1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Das „Kind“ braucht einen Namen

Rennrodeln Das „Kind“ braucht einen Namen

Der Ilsenburger Rennrodler Toni Eggert und sein Doppelsitzer-Partner Sascha Benecken starten mit einem neuen Schlitten in die Saison.

Von Daniel Hübner 22.11.2016, 00:01

Ilsenburg l Toni Eggert lädt gerne mal zum Fliegen ein. Und mit einem, der einen Schlitten mit 140 Kilometern pro Stunde durch den schmalen Eiskanal pilotieren kann, kann man sich durchaus frei von Ängsten auf Rundreise durch die Lüfte begeben. In jüngster Vergangenheit allerdings hat sich Eggert neue Routen einfallen lassen, er hat nämlich die Lizenz zum Kunstfliegen erworben. „Das ist eine ganz andere Welt“, sagt er und schwärmt über „die unglaublichen Kräfte“, die auf den Menschen wirken, und was er alles beherrschen muss, um dem Bodenpersonal ein Bild seiner Kunst zu schenken. Wenn man beobachtet, wie der 28-Jährige Pirouetten dreht, steile Aufstiege und Sturzflüge bewältigt, dann ist das im ersten Moment tatsächlich beeindruckend. Im zweiten Moment kommt der Gedanke: Zum Glück hat er mich heute nicht eingeladen.

Eggert ist es gewohnt, die Grenzen auszutesten, um eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. An einem Kunstflug-Wettbewerb würde der Ilsenburger (noch) nicht teilnehmen aufgrund der Gewissheit, keine Chance auf den Sieg zu haben. Im Rodeln dagegen kämpft er immer um den Sieg im Doppelsitzer mit dem Suhler Sascha Benecken (26). In der neuen Saison, ihrer siebten im Weltcup, die am Wochenende in Winterberg startet, ist es vor allem der Sieg bei der Weltmeisterschaft in Innsbruck (28./29. Januar).

Durch die Vorbereitung sind beide gesund gekommen. Eine andere Aufgabe müssen sie noch erledigen: Eggert und Benecken wollen ihrem gemeinsamen „Kind“, das in Regel nur Schlitten heißt, einen Namen geben. Vorschläge ihrer Fangemeinde für den blauen Flitzer sind reichlich im Umlauf: „Blue Thunder“, „Blue Rocket“, „Wilde Ilse“ oder „Harz Pils“.

Für eine Namenstaufe hatten sie zuletzt aber wenig Zeit, sie mussten den neuen Schlitten aus der Kooperation mit Thyssen-Krupp in die Spur bringen. Eggert sagt: „Das ist eine wichtige Saison. In diesem Jahr wird der Start in den nächsten Winter vorbereitet, damit wir dort sofort auf das richtige Material zurückgreifen können.“ Die Zeit für weitere Experimente vor den Olympischen Spielen in Pyeongchang 2018 ist knapp bemessen.

Im kommenden Februar werden Eggert/Benecken erste Probefahrten um Weltcup-Punkte in Südkorea hinlegen. „Es ist spannend, alles über diese Bahn herauszufinden, um uns optimal auf Olympia vorzubereiten.“ Zuvor ist aber erstmal WM. Und man müsste meinen, nach drei Vizeweltmeister-Titeln dürften die Chancen auf das erste Gold für den Piloten und seinen „Rucksack“ besonders formidabel stehen: Immerhin haben sie dreimal in Folge in Innsbruck gewonnen. „Deshalb kann ich nicht sagen