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HV Staßfurt zwingt HSG Freiberg in die Knie Hart, emotional und torreich

Die reguläre Spielzeit war bereits abgelaufen, der HV Rot-Weiss führte
mit einem Tor. Siebenmeter für die HSG Freiberg. Patrick Tuchen hielt.
Damit setzte Stafurts Keeper einer kämpferischen Mannschaftsleistung die
Krone auf und hielt am Ende den 45:44 (24:25)-Sieg fest. Die
zahlreichen Zuschauer sahen eine seltsame Partie der Mitteldeutschen
Handball-Oberliga, die einiges bot - und von manchem zu viel.

Von Christian Jäger 13.10.2014, 03:23

Staßfurt l Freibergs Eric Bolomsky war es, der den finalen Strafwurf ausführte. Es passte in das ungewöhnliche Bild der HSG, dass dieser Siebenmeter kein normaler war. Bolomsky zappelte lange herum, versuchte Routinier Tuchen nervös zu machen. Mit einer Pirouette sorgte Bolomsky für das i-Tüpfelchen in seiner Ausführung. Als der Freiberger scheiterte, fanden sich die Staßfurter in einer jubelnden Traube zusammen. Doch es blieb nicht beim Jubel. In einer unübersichtlichen Situation gab es Auseinandersetzungen, an der wohl auch Spieler und Betreuer beider Seiten sowie Zuschauer beteiligt waren.

Für viele war die Situation nicht einsehbar, andere bemerkten sie gar nicht. Die Sicherheitskräfte sorgten zügig für die Deeskalation, damit das denkwürdige Endergebnis von 45:44 für den HV Staßfurt wieder in den Vordergrund rückte.

Bis zum Jubel war es jedoch ein weiter Weg. Es wurde die erwartet schwere Partie gegen einen Gegner, der zwar Handball nach Regeln, jedoch nicht nach Lehrbuch spielt. Oberste Priorität hatte bei den Gästen Tempo und Offensive. Die Defensive war so ausgerichtet, dass durch eine aggressive Manndeckung Fehler erzwungen werden sollten. Nach Ballgewinn fackelten die Freiberger nicht lang und spurteten direkt auf das Staßfurter Tor zu.

Womit die Gäste allerdings nicht gerechnet hatten, war, dass die Staßfurter sie mit ihren eigenen Mitteln schlagen würden. Zumindest in den ersten Minuten legte der HVS ein ungewohnt hohes Tempo an den Tag und suchte Eins-gegen-Eins-Situationen. Hinzu kam Keeper Sebastian Schliwa, der sich an der Mittellinie als Anspielstation anbot.

Bis zur 4:0-Führung schien der Plan aufzugehen. Doch dann durchkreuzte das Thüringer Schiedsrichtergespann Christian Göhring/Dirk Neumann diese Pläne. Immer wieder zeigte es Zeitstrafen an und verwies teilweise mehr als nur einen Rot-Weissen des Feldes. Die Pfeif-Sucht setzte sich über die gesamte Dauer der brisanten Partie fort. So erhielten die Gastgeber 15 Zeitstrafen, zwei Rote Karten und sieben Tore wurden aberkannt. Doch die Sieben von Uwe Mäuer - auch wenn es meistens weniger waren - steckte nie auf, kämpfte und legte ein enorm hohes Laufpensum an den Tag, um die Freiberger in Positionsangriffe zu zwingen.

Selbst einige Vier-Tore-Rückstände im zweiten Durchgang schmälerten den Staßfurter Kampfgeist nicht. Tobias Ortmann, der zwei Treffer erzielte, wusste auch warum. "Eine solche Unterstützung der Zuschauer haben wir seit Jahren nicht erlebt. Das war eine pure Gänsehaut-Atmosphäre." Die rot-weisse Spielstätte wurde wieder zur Paul-Merkewitz-"Hölle" und machte vielleicht den entscheidenden Unterschied aus, um einen Gegner wie Freiberg zu schlagen.

Trainer Uwe Mäuer zog den Hut vor seinem Team. "Kompliment an die Mannschaft. Wir lagen teilweise mit drei bis fünf Toren hinten, aber niemand hat aufgegeben. Diese Leistung ist sehr hoch einzuschätzen." Bei 15 Zeitstrafen, eine davon sah Mäuer selbst, war noch mehr Laufarbeit als ohnehin schon nötig. Auch die letzten beiden Minuten agierten die Rot-Weissen in Unterzahl. "Mit viel Kampf und ein bisschen Glück haben wir auch die überstanden."

Anders als Hallensprecher Klaus Stops, der sich den ein oder anderen Kommentar in Richtung des Schiedsrichtergespanns nicht verkneifen konnte, äußerte Mäuer sich eher diplomatisch. "Die Unparteiischen pfeifen nun mal, was sie sehen. Auch wenn ich es zum Teil anders sehe."

Göhring und Neumann wirkten mit dem hartgeführten Tempospiel überfordert. Mit Pfiffen, Verwarnungen und Zeitstrafen wollten sie Ruhe auf die Platte bringen, sorgten aber nur für weitere Hektik. Das merkten natürlich auch die Zuschauer, die ihre Mannschaft umso lauter anfeuerten und dafür sorgten, dass die bislang Weiße Weste der Freiberger einen Fleck erhielt.

HV Staßfurt: Tuchen, Schliwa - Dittmar, Fuhrmann (3), Ortmann (2), Retting (4/1), Jacobi (6/1), Rach (3), Engelhardt, Hähnel (5), Scholz (10/3), Rindert (6), Secara (2), Ernst (4)

Siebenmeter: Staßfurt 6/6 - Freiberg 9/7; Zeitstrafen: Staßfurt 15 - Freiberg 7; Rot: Sebastian Retting (3x2 Minuten), Nils Hähnel (3x2 Minuten) -beide Staßfurt-