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Testspiel von Union Berlin und Rubin Kasan in Burg Unheimlich geheim, aber äußerst unterhaltsam

16.10.2014, 01:10

Burg (bjr) l Die Älteren werden sich erinnern: Das letzte Mal wehte am 4. September 1979 ein Hauch Internationalität durch das Burger Hermann-Matern-Stadion. Seinerzeit standen sich die beiden Olympia-Auswahlen der DDR und der UdSSR gegenüber, die Sowjets gewannen mit 1:0. Insofern war der vergangene Montag also durchaus als geschichtsträchtig zu bezeichnen, als sich Fußball-Zweitligist Union Berlin und der ehemalige Champions-League-Teilnehmer und aktuelle Tabellensiebte der russischen Premjer Liga, Rubin Kasan, an gleicher Stelle im heutigen BBC 08-Parkstadion zum Testvergleich trafen. Da die aktuellen Akteure beider Profi-Clubs mit dem Begriff "DSF" aber allenfalls noch den Vorläufer eines bekannten Sportsenders verbinden, war es nicht verwunderlich, dass sich beim 4:0 (2:0)-Erfolg der Unioner wenig geschenkt wurde.

Denn die Älteren, die sich noch erinnern, wussten es vielleicht noch nicht: Freundschaftsspiele existieren im allgemeinen Fußball-Sprachgebrauch nicht mehr. So rauschte es mit Blick auf den Montag im überregionalen Blätterwald wahlweise vom "Geheim-" oder "Blitz-Test", vereinzelt sicher auch vom "geheimen Blitz-Test". Dass sich zwei Teams, die während der länderspielbedingten Liga-Pause ein Trainingslager in Kienbaum (Brandenburg) und Bielefeld (Nordrhein-Westfalen) bestreiten, einfach in Mitte und in Nähe der Autobahn treffen - schlichtweg unvorstellbar.

Entsprechend galt im Vorfeld die Devise: streng vertraulich. Ihre Anfrage richteten die Berliner als nomineller Gastgeber erst drei Tage vor dem Termin an den Burger BC 08. Dass dieser den Rasenplatz über das Wochenende in einen erstklassigen Zustand brachte und sich im Nachgang um das leibliche Wohl der Spieler kümmerte, durfte angesichts der Kurzfristigkeit mit einer ebensolchen Anerkennung quittiert werden, wie es dem Schiedsrichtergespann gebührte: Die beiden Burger Heiko Kammer und Hans Vallendar sowie der Genthiner Jürgen Werner hätten sich einen Einsatz auf internationaler Ebene wohl kaum mehr träumen lassen, leiteten das Spiel aber souverän und selbstverständlich wie sonst den regulären Kreisliga-Spielbetrieb im Jerichower Land.

Zuschauer waren der Geheimhaltungsstufe angepasst offiziell nicht geladen. Jene rund 150 Augenpaare, die sich am Montag auf das Grün richteten, blickten demnach eigentlich nur auf die Vielfalt der Burger Pflanzenwelt. Statt praxisnahe Anschauung in Sachen Fußball zu nehmen, quälte sich etwa eine Handvoll Schüler des Burger Rolandgymnasiums - laut Protokoll - zeitgleich durch den Sportunterricht.

Schade, denn so entging ihnen eine temporeiche Begegnung mit etlichen Highlights: Angefangen vom überfallartigen Start der "Eisernen", die mit dem frühen 2:0 (10.) die schläfrige Rubin-Hintermannschaft überraschten, bis hin zum sehenswerten 4:0 aus der Drehung durch Eroll Zejnullahu (90.). Auf russischer Seite wirkte mit dem Brasilianer Carlos Eduardo im zentralen Mittelfeld ein ausgewiesener Ballstreichler mit, der es aus seiner Zeit in Hoffenheim auch hierzulande zu einiger Bekanntheit brachte.

So blieb abschließend nur zu hoffen, dass der nächste fußballerische Vergleich dieses Formats in hiesigen Breitengraden vielleicht längerfristiger geplant und für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Und dass bis dahin nicht wieder 35 Jahre vergehen. Dann müssen sich die Älteren auch nicht erinnern, sondern die Jungen können es erleben.