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EM-Macher O'zapft is für Lahm - Grindel will Stopp der Personaldebatte

Der gediegenen Siegerparty in einem französischen Golf-Ressort folgt ein herzlicher Empfang in der DFB-Zentrale. Für Philipp Lahm beginnt nach einer kurzen Verschnaufphase die neue Aufgabe als EM-Chefplaner. DFB-Boss Reinhard Grindel hat andere Baustellen als das Heimturnier.

Von Arne Richter, Florian Lütticke und Eric Dobias, dpa 28.09.2018, 13:14
DFB-Präsident Reinhard Grindel (r) und EM-Botschafter Philipp Lahm holten die EM 2024 nach Deutschland. Foto: Soeren Stache
DFB-Präsident Reinhard Grindel (r) und EM-Botschafter Philipp Lahm holten die EM 2024 nach Deutschland. Foto: Soeren Stache dpa

Frankfurt/Main (dpa) - Mit einem Fass-Anstich wie beim Oktoberfest und einer Grillparty für die in schwarzen Sieger-T-Shirts gekleideten Mitarbeiter haben Philipp Lahm und Reinhard Grindel die geglückte EM-Mission gefeiert.

Nach dem herzlichen Empfang in der DFB-Zentrale verabschiedete sich EM-Cheforganisator Lahm in ein freies Wochenende. DFB-Boss Grindel kann sich hingegen auch nach dem Turnier-Zuschlag für 2024 keine Pause gönnen. Mit dem klaren 12:4-Wahlsieg gegen die Türkei endet der von ihm selbst nach dem WM-Sommer-Debakel in Russland proklamierte Burgfrieden im deutschen Fußball. Und es beginnt der Kampf um seine Zukunft als DFB-Präsident.

Die nur mehr oder weniger erfolgreich ausgeblendeten Probleme von der unendlichen Özil-Affäre über den Neuaufbau der Nationalelf, den Fan-Protesten in der Liga bis hin zum Dauerkonflikt zwischen den Profi- und Amateurinteressen haben sich nicht in Luft aufgelöst. "Ich werde mich jetzt an die Sachthemen machen, wie das auch unsere Landesverbandspräsidenten und die Bundesliga erwarten", sagte Grindel nach der umjubelten Entscheidung der UEFA-Exekutive in Nyon. "Die finden nämlich die Personaldiskussion völlig überflüssig und wollen, dass das aufhört."

Überflüssig findet Grindel die Personaldiskussionen vor allem selbst. Denn sie dreht sich um ihn. "Da es nie infrage stand, dass ich die geschlossene Unterstützung der Landesverbände und Bundesliga habe, stellt sich aus meiner Sicht die Frage überhaupt nicht", sagte Grindel am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin" zu seiner Zukunft als Verbandschef. "Nicht alles, was in den Zeitungen steht, ist immer richtig", legte der ehemalige TV-Journalist noch vor der Rückkehr aus der Schweiz nach Frankfurt nach.

Auch in der Causa Özil hat der Verbandschef, der wegen einer Kofferpanne am Frankfurter Flughafen eine Stunde später als Lahm zur Jubelparty an der Otto-Fleck-Schneise kam, seine klare Überzeugung:  "Ich finde es nicht richtig, dass man angesichts der Vorwürfe, die Mesut Özil erhoben hat, nicht ins Gespräch kommen kann", kritisierte er den 29-Jährigen dafür, dass ein Treffen mit Bundestrainer Joachim Löw am Montag in London nicht zustande kam. "Natürlich haben wir ihm auch den WM-Titel zu verdanken, aber er hat auch Jogi Löw eine ganze Menge zu verdanken und ich finde, dass es sich gehört, ein persönliches Gespräch zu führen."

Durch den EM-Zuschlag spürt Grindel nun eine neue Legitimation. Als Präsident habe er durch das Kontinentalturnier in sechs Jahren "natürlich jetzt mehr Verantwortung", sagte er, "weil wir den Erwartungen der UEFA gerecht werden müssen, alles dafür zu tun, dass das wirtschaftlich ein Erfolg wird."

Entlarvend waren Grindels erste Worte noch im UEFA-Auditorium. Statt dem Protokoll gemäß den unterlegenen türkischen Kontrahenten zu loben, betonte Grindel auf deutsch die Einheit des deutschen Fußballs zwischen Profis und Amateuren, wohlwissend, dass dies nun seine große Baustelle ist. "Es ist ein ganz großer Tag für den Spitzen- und den Breitenfußball in Deutschland", sagte Grindel.

Das Spannungsfeld zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen von Amateur- und Profiwelt wird der ehemalige Bundestagsabgeordnete am Samstag sofort spüren. Er ist in einer ersten Reiseoffensive sowohl zu Gast beim Brandenburgischen Fußball-Verbandstag in Cottbus wie im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF. Ihm bleibt auf den Tag genau ein Jahr zwischen EM-Vergabe und dem nächsten DFB-Bundestag, bei dem am 27. September 2019 eine Präsidentschaftswahl ansteht.

Etwas unwirsch reagierte Lahm auf die Frage in einem ARD-Interview, ob er denn Nachfolger von Grindel werden könne: "Ich suche nicht nach irgendeinem Job oder was auch immer. Das brauche ich nicht, ich habe genügend zu tun. Ich bin fußballinteressiert, das werde ich weiter bleiben. Ich werde als eigener Mensch, als eigener Kopf meine Meinung sagen zu bestimmten Themen."

Bei den EM-Vorbereitungen kann sich Grindel auf ein starkes Orga-Team um einen loyalen Lahm also verlassen - zumal die Europäische Fußball-Union ohnehin große Teile der Turnierplanung nicht dem Gastgeber überlässt.

"Das Wichtigste war, dass wir die EURO nach Deutschland holen und dass wir die Möglichkeit haben darauf hinzuarbeiten, dass wir ein großes Fest gemeinsam mit allen Europäern feiern können", sagte Lahm. Wann der Ehrenspielführer in sein neues Amt als EM-Cheforganisator offiziell eingeführt wird, steht noch nicht fest - ebenso wie wichtige Turnierdetails wie der Finalort Berlin, München oder Dortmund. Auch wann die Fans sich um die rund 2,8 Millionen Tickets bewerben können, ist noch offen.

Offenbar muss sich der 34-jährige Lahm auch noch an die Rolle als führender Sport-Funktionär gewöhnen. "Was ich genau bin, weiß ich nicht", merkte Lahm angesprochen auf sein neues Tätigkeitsfeld an. Sicher ist für den Münchner Lahm: "Die Arbeit ist nicht zu Ende, es geht jetzt weiter." Das gilt speziell für seinen Boss Grindel.