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Leichtathletik Sprintass begründet Sprintschule mit

Waltraud Dietsch gewann den ersten SCM-Titel über die Stadionrunde.

Von Willi Olfert 27.11.2015, 23:01

Magdeburg l Ihren 65. Geburtstag feierte dieser Tage Waltraud Dietsch, die erste international erfolgreiche 400-m-Läuferin (52,2 Sekunden) des SC Magdeburg. Sie legte mit Bärbel Horn (Buhl), den Grundstein für die weltberühmte Magdeburger 400-m -Schule.

Mehrere Jahre hatte der Staßfurter Leichtathletik-Haudegen Kurt Laue das ABC dieser Sportart der zierlichen, flinken, willensstarken Grundschülerin Waltraud Birnbaum vermittelt. Erste Erfolge im Bezirk Magdeburg und eine gute schulische und charakterliche Entwicklung gipfelten 1964 in der Aufnahme an der Kinder-und Jugendsportschule Halberstadt.

Fritz Pörschke, ein ehemaliger Sieben-Meter-Weitspringer, führte sie zu Spartakiadeerfolgen und DDR-Meistertiteln bei den Schülerinnen und in der Jugend. Er legte wichtige Grundsteine für ihre weitere sportliche Karriere und die ihrer gleichaltrigen Trainingsgruppenfreunde Annelie Erhardt (Jahns) und Benno Stops.

Da sich eine kontinuierliche sportliche Entwicklung mit einer großen Perspektive abzeichnete, wechselten die drei 1966 von Halberstadt nach Magdeburg zu Klaus Wübbenhorst, der zunächst mit ihnen und durch sie den Grundstein für seine folgende „Erfolgstrainer“tätigkeit legte. Das knüppelharte, aber wohldurchdachte tägliche zweimalige Training zahlte sich recht schnell aus.

Die noch unbekannte 17-jährige Birnbaum überraschte bei den Erwachsenen-Meisterschaften 1968 in Erfurt die begeisterten 30000 Zuschauer. Der Gewinn des Meistertitels über die Stadionrunde in 54,8 Sekunden war der erste einer SCM-Leichtathletin.

Damit hatte sie die Nominierung für die 14 Tage später in Leipzig stattfindenden Europäischen Juniorenspiele erlaufen. Acht Zehntel Sekunden schneller als in Erfurt waren für den Europameistertitel nötig. Warum es nicht für die Teilnahme an Olympia in Mexiko reichte, wissen nur die DDR-Sportverantwortlichen.

Nationale und internationale Erfolge 1969 überstrahlte nur die Eheschließung mit Lothar Dietsch, einem Oberliga-Handball-Torwart aus der legendären Miesner-Ära. Ihrem neuen Namen verschaffte sie bereits 1970 weiteren Glanz mit dem ersten Europacupsieg der DDR-Frauen-Nationalmannschaft in Budapest, zu dem die Wahl-Magdeburgerin mit ihrem Sieg in der 4 x 400-m-Staffel wesentlich beitrug.

Trotz beiderseitiger hoher sportlicher Ambitionen hatten sie den Kinderwunsch nicht aus den Augen verloren, der zu diesem Zeitpunkt den DDR-Sportoberen ein Dorn im Auge war. „Dietschis“ waren härter, hatten sich durchgesetzt und Lothar, ein Volltreffer als Ehemann und Mensch, meinte kürzlich: „Wir sind so froh, dass wir unseren Thorsten haben! Ein bisschen Mut hat schon dazugehört!“

Obwohl die Vorbereitung auf die Münchener Olympischen Spiele 1972 nach der Niederkunft im Mai 1971 relativ kurz war, langte es nach dramatischen Ausscheidungswettkämpfen den Ersatzplatz für die 4 x 400 m Staffel zu ersprinten.

„Ich habe alle Phasen der Vorbereitung mitgemacht, war bei der Einlaufarbeit neben dem Stadion bis zum Aufruf der Teilnehmerinnen dabei und habe mit „meinen“ Mädchen bis zum Olympiasieg gefiebert“, erinnert sich die unermüdliche Kämpferin und faire Sportlerin.

Nach Staffel-Gold bei der EM 1974 in Rom, Gold mit der Staffel beim EC in Edinburgh 1973 und Platz drei bei den Hallen-EM 1974 beendete die Industriekauffrau 1976 ihr leistungsasportliche Laufbahn, hält sich seitdem mit Rückenschule, Yoga und Sauna fit.