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Fußball Den FSV auf der Brust, den FCM im Herzen

Einmal Blau-Weiß, immer Blau-Weiß! Für Marwin Potyka ist das mehr als nur ein Schlachtruf, es ist ein Lebensmotto.

Von Stefanie Brandt 22.04.2016, 19:08

Magdeburg/ Barleben l Seit seiner Kindheit ist der 23-Jährige ein echter Fan des 1. FC Magdeburg. Am 27. April 2016 muss er im Halbfinale des Landespokals mit dem FSV Barleben ausgerechnet gegen seinen Lieblingsverein antreten. Kann man da überhaupt die volle Leistung erwarten? Die Volksstimme versuchte einmal in „Pottys“ Kopf zu schauen.

Einen Gesprächstermin mit dem FSV-Kapitän zu finden, ist gar nicht so einfach, denn vier Mal pro Woche ist nach der Arbeit Training angesagt und Potyka ist fast immer da. „Bevor ich nach Hause fahre, fahre ich doch lieber nach Barleben und spiele mit den Kumpels“, erklärt der Magdeburger und zeigt damit gleich, welchen Stellenwert der Fußball in seinem Leben hat.

Als er endlich zum Interview am Tisch sitzt, darf er nicht mal ein Stück Kuchen essen – der Trainer hat es verboten! Trotzdem ist Pottys Laune blendend, er hat wie immer ein Lachen im Gesicht. Diesen Typen muss man einfach sympathisch finden – wenn man nicht gerade Fan des Halleschen FC ist.

Das bestätigt auch Mario Middendorf, wenn man ihn nach seinem Kapitän fragt: „Marwin ist ein positiver Mensch, der nie aufgibt und immer versucht, seine Mannschaftskollegen nach vorn zu treiben. Selber geht er auch stets voran und ist mit seiner Art jemand, dem man gern folgt – auf und abseits des Platzes!“ Neben den mentalen Stärken lobt der Coach auch die fußballerischen Qualitäten: „Dazu gehören zweifelsohne sein linker Fuß, seine Spielübersicht und -eröffnung. Auch seine Ruhe und Abgeklärtheit, sowie seine Standardsituationen. Schwächen sind, bisweilen, seine Schnelligkeit und sein rechter Fuß.“

Dank dieser vielen positiven Eigenschaften ist die Nummer 7 des FSV auch schon mit 23 Jahren eine absolute Führungspersönlichkeit beim Oberligisten, verwaltet die Mannschaftskasse und trägt die Binde am Arm. Eine Aufgabe, die für ihn ganz normal ist. „Nach dem Absprung von René Heckeroth blieben beim FSV Peter Otte oder ich zur Auswahl und wir haben uns perspektivisch für die jüngere Variante entschieden. Ich war ja fast in jedem Jahrgang Kapitän, auch bei der A-Jugend in der Bundesliga und in der U23 des FCM“, blickt er zurück.

Angefangen hat die fußballerische Laufbahn des Sohnes von Sven Potyka – selbst noch zu den besten Zeiten beim TSV Völpke aktiv – allerdings nicht beim 1. FC Magdeburg, sondern im zarten Alter von vier Jahren beim TuS Magdeburg-Neustadt. Als er dort später nicht im älteren Jahrgang spielen darf, wechselt er für ein Jahr zum MSV Börde.

„Das war das Sprungbrett für mich. Landestrainer Hartmut Müller kam dann und hat gefragt, ob ich den Aufnahmetest für die Sportschule machen will und im gleichen Zuge zum FCM wechseln. Ab der 5. Klasse habe ich dort gespielt“, berichtet Potyka, der damit Teil der „goldenen 92er Generation“ der Blau-Weißen wurde.

„Es war eine unvergessliche Zeit! Wir treffen uns immer noch regelmäßig. Zu meinem Geburtstag habe ich wieder alle Spieler eingeladen. Der ganze Club sagt, so einen Jahrgang hat es vom Zusammenhalt her noch nie gegeben“, schwärmt der Mittelfeldspieler, dessen Teamgefährten damals unter anderem Matthias Buszkowiak, Jonas Schmidt, Rico Balzer, Thoralf Gennermann und Tom Freisleben waren.

Zusammen feierten sie zahlreiche sportliche Erfolge, darunter den Aufstieg in die Bundesliga mit der A-Jugend. „Außerdem haben wir mit der C-Jugend den 91er-Jahrgang aus dem Pokal gehauen“, berichtet Potyka mit einem breiten Grinsen, denn in den Reihen des Gegners spielten damals die heutigen Teamgefährten Löw, Kalkutschke und Schönberg, Trainer war Mario Middendorf. „Das ist heute noch öfter ein Thema in der Kabine!“

Eine Kabine, in der so viele einstige FCM-Nachwuchstalente sitzen. Warum hat es bei Potty nicht für den Sprung in die Erste gereicht? „Ich habe ab und zu mittrainiert, mich dann aber für eine Lehre entschieden. Damit waren Trainingseinheiten am Vormittag nicht mehr möglich und das Thema erledigt. Jetzt stehe ich eben in der Kurve. Das ist genauso geil. Ich habe noch nie gedacht: Da unten auf dem Platz könnte ich auch stehen. Dafür bin ich nicht der Typ. Ich bereue das nicht. Wenn man realistisch ist, dann wäre es sowieso eng für mich geworden.“ So landete er stattdessen in der U23. „Es war eine schöne Zeit, das sportliche Niveau wie in der Jugend. Aber du merkst eben immer, als Zweite bist du das fünfte Rad am Wagen.“

