondition lässt nach und die Muskulatur baut sich ab.

André Boks: Spielbetrieb ist das Salz in der Suppe, aber in diesen Zeiten aus meiner Sicht nicht das entscheidende. Es muss wenigstens eine Aussicht im Sinne von Sportbegegnung geben, damit die Kinder und Jugendlichen dem Verein nicht abhanden kommen.

Das Floorball-Bundesligateam der Herren ist auch mit internationalen Spielern gespickt. Wie wirkt sich hier die Corona-Pandemie auf die Saisonplanung aus?

Mario Vordank: Vojta Krupička ist ja schon sieben Jahre bei uns, hat einen Vollzeitjob und ist sozuagen schon Wernige­röder. Antti Koistinen aus Finnland hat neben einem Teilzeitjob die Damen-Mannschaft trainiert und auch bei den Herren Verantwortung übernommen. Er ist mit dem ersten Lockdown in seine Heimat geflogen und wollte eigentlich im November zurückkehren, der Rückflug musste nach der Verlängerung des Lockdowns auf den Januar umgebucht werden. Die Corona-Pandemie hat sich aber schon im Februar und März auf die Planung der Saison ausgewirkt. Ausländische Spieler, mit denen wir in Kontakt waren, haben aufgrund der aktuellen Saison abgesagt. Auch die Eltern wollten da nicht, dass ihr Kind aus Finnland oder Schweden in der aktuellen Situation ins Ausland geht.

Für die kommende Saison laufen bereits erste Gespräche mit Spielern, aber auch mit mehreren ausländischen Trainern. Ziel ist es, dass Trainerteam des Bundesliga-Herren personell zu erweitern und hier neuen spielerischen und taktischen Input einfließen zu lassen, um jeden einzelnen Spieler und damit die gesamte Mannschaft weiterzuentwickeln und kurzfristig wieder in die vorderen Regionen der höchsten deutschen Spielklasse vorzustoßen. Außerdem läuft über die Hochschule Harz ein Kooperationsprojekt mit den Partnerhochschulen, um speziell für die Abteilung Floorball geeignete Studenten und damit Spieler*innen für den Floorball- und Studienstandort Wernigerode zu begeistern.

Wurde die Pause im Trainings- und Wettspielbetieb genutzt, um andere Projekte anzuschieben?

Mario Vordank: Der aktuelle Lockdown und die damit zur Verfügung stehende Zeit bietet auch Chancen, man muss sie nur nutzen und die Dinge anpacken. Zum einen haben wir mit Unterstützung eines Studenten der Hochschule Harz, der auch Vereinsmitglied ist, im November die Webseite des Vereins grafisch und inhaltlich überarbeitet. Wir wollen uns bereits in dieser Phase für die Zeit nach dem Lockdown und nach der Corona-Pandemie rüsten, wo wir mittelfristig die Marke von 1600 Mitgliedern ins Visier haben.

Neben diesen Projekten laufen auch die Bemühungen im Sponsoring auf Hochtouren. Neben der ascopharm GmbH konnte mit der in Derenburg ansässigen Firma Stark Soul GmbH ein neuer Sponsor und Business-Partner für den Verein begeistert werden. Gemeinsam wird mit der Bekleidungsmarke für den WSV Rot-Weiß und die Red Devils ein Fan- und Merchandising-Sortiment aufgelegt, was in der aktuellen Phase der Corona-Pandemie und darüber hinaus zusätzliche finanzielle Mittel in die Vereinskasse spülen soll. Näheres hierzu wird in Kürze bekannt gegeben.