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Biathlon Die dritte Chance auf Edelmetall

Franziska Hildebrand greift bei der Biathlon-WM erneut nach Edelmetall - in einer Disziplin, die einst ihre stärkste gewesen ist.

Von Daniel Hübner 09.03.2016, 00:01

Oslo/Magdeburg l Sie hatte einen Satz des amerikanischen Philosophen Ralph Waldo Emerson gewählt, um sich und ihrer Facebook-Gemeinde zugleich ein wenig Trost zu spenden. „Der Erfolg des Menschen setzt sich aus seinen Fehlschlägen zusammen“, schrieb Franziska Hildebrand am Montag nach ihrem vierten Platz in der Verfolgung bei der Biathlon-WM und fügte etwas ironisch an: „Einer muss ja Vierter werden.“

Sie war damit zweitbeste Deutsche im Feld, wie schon am Sonnabend als Zehnte im Sprint. Sie war sich sicher, „zwei gute Rennen“ absolviert zu haben, aber die öffentliche Aufmerksamkeit hatte natürlich Laura Dahlmeier vereinnahmt. Die 22-Jährige war zu Bronze im Sprint und wahnsinnig abgezockt zu Gold in der Verfolgung gefahren. Und Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig prophezeite sogleich: „Wir sehen den Beginn einer großen Karriere.“ Hildebrand steht dort nicht, sondern ist mittendrin. Am 24. März wird sie 29.

Was ihr fehlt, ist Edelmetall im Einzelrennen bei Großevents wie eben einer WM. Am heutigen Mittwoch bietet sich in Oslo (Norwegen) eine erneute Chance: im Einzel, das aufgrund der Nebel-Vorhersage für den späten Nachmittag auf 13 Uhr (live ZDF) vorverlegt wurde. Gerne hätte sich die Köthenerin diesen eigenen Druck, den sie sich aufbaut, gespart. „Ich hätte lieber Bronze und meine angestrebte Einzelmedaille gewonnen“, hatte sie nach dem Verfolger erklärt, als sie auf der Schlussrunde von der Französin Marie Dorin-Habert noch von Rang drei verdrängt wurde.

Die Chancen auf einen Medaillengewinn stehen im Einzel gut, so wie sie in jedem Rennen der Saison gut gestanden haben. Vielleicht liegt darin aber auch die andere Wahrheit dieser WM. „Kann es sein, dass du schon über deiner Topform bist“, fragte einer ihrer fast 31 000 Fans bei Facebook. Bis zum Weltcup in Presque Isle (USA) vier Wochen vor den Titelkämpfen war Hildebrand mit Ausnahme eines Staffelrennens Mitte Januar in Ruhpolding („Da war ich völlig platt“) bei jedem Wettkampf in dieser Saison dabei. Und zuweilen scheint es so, als wäre sie nach dieser langen Etappe noch nicht vollständig regeneriert.

Heute startet sie neben Dahlmeier, Vanessa Hinz und Maren Hammerschmidt in einer Disziplin, die zu ihrer stärksten zählte, bevor sie in diesem Winter im Sprint (zwei Siege) Erfolge feierte. Beim viermaligen Schießen auf der 15 Kilometer langen Distanz wird jeder Fehler nicht mit einer Strafrunde, sondern einer Strafminute bedacht. Hildebrand zählte schon immer zu den besten Schützinnen im Feld, Defizite in der Loipe konnte sie damit kompensieren. Längst aber „funktionieren Schieß- und Laufleistung zusammen besser“, hatte sie im Vorfeld der WM berichtet. Folgt also nach Rang zehn und vier nun die ersehnte WM-Medaille?

Diese Frage sollte sie sich genauso wenig stellen, wie Dahlmeier sich die Frage nach ihrer Favoritenrolle stellt, sondern einfach ihr „Ding macht“ – und damit erfolgreich ist. Oder um es mit dem Physiker Albert Einstein zu erklären: „Kein Problem kann durch dasselbe Bewusstsein gelöst werden, das es geschaffen hat.“