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Fußball Thielemanns ungewöhnliche Reise beim FCM

Dass Fußball-Übungsleiter im Laufe ihrer Karriere schon Chef-, Co- und
Jugendtrainer waren, bringt der Job so mit sich. Es sucht aber
seinesgleichen, wenn das wie bei Ronny Thielemann innerhalb von drei
Jahren beim gleichen Verein passiert und er jetzt wieder Assistent beim
FCM ist.

Von Uwe Tiedemann 22.07.2014, 03:16

Magdeburg l "Ein typisches Beispiel, wie schnelllebig Fußball sein kann. Langeweile kam jedenfalls nicht auf", sagt der 40-Jährige, wenn er an seine ungewöhnliche Reise beim Club zurückdenkt und fügt leicht verschmitzt hinzu: "Am Ende setzt sich Qualität halt durch." Seine Prämisse habe immer gelautet: Nach vorne blicken und jede Aufgabe gewissenhaft umsetzen.

Los ging`s 2011/12 als "Co" von Wolfgang Sandhowe. Als dessen Erfolg ausblieb, stieg Thielemann Ende Oktober zum Chef auf. Und es begann verheißungsvoll. "Wir sind mit einem Remis gegen den HFC und zwei Auswärtssiegen in Meppen und Wilhelmshaven beinahe optimal gestartet", so Thielemann, der danach allerdings kein einziges Spiel mehr gewann.

Nach einem 1:2 am 25. März 2012 gegen den Berliner AK - der Club zierte mittlerweile das Tabellenende - war Schluss. "Wenn erst eine Negativspirale angelaufen ist, lässt sie sich schwer stoppen. Es war damals auch eine Frage der fehlenden Qualität. Hinzu kam die Tatsache, dass keiner absteigen konnte und das Theater um Daniel Bauer jede Menge Unruhe brachte", blickt der A-Lizenzinhaber zurück. Der Fall Bauer (der FCM-Kapitän soll vor seinem Haus von Vermummten bedroht worden sein/d. Red.) hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und den Verein schwer in Misskredit gebracht.

"Habe seinerzeit Sandhowes Entlassung nicht forciert."

Auf die Frage, ob Thielemann seinerzeit Fehler gemacht habe, antwortet der Ex-Profi: "Inhaltlich nicht." Präsident Peter Fechner: "Wir schätzen die Leistung von Ronny Thielemann, der stets loyal geblieben ist und Bereitschaft gezeigt hat, eine Aufgabe bei uns zu übernehmen."

Kontakt zu Sandhowe bestehe im Übrigen schon lange nicht mehr. Der Hauptgrund: "Er hat damals gedacht, dass ich seine Entlassung forciert hätte, was absolut nicht der Wahrheit entspricht", betont Thielemann.

Für den Geschassten ging es trotzdem weiter beim FCM: "Als ich vor der Saison 2012/13 gefragt wurde, ob ich mir die B-Jugend vorstellen kann, habe ich zugesagt." Aber nach solch einem Negativerlebnis? Wäre da nicht naheliegend gewesen, den FCM sofort zu verlassen? Thielemann tickt da anders: "Einerseits hatte ich noch ein Jahr Vertrag, andererseits lagen wir nie im Clinch. Und Jugendtrainer war für mich als jungen Coach keine Degradierung. Zumal ich vor meinem Engagement in Magdeburg die A-Junioren in Aue betreut hatte."

So mischte er zwei Spielzeiten beim FCM-Nachwuchs mit, erst bei den B-, dann bei den A-Junioren. "Das war bestimmt nicht immer einfach, weil man mit vielen Problemen konfrontiert wird, die nichts mit Fußball zu tun haben. Gerade den 15- bis 17-Jährigen fehlt oft noch die Zielorientierung. Das sieht jetzt natürlich ganz anders aus, wo unter Profibedingungen gearbeitet wird", spannt Thielemann den Bogen zur aktuellen Saison.

Über den neuen Cheftrainer Jens Härtel, mit dem er in der Vorbereitungsphase nach eigener Aussage täglich bis zu zehn Stunden verbringt, ist er voll des Lobes: "Ein zielstrebiger, akribischer Arbeiter, der alles perfekt vorbereitet und die Professionalität vorlebt." Und weiter: "Wir sind in vielen Punkten deckungsgleich." Dabei freut es Thielemann besonders, dass er in den Trainingsbetrieb voll mit integriert ist, ihm nicht etwa nur die Rolle des Hütchenaufstellers zufällt.

"Jens Härtel weiß ganz genau: Fußball ist ein Ergebnisspiel."

Auch mit dem Erwartungsdruck könne Härtel umgehen, glaubt Thielemann: "Darauf braucht man ihn nicht vorzubereiten. Er kennt die Atmosphäre hier und weiß genau: Letztlich ist Fußball ein Ergebnisspiel."

Dabei war die Zusammenarbeit längst nicht immer so harmonisch. Noch in der vergangenen Saison trafen Härtel (als A-Jugendtrainer bei RB Leipzig) und Thielemann als Kontrahenten aufeinander und lieferten sich kleine verbale Scharmützel. Alles Schnee von gestern. Was jetzt zählt, ist der gemeinsame Erfolg mit dem Club. Und da ist Thielemann guter Dinge: "Man kann ohne Übertreibung sagen, dass alle enthusiastisch bei der Sache sind und sich einem Ziel unterordnen. Aber jeder weiß: Vorbereitung und Testspiele sind die eine Seite, der Punktspielbetrieb die andere. Wichtig ist, dass wir in der Lage sind, auf bestimmte Spielsituationen zu reagieren. Da ist hohe Flexibilität gefragt." Grundprinzipien für Härtel, so Thielemann, seien Dinge wie aktiv gegen den Ball arbeiten und möglichst schnelle Balleroberung - egal in welchem System.

So froh Thielemann letztlich ist, bei einem ambitionierten Viertligisten wieder als Co-Trainer arbeiten zu können, so trauert er der Nachwuchsarbeit auch ein wenig nach: "Man erntet die Früchte seiner Arbeit nicht. Das ist schade." Wobei er überzeugt davon ist, dass der Club mit Thomas Hoßmang als neuen A-Jugendtrainer einen hervorragenden Griff getan zu haben. Beide kennen sich aus alten Cottbuser Zeiten.

Apropos Cottbus: Wenn Thielemann auf Energies Abstieg in Liga drei zu sprechen kommt, wird er nachdenklich: "Ich verfolge das nach wie vor sehr intensiv. Es tut schon weh, was dort passiert ist. Es herrschen wie in Magdeburg überragende Bedingungen, und es ist viel entstanden. Dieser sportliche Absturz war nicht nötig."