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Handball-Bundesliga SCM: Lie Hansen ist das "Sorgenkind"

Die Erwartungen an die vier Neuzugänge beim SCM waren groß. Nach einem Drittel der Saison ist es Zeit, die Nordlichter auf den Prüfstand zu stellen. Die Volksstimme wirft gemeinsam mit Sportchef Steffen Stiebler einen kritischen Blick auf die Arbeit von Trainer Geir Sveinsson und die bisher gezeigten Leistungen von Jannick Green, Jacob Bagersted und Espen Lie Hansen.

Von Janette Beck 14.11.2014, 01:10

Magdeburg l Nach einem Drittel der Saison stehen für den SCM sieben Siege, vier Niederlagen und ein Remis in der Liga sowie zwei Erfolge im Pokal zu Buche. Unterm Strich kommt Sportchef Steffen Stiebler, der viele Pflichtspiele auf der Bank, also aus nächster Nähe, miterlebt hat, zu einem "positiven Zwischenergebnis" und erklärt: "Drei neue Spieler und einen neuen Trainer in eine gewachsene Truppe einzubauen, ist keine leichte Aufgabe. Das funktioniert nicht über Nacht, sondern braucht seine Zeit. Deswegen bin ich mit dem bisherigen Saisonverlauf zufrieden."

"Frischen Wind" hatte sich die Vereinsführung vor allem von den vier Neuzugängen versprochen. Die Frage ist also: Haben die Nordlichter dem SCM tatsächlich zum Auftrieb verholfen oder reichte es bisher doch nur zu einem lauen Lüftchen? Auf dem Prüfstand gestellt, ergeben sich folgende Antworten:

Geir Sveinsson

Für den vom österreichischen Bregenz gewechselten Trainer war der Einstieg nicht so einfach, wie es vielleicht den Anschein hatte. Schnell wurde dem Isländer bewusst, dass die "beste Handball-Liga der Welt" ein anderes, härteres Pflaster ist als das bisher gewohnte - deutlich gestiegene Anforderungen und Ansprüche sowie mediale wie öffentliche Aufmerksamkeit inklusive.

Wenn einer wie Sveinsson dann auch noch in einer Stadt wie Magdeburg, die Handball lebt, in die Fußstapfen des allseits verehrten isländischen Erfolgstrainers Alfred Gislason tritt, erscheint der Erwartungsdruck doppelt so groß. Und so musste der neue Coach erst damit leben lernen, dass die Reaktionen des Umfeldes, vor allem aber der Fans je nachdem entweder himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt sind und es dazwischen nichts zu geben scheint.

Doch Sveinsson ist völlig anders gestrickt ist als der "fauchende Geysir von der Vulkaninsel" Gislason. Ihm hilft, dass er positiv denkt und besonnen handelt. Zudem tat er gut daran, gleich bei seinem Antritt Luftschlösser einzureißen. Im seinem ersten Volksstimme-Interview erklärte er: "Ich habe ein Team übernommen, das Potenzial für die Plätze sechs bis acht hat."

Weil die absolute Stärke (Deckung) und die größten Schwächen (fehlende Angriffseffektivität und Inkonstanz in der Mannschaftsleistung) nach wie vor das Gesamtbild prägen, ist die neue Handschrift des Trainers nur schwer zu erkennen. Allerdings würde es auch wenig zielführend sein, dass Sveinsson alles umkrempelt. Und so konstatiert Stiebler nicht nur, dass "die positive Ausstrahlung des Trainers langsam auch auf die Mannschaft abfärbt", sondern er befürwortet auch, dass die Stärken weiter ausbaut werden. "Dazu versucht Geir im Angriff nach und nach neue Akzente zu setzen. Dabei findet ein reger und angenehmer Austausch statt und die Führungsspieler werden mit in die Verantwortung genommen", so Stiebler, der erwartet, dass dieser Prozess in der Rückrunde deutlich sichtbarere Früchte trägt.

Jannick Green

Der Däne fand überraschend schnell Fuß in der neuen Umgebung. Die Vorbereitung lief sogar so gut, dass auch Torwart-Trainer Thomas Svensson den Nationalkeeper bereits zu Saisonbeginn "auf Augenhöhe mit Dario Quenstedt" sah. Beide teilten sich dann auch die Einsatzzeiten brüderlich. Den Eindruck, dass dennoch die Torhüterleistung insgesamt ein wenig unter dem Niveau des Vorjahresgespanns Quenstedt/Eijlers liegt, teilt Stiebler nicht: "Ich bin zufrieden mit der Torhüterleistung, beide ergänzen sich gut. Die Zahl der Paraden liegt, soweit ich weiß, mit 15/16 im Schnitt über dem der Vorsaison." Dennoch sieht der Sportchef bei Green "noch Luft nach oben". Dass dieser sein Potenzial nicht ausschöpft hat, sei aber ganz normal. Für einen Torhüter stelle nun mal eine neue Liga mit neuen Hallen, Spielern und Wurfbildern eine besondere Herausforderung dar. "Schon allein die Vorbereitung auf die Spiele ist extrem. Die Automatismen und das reibungslose Zusammenspiel mit der Deckung kommen erst mit der Zeit", gibt Stiebler zu bedenken.

Jacob Bagersted

Der Kreisspieler, dem beim SCM "eine zentrale Rolle" zukommen sollte, hatte großes Pech. Nach einer guten Vorbereitung, bei der Däne bei den Testspielen bereits andeuten konnte, die erhoffte Verstärkung sein zu können, zog er sich eine muskuläre Verletzung zu. An der hatte der 27-Jährige lange zu knabbern. Untätig zuschauen zu müssen und dem Team nicht helfen zu können, war für den "Musterprofi" (Stiebler) offensichtlich eine große mentale Belastung. Inzwischen steht Bagersted in der Abwehr seinen Mann und entwickelt sich dort zu einer verlässlichen Größe. Allerdings klemmt im Angriff noch die Säge (neun Tore). Nach wie vor ist hier Bartosz Jurecki erste Wahl. "Das Zusammenspiel vorne braucht noch Zeit, da befindet sich Jacob noch im Aufbau. Ich denke, wenn er im Januar die komplette Vorbereitung mitmacht, dann platzt in der Rückrunde auch im Angriff der Knoten", so Stiebler.

Espen Lie Hansen

Der Rückraumlinke ist laut Stiebler "unser Sorgenkind". Der Norweger, der ohne Deutschkenntnisse von Dünkirchen nach Magdeburg gekommen ist, fiel nach der für ihn harten Vorbereitung und einem passablem Saisonauftakt in ein Loch. Aus dem fand der 25-Jährige, den der Sportchef als "Sonnyboy" und "vielleicht ein bisschen zu naiv" charakterisiert, bislang nicht wieder heraus. Lie Hansen macht einen verlorenen Eindruck, so, als fehle ihm komplett die Bindung zur Mannschaft. Nur 30 Treffer, aber dafür viele technische Fehler gehen auf sein Konto. Dennoch mag Stiebler nicht von einem Fehleinkauf sprechen: "Espen fehlt einfach ein Erfolgserlebnis. Mit mehr Selbstvertrauen, Verständnis der Sprache sowie etwas mehr Ernsthaftigkeit bekommt er hoffentlich bald die Kurve."