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SCM-Coach Geir Sveinsson im Interview "Wir haben viel vor, aber wenig Zeit"

Geir Sveinsson sitzt im Startblock und wartet, dass es endlich losgeht.
Für den neuen Trainer des SCM, der heute Abend in Magdeburg eintrifft,
beginnt am Donnerstag mit dem Trainingsstart ein neues Leben.
Volksstimme-Redakteurin Janette Beck sprach mit dem 50-Jährigen kurz vor
seiner Abreise aus der (k)alten Heimat Island.

07.07.2014, 01:41

Können Sie nachts überhaupt noch gut schlafen?
Geir Sveinsson: Sie meinen wegen der Aufregung?

Na ja, bei unserem letzten Gespräch waren Sie noch Trainer in Bregenz und die Ruhe selbst. Da haben Sie gesagt, das Kribbeln hält sich in Grenzen und wird sich dann einstellen, wenn Sie die Koffer packen.
Natürlich bin ich jetzt schon aufgeregt. Aber schlafen kann ich trotzdem ganz gut, denn ich bin vollkommen positiv eingestellt und freue mich auf die neue Aufgabe. Trainer des SCM zu sein, ist für mich nach wie vor ein Traum und kein Albtraum. Außerdem habe ich gesehen, dass es in Deutschland viel wärmer ist. Hier auf Island, wo wir bei der Familie meiner Frau die Zeit verbringen, ist es echt kalt und regnerisch. Also nicht so toll das Ganze, es wird Zeit, dass ich die Sonne sehe. Meine Frau und meine Kinder werden sich dagegen noch gedulden müssen, die kommen erst zwei Wochen später nach - also nach dem Trainingslager in Kienbaum.

Wie haben Sie die letzten Abende verbracht? Am Schreibtisch über Ihre zukünftige Mannschaft, Training, Taktik und Aufstellungen grübelnd oder doch eher vorm Fernseher sitzend, um ganz in Ruhe die Fußball-WM zu genießen?
Natürlich verfolge ich auch die WM, und ich freue mich, wie gut sich Deutschland dabei schlägt. Ich hoffe, das geht noch ein bisschen weiter. Aber der SCM dominiert meinen Kopf ganz klar, nicht nur jeden Tag, sondern inzwischen fast jede Stunde. Ich sitze über Plänen, mache mir Gedanken über die Vorbereitung, die Schwerpunkte im Trainingslager und die Testspiele. Das zu planen, ist nicht einfach: Wir brauchen viele Spiele, um die Neuen zu integrieren, dazu kommen Kraft, Athletik und handball-spezifische Dinge. Da sind sechs Wochen ganz schnell um. Das heißt, wir haben viel vor, aber nur wenig Zeit.

Wie beurteilen Sie mit etwas Abstand den 7. Platz des SCM zum Ende der Saison 2013/14?
Uwe Jungandreas hat als Übergangstrainer einen sehr guten Job gemacht. Er hat die Mannschaft auf Kurs gebracht und mit dem 7. Platz das Optimale herausgeholt. Ich übernehme ein Team, das momentan das Potenzial für Rang sechs, sieben oder acht hat. Klar werden wir an jedes Spiel so herangehen, dass wir es gewinnen wollen. Aber zaubern kann ich auch nicht, es muss abgewartet werden, ob alles so zusammenpasst, wie wir uns das denken. Drei neue Spieler und ein neuer Trainer - das braucht eben auch Zeit und Geduld, bis alles zusammengewachsen ist.

Ist es so gesehen nicht vielleicht sogar besser, dass Hamburg die Lizenz bekommen hat und der SCM somit in der anstehenden Saison nun doch nicht im Europacup spielt?
Ja, da mögen Sie Recht haben. Vielleicht ist es wirklich besser so und das Ganze stellt sich im Nachhinein sogar als Vorteil heraus. So haben wir im ersten Jahr Ruhe und können uns voll und ganz auf die Liga und den DHB-Pokal konzentrieren. Ich finde, es mit dem neuformierten SCM zu schaffen und in der kommenden Saison im Europacup zu spielen, ist ein Ziel, für das es sich gemeinsam zu kämpfen lohnt.

Die Abwehr ist bekanntlich das Herzstück des SCM. Allerdings gibt es hier durch die Abgänge von Abwehrchef Kjell Landsberg, Stefan Kneer und Gerrie Eijlers als eingespielten Torhüter dahinter auch die größten Veränderungen. Verraten Sie uns, wie der zentrale Mittelblock zukünftig aussehen könnte?
Ich sehe das so, dass mit Michael Haaß und Fabian van Olphen zunächst zwei eingespielte Akteure in der 6-0-Deckung gefordert sind. Dazu kommt Jacob Bagersted, der auch ein sehr guter Abwehrspieler ist. Espen Lie Hansen wäre ebenso eine Alternative für die Dreier-Position in der Abwehr. Zudem plane ich eine zweite Deckungsvariante. Ob das die 3-2-1 ist oder die 5+1 oder was ganz anderes ist, das kann ich jetzt noch nicht sagen. Die schönste Idee ist hinfällig, wenn sie sich in der Praxis nicht umsetzen lässt. Es wird sich also erst im Training zeigen, was funktioniert und was nicht.

Ihr Auftrag beim SCM ist es auch, junge Spieler aus dem Perspektivteam auf Bundesliga-Niveau zu trimmen. Ist das für einen Neueinsteiger nicht ein zusätzlicher Ballast?
Absolut nicht, zumal viele Vereine aus wirtschaftlichen Zwängen heraus verstärkt auf den eigenen Nachwuchs bauen. Für mich ist das kein zusätzlicher Ballast, sondern eine zusätzliche Herausforderung. Und ich finde es so, wie es beim SCM gedacht ist, optimal: 14 Profis plus vier bis sechs Talente aus dem Perspektivteam, das passt. Ich werde die Jungs auch gleich mit ins Trainingslager nehmen, danach sehen wir weiter.

Haben Sie sich bereits entschieden, wer Co-Trainer wird?
Ich werde erst mal ohne Co-Trainer anfangen. Für die Zukunft gibt es mehrere Varianten, aber das muss noch besprochen werden. Mein erster Ansprechpartner ist der Kapitän, und das ist und bleibt Fabian van Olphen. Aber auch Steffen Stiebler, Marc Schmedt und natürlich Bennet Wiegert, der das Team kennt, wie kein anderer, werden mir mit Rat und Tat zur Seite stehen.