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Der deutsche Fußball begeht am Wochenende in Leipzig den 20. Jahrestag seiner Wiedervereinigung Feier in Leipzig – doch der Osten trägt Trauer

19.11.2010, 04:17

Berlin (dpa). Leipzig rüstet zur großen 20-Jahre-Einheit-Party - doch den Fans im Fußball-Osten ist nach Glanz und Feiern eigentlich gar nicht zumute. Zwischen Rostock und Zwickau, wo einst auch die internationalen Stars zu Gast waren, rollt der Ball nur noch in den unterklassigen Ligen. In der Bundesliga fehlen die Spitzenclubs der DDR wie der 1. FC Magdeburg, Dynamo Dresden, Carl Zeiss Jena oder der 1. FC Lok Leipzig ganz. Eine Etage drunter sind mit Erzgebirge Aue, Energie Cottbus und Union Berlin nur drei ehemalige Außenseiter des Ostens dabei.

"Zur Zeit klemmt die Säge", unterstrich Eduard Geyer, letzter Nationaltrainer der DDR, vor dem Jubiläumsspiel der Helden von einst am Samstag (20.15 Uhr/MDR) im Leipziger WM-Stadion.

Das Schlimmste ist: Inzwischen ist sogar der Nachschub an Spitzenspielern aus den neuen Bundesländern fast total versiegt. Zwar haben nach der Fußball-Vereinigung 1990 immerhin 36 Spieler aus dem Osten für die deutsche Nationalmannschaft gespielt. Die überwiegende Mehrzahl davon aber schaffte gleich nach der Wende den Sprung.

Matthias Sammer, Andreas Thom, Thomas Doll, Jens Jeremies, Bernd Schneider, Ulf Kirsten, Thomas Linke, Steffen Freund und später Michael Ballack prägten als "Wendekinder" lange Zeit auch das DFB-Team. Bei der WM in diesem Jahr in Südafrika hatte Bundestrainer Joachim Löw in dem gebürtigen Greifswalder Toni Kroos nur noch einen "Ossie" dabei. In der Bundesliga gibt es ein ähnlich düsteres Bild: Von den 246 Profis, die am vergangenen Spieltag eingesetzt worden waren, stammen nur noch ganze vier aus dem Osten.

"Wir sind in der Spitze, im Leistungsfußball, nicht gut aufgestellt", musste Hans-Georg Moldenhauer feststellen. Der ehemalige Torhüter des 1. FC Magdeburg hatte als letzter Chef des DDR-Fußballverbandes und späterer Ost-Präsident die Wiedervereinigung wesentlich mitgeprägt. Zwei Vereine in die Bundesliga, sechs in die 2. Bundesliga – die Vereinigungsformel ist längst geplatzt. Für Moldenhauer sind die 20 vergangenen Fußball-Jahre trotzdem eine "Erfolgsgeschichte", auch "wenn nicht alle Hoffnungen" aufgingen.

90 Stützpunkte und 15 Sportbetonte Schulen arbeiten zwischen Rostock und Dresden. Neun Einrichtungen tragen den Titel DFB-Eliteschule – das sind im Verhältnis zur Bevölkerung mehr als in den westlichen Ländern. 35 Millionen Euro sind in die Regional- sowie Landesverbände der neuen Länder und so vor allem in die Infrastruktur geflossen. Die meisten der rund 4500 Vereine haben den Sprung in die Marktwirtschaft geschafft, die Insolvenzen hielten sich in Grenzen, betonte Moldenhauer, der aus familiären Gründen seinen Platz räumt.

Genau an jener Stelle in Leipzig, an der Moldenhauer zur Fußball-Vereinigung vor 20 Jahren an den damaligen DFB-Präsidenten Hermann Neuberger einen bunten Trabant übergab, wird es nun am Sonntag einen Festakt geben. Am Samstag treten die Weltmeister von 1990 um Jürgen Klinsmann, der extra aus Kalifornien anreist, gegen die letzten DDR-Nationalspieler um Dariusz Wosz an.

Die Partie sollte es eigentlich schon am 21. November 1990 geben. Doch massive Sicherheitsbedenken verhinderten das damals. Nach einer Eskalation der Gewalt in ostdeutschen Stadien war ein 18-Jähriger von einer Polizeikugel tödlich getroffen worden. Auch das soll 20 Jahre später beim Fest "Wir gegen uns" nicht vergessen sein.