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60 Bobfans leiden beim Bob-Brunch mit ihrem MSC-Anschieber Marko Hübenbecker Der letzte Gast heißt Zuversicht

60 Bobfans feuerten beim Brunch am Sonntag in Magdeburg vor allem Marko
Hübenbecker an. Und litten dann mit dem Anschieber des Mitteldeutschen
Sportclubs (MSC) mit: kein Gold, nicht mal eine Medaille, nur der
sechste Platz im großen Schlitten von Pilot Maximilian Arndt bei den
Winterspielen in Sotschi.

Von Daniel Hübner 24.02.2014, 02:34

Magdeburg l Die Gäste Nummer 61 und 62 hatte niemand eingeladen, sie müssen durch die Hintertür gekommen sein. Sie hörten auf die Namen Enttäuschung und Verzweiflung. Sie drängten sich allen anderen Fans und Vereinsmitgliedern des Mitteldeutschen Sportclubs (MSC) auf. Und keinem Besucher des Bob-Brunches am Sonntagvormittag in der Magdeburger "Unitheke" gelang es, den ungebetenen Gästen zu entkommen. Deshalb wurde aus einer geplanten Jubelfeier letztlich eine Trauersitzung.

Je später der Vormittag, desto größer wurde zudem das Mitleid mit dem MSC-Anschieber, für den alle in erster Linie gekommen waren. Ihr Marko Hübenbecker sollte bei den Winterspielen in Sotschi mit Maximilian Arndt ja einen Favoriten auf Gold auf Touren bringen - am Ende wurde es aber nur der sechste Platz. Nach zwei Läufen am Sonnabend lag der Vierer auf Bronzekurs, sogar mit Ambitionen auf das oberste Podest. Aber der dritte Durchgang erstickte dann jede Hoffnung auf eine Medaille im Keim.

Ein Raunen und ein Zischen gingen deshalb durch die "Unitheke". Experten kommentierten jeden kleinsten Zeitverlust - ob am Start oder in der Kurve fünf. Experten wie Wolfgang Hoppe, der Nachwuchsbundestrainer, der zweimalige Olympiasieger von Sarajevo 1984, der sechsmalige Weltmeister. Hoppe erklärte vor dem letzten Durchgang: "Wenn wir Glück haben, dann halten wir den fünften Platz", den Arndt zu diesem Zeitpunkt belegte. Insofern hat die deutsche Bobnation bei ihrem Debakel, zum ersten Mal in 50 Jahren keine Medaille bei Winterspielen gewonnen zu haben, am Sonntag zusätzliches Pech gehabt.

Als das Ergebnis nach der Goldfahrt von Alexander Subkow (Russland), seiner zweiten in Sotschi, besiegelt war, rückte der Held der MSC-Fans ins Fernsehbild. Wortlos allerdings blieb Marko Hübenbecker in den Minuten des ARD-Interviews mit Maximilian Arndt im Hintergrund stehen. Er winkte nur kurz, atmete schwer, beugte sich, verdrückte die Tränen der Enttäuschung. "Marko ist ein emotionaler Typ, nicht der kühle Norddeutsche", berichtete MSC-Präsident Thomas Schneider über den gebürtigen Anklamer. "Das wird ihn noch eine Weile beschäftigen." Zum Glück wartet auf den 1,98-Meter-Hünen ein großes Ereignis im März, wenn er und seine Aileen Eltern eines Sohnes werden. Das sollte ihm Auftrieb geben, meinte Schneider, der weitere tröstende Worte für den 27-Jährigen fand. "Als sich unser Verein vor fast drei Jahren gegründet hat, haben wir mit einer Olympia-Teilnahme nicht mal gerechnet. Jetzt hat es mit einer Medaille nicht geklappt, deshalb werden wir den Kopf nicht in den Sand stecken."

Das wird auch Norman Dannhauer nicht, der Coach des MSC. Mitte März ist Trainerratssitzung beim Bob- und Schlittenverband (BSD). Dann kommen alle selbstkritischen Analysen auf den Tisch, dann werden Entscheidungen über die Zukunft der Bobsportler getroffen. Zum Abschneiden in Sotschi sagte Dannhauer: "Die Enttäuschung ist natürlich groß, aber die Teams waren auch nicht perfekt vorbereitet." Das habe sich nicht zuletzt in den schlechten Startzeiten gezeigt, die sich intern untereinander vorgeworfen wurden. Querelen herrschten an allen Stellen des BSD bei diesen Spielen und vor allem um Bundestrainer Christoph Langen. Oder wie es Arndt im Interview sagte: Man könne niemanden "von der Schuld freisprechen". Ob das Marko Hübenbecker auch so sieht, ist allerdings fraglich: Bei den Anschubtests im Vorfeld lieferte er regelmäßig die besten Startzeiten, allein dafür ist er auf seiner Position verantwortlich.

Wolfgang Hoppe hat schon so viel erlebt, ihn konnte das Debakel von Sotschi irgendwie am wenigsten angreifen. Mit Blick auf seinen Nachwuchs sagte er: "Ich sehe nicht so pessimistisch in die Zukunft. Wir haben gute Chancen, bei den nächsten Winterspielen 2018 wieder ganz vorne zu sein."

Der letzte Gast des Brunches kam am Sonntag zwar sehr spät. Aber er hörte auf den schönsten Namen: Zuversicht.