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Handball Bennet Wiegert bestreitet mit großer Wehmut sein letztes Spiel für den SCM "Zum Glück gehe ich nicht so ganz"

Von Janette Beck 07.06.2013, 01:22

Magdeburg l 20 Jahre lang schlug das Handball-Herz von Bennet Wiegert grün-rot, jetzt macht sich dort Wehmut breit. Denn am Sonnabend bestreitet der 31-jährige Allrounder sein letztes Bundesligaspiel für den SC Magdeburg, zu dem er sagt: "Das war mein Verein, mein Zuhause - und unsere Fans sind die besten."

Bennet Wiegert ist ein waschechtes Magdeburger Kind. Dass er als ein solches nicht nur geografisch gesehen nahe am Wasser gebaut hat, werden die Handball-Fans am Sonnabend beim Saisonabschluss gegen Frisch Auf Göppingen erleben. Dann, wenn der 31-Jährige zusammen mit Stian Tönnesen, Björgvin Gustavsson und Philipp Weber vom SCM verabschiedet wird. "Das wird, fürchte ich, sehr emotional. Aber schlimm wäre es, wenn ich keine Wehmut verspüren und keine Tränen vergießen würde. Denn dann hätte ich etwas verkehrt gemacht."

Das Thema Karriereende beschäftige ihn schon seit Wochen, gesteht das SCM-Urgestein. "Die Wehmut ist groß. Magdeburg war immer meine Stadt, mein Zuhause, mein Verein, und hier meine Karriere zu beenden, macht mich stolz und traurig zugleich." Deswegen ist "Benno", der inzwischen die A-Lizenz als Trainer in der Tasche hat, auch froh, dass es kein großes Loch gibt, in das er fallen könnte: "Zum Glück gehe ich nicht so ganz. Dadurch, dass ich beim SCM als Jugendkoordinator eine konkrete Aufgabe habe, mit der ich mich auch voll identifizieren kann, tut das Aufhören ein bisschen weniger weh."

Denn ganz so freiwillig geht der Allrounder, dem der Verein im September 2012 mitgeteilt hatte, dass er in der Saison 2013/14 nicht mehr mit ihm plane, nicht: "Ich hätte mir schon noch vorstellen können und auch zugetraut, zwei, drei Jahre zu spielen." Deswegen habe er auch überlegen müssen, als Ex-SCM-Publikumsliebling Christian Gaudin, inzwischen Trainer in Frankreich bei St. Raphael, "das verlockende Angebot gemacht hat, für zwei Jahre dort zu spielen. Aber dann habe ich mir gesagt: Der Cut kommt so oder so irgendwann. Dann lieber jetzt, denn die Chance auf einen Anschlussvertrag beim SCM kommt vielleicht nie wieder."

24 Jahre hat Handball Bennet Wiegerts Leben bestimmt. 20 davon lernte, lebte, trainierte, spielte, gewann und verlor "Benno" im Trikot der Grün-Roten. Viele Höhen, aber auch einige Tiefen habe er erlebt. Als 21-Jähriger mit dem SCM die Champions League zu gewinnen, sei persönlich das "Allergrößte" gewesen. "Das war die Saison, in der ich gefühlt am meisten gespielt habe, denn Stefan Kretzschmar hatte sich verletzt und Alfred Gislason mir als jungem Spieler viel Verantwortung übertragen."

Noch mehr haben ihn Niederlagen geprägt, sagt Wiegert. Jene, die noch heute schmerze, sei das Aus im Pokal-Halbfinale 2004 in Hamburg: "Da habe ich vier Sekunden vor Abpfiff einen Siebenmeter gegen Hamburg verschossen. Damit war die Verlängerung passé und wir ausgeschieden. Ich wollte sterben."

Dazu kommt: Einen Großteil seiner Karriere hat Bennet Wiegert einen Klotz am Bein mit sich herumgeschleppt: "Der Sohn von Olympiasieger Ingolf Wiegert zu sein, war Segen und Fluch zugleich. Natürlich war ich stolz auf meinen Vater. Als ich 13 oder 14 war, wollte ich noch besser werden als er. Ich erinnere mich an ein Spiel in Eisenach, da haben mich die Fans ausgepfiffen und gebrüllt: Lass\' gut sein, du wirst nie ein Ingolf Wiegert werden! Heute kann ich darüber lachen und sagen: Stimmt, vom Erfolg meines Vaters bin ich weit entfernt."

Um eine völlig andere Sicht auf die Dinge zu bekommen, musste Bennet Wiegert erst selbst Vater werden: "Lange gab es für mich nichts Wichtigeres als Handball. Die Geburt meiner Tochter Elba hat alles verändert. Heute sage ich: Handball ist nur ein Spiel, bei dem mit einem Ball auf ein Tor geworfen wird. Es gibt wirklich Wichtigeres."