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Handball, WM Michael Haaß ist im DHB-Team das, was er auch beim SCM werden soll - eine Stütze Mit einem Hauch von Schönheit

Von Michael Wilkening 18.01.2013, 01:19

Deutschland steht bei der Handball-WM im Achtelfinale. Zum Vorrundenabschluss wartet heute Titelverteidiger Frankreich (18.15/ARD) zum Duell um den Gruppensieg. "Wenn man da mit Angst rangeht, geht man gnadenlos unter", sagt Michael Haaß. Der künftige SCM-Spielmacher ist eine der Stützen der DHB-Auswahl in Spanien.

Granollers l Michael Haaß schaute etwas ungläubig, fast schon irritiert, als er zum "Spieler des Tages" auserkoren wurde. Nach dem 29:21-Sieg über Montenegro, der die deutschen Handballer vorzeitig ins Achtelfinale der Weltmeisterschaft hievte, bekam der Mittelmann der Nationalmannschaft neben einem warmen Applaus des Publikums auch ein Präsent vom Turnier-Sponsor überreicht. Nichts Besonderes zwar, doch die Geste zählte für Haaß, dessen Spiel selten in den Fokus gerät.

Gegen die Montenegriner war der Auftritt des Göppingers, den es im Sommer zum Ligarivalen SC Magdeburg zieht, exemplarisch für das gesamte deutsche Team. Mit viel Hingabe und Leidenschaft warf sich der 29-Jährige in der Abwehr den gegnerischen Angreifern entgegen und bewies, dass er zu denen gehört, auf die Verlass ist, wenn es darauf ankommt. Die Arbeit in der Deckung gehört für Haaß nicht zu den Pflichtaufgaben, vielmehr versteht er es, dem Kampf gegen den Ball einen Hauch von Schönheit zu verleihen. Als einer der wenigen Spielmacher bei diesem Turnier deckt er im Innenblock und gibt der deutschen Mannschaft dadurch taktische Flexibilität. Das Tempospiel, dass Bundestrainer Martin Heuberger präferiert, ist auch deshalb durchsetzbar, weil der Mittelmann zwischen Abwehr und Angriff nicht gewechselt werden muss.

In der Offensive ist Haaß zwar nicht der Mann für die spektakulären Aktionen, viel mehr ein solider Arbeiter und rückt deshalb in den meisten Fällen nicht ins Rampenlicht. Überrascht war er deshalb von der Auszeichnung zum besten Spieler nach der Partie gegen Montenegro. Martin Heuberger indes nicht. ",Hassan\' hat gemeinsam mit Oliver Roggisch in der Abwehr ein tolles Spiel gemacht. Ich habe mich für ihn gefreut, dass er diesen Preis bekam", erklärte der Bundestrainer, für den Haaß ein Fixpunkt in den Planungen ist.

Seinen Stellenwert innerhalb der Mannschaft veränderte die Auszeichnung nicht. Sein Wort hat innerhalb des Kaders ohnehin Gewicht, weil Haaß es versteht, auch ohne Lautstärke durchzudringen. Mit Bedacht wählt er seine Worte, wirkt dabei reflektierend und überzeugt sein Gegenüber mit Sachlichkeit und Argumenten - so wie auf dem Spielfeld.

Seine beeindruckende Reife erlangte Haaß, weil er bereits in jungen Jahren die harten Seiten des Profisports kennenlernte. Nach schnellem Erfolg bei TuSEM Essen wechselte er früh zu den Rhein-Neckar Löwen, wo er als junger Spieler unter dem damaligen Coach Iouri Chevtsov kaum Spielanteile bekam, zeitweilig auf der Tribüne saß und zu stagnieren drohte. Der Sprung zu einem Spitzenteam kam zu früh. Erst ein Wechsel zum Kellerkind GWD Minden sorgte für die Wende und bei den Ostwestfalen reifte er zur Führungsfigur. "Wenn man gegen den Abstieg kämpft, und weiß, dass es dabei um Existenzen und Arbeitsplätze geht, bekommt man einen anderen Blick für den Sport", sagt Haaß. Jetzt helfen ihm diese Erfahrungen, die er auch nächste Saison beim SCM in die Waagschale werfen will.