Anders ist das nun in Barleben: „Weil ich meine Ausbildung zum Automobilkaufmann bei Ingolf Nitschke gemacht habe, zeichnete sich der Wechsel zum FSV schon ab. Als Mario Middendorf dann auch herkam, mussten wir schmunzeln, schließlich hatten wir alle eine gute Zeit beim Club. Wir sind hier kein klassischer Dorfverein, wo eine Stunde trainiert und dann Bier getrunken wird. Es ist schon professioneller. Und ich finde, das Ansehen ist sogar größer, als als U23-Spieler beim FCM. Jetzt hat man ein richtiges Vereinsleben. Nach dem Spiel geht man hoch, wird gefeiert. Ich brauche das: die Geselligkeit, was essen, trinken, mit Fans und Sponsoren quatschen.“

Das Vereinsleben beim FCM spielte sich für Potyka damals wie heute vor allem in der Fankurve, Block U, ab. Schon als kleiner Junge ging er mit Vater und Opa zu den Spielen. Der Dauerkarten-Inhaber besucht, sofern es die eigenen Trainings- und Spielzeiten zulassen, jedes Heim- und Auswärtsspiel der Härtel-Elf. Mit einigen FCM-Spielern ist er befreundet, man kennt sich aus der Jugend, fährt zusammen in den Skiurlaub.

Kein Wunder, dass das Pokal-Halbfinale am Mittwoch für Potty ein ganz besonderes Spiel wird: „Nach der Auslosung brauchte ich erstmal eine halbe Stunde, um alle Nachrichten zu beantworten. Mein Kumpel Nils Butzen hat gleich geschrieben: `Schnall dich an!´ Ich bin mir aber sicher, dass die FCM-Spieler das Spiel ernstnehmen werden.“

Doch mit welchen Gefühlen geht der FCM-Fan und FSV-Kicker selbst in diese Begegnung? „Klar, vorher sagt man als Fan, dass man kein Tor gegen den FCM schießen wird. Aber ich denke, wenn angepfiffen wird, dann bin ich doch Sportler. Da spielt das dann keine Rolle mehr. Dass ich bei einem Tor jubeln würde, kann ich mir aber wirklich nicht vorstellen!“

Was dagegen schon feststeht ist, dass nach der Partie Trikots getauscht werden. „Das haben Butzi und ich uns so ausgemacht.“ Und allerspätestens dabei wird Potty auch wieder lachen – egal wie das Spiel ausgeht, denn einer seiner Vereine gewinnt auf jeden Fall.

Sonntagsspiele: Das ist ein Nervthema in der Mannschaft. Wir wollen das eigentlich nicht. Aber für den Verein macht es natürlich keinen Sinn, samstags zu spielen, wenn der FCM auch spielt. Es ist schon ein Unterschied, ob 50 Zuschauer kommen, oder 150. Da muss man in den sauren Apfel beißen.

Die (eigentlich nicht Oberliga-tauglichen) Kabinen beim FSV Barleben: Ich kann meine Sachen dalassen, am Wochenende hängen von Peter saubere Trikots da. Ich bin da nicht so anspruchsvoll. Klar wäre eine Toilette schön, aber wir wissen, der Verein ist dran, schafft Stück für Stück Verbesserungen.

Niederlagen: Wenn man selbst verliert, kann man das besser einschätzen. Ich denke dann abends im Bett noch drüber nach, aber am nächsten Tag geht es ja schon mit dem Training weiter und man guckt nach vorn. Wenn der FCM verliert, bleibe ich zwar nicht im Bett liegen, aber bin schon den ganzen Tag fest.

Unliebsame Gegenspieler im Training: (lacht) Denis Neumann auf engem Raum ... da muss man viel mit Auge arbeiten. Er macht es nicht mit Absicht, aber er hat seinen Körper nicht so richtig unter Kontrolle. Das macht keinen Spaß.

Den Mitspieler, von dem er am meisten profitiert: Benni Karg. Wir spielen ja beide auf der Sechserposition, er läuft 15 Kilometer, ich die Hälfte – wir ergänzen uns perfekt. Er macht es defensiv überragend, wo ich nicht der Stärkste bin. Auch Lothi hält einem den Rücken gut frei. 

Störfaktoren auf dem Platz: Unordnung, oder wenn die Bälle sinnlos irgendwo hingehauen werden.

Das Pokal-Viertelfinale gegen Eintracht Salzwedel: Bei der Auswertung hab ich dem Trainer gesagt, ich hab einen steifen Hals, weil die Bälle nur von hinten nach vorn flogen. Es war schwierig auf dieser Wiese. Wir brauchten etwas Glück, aber das haben wir uns auch erarbeitet.

Die Zukunft des FSV Barleben: Spieler wie Heckeroth und Kühnast werden aufhören. Aber ich mache mir deshalb keine Gedanken. Es werden auch wieder Neue dazukommen. Die Jungen müssen dann in die Bresche springen. Es kann natürlich keiner erwarten, dass sie gleich die ganze Last tragen – das müssen auch Leute wie Piele, Kalkutschke, Otte machen und den Rest mitziehen.

Freizeit: Ich gucke viel Fußball, neben dem FCM dann im Fernsehen auch Bundesliga, Champions League, Euro League. Ansonsten mache ich auch gerne mal Städtereisen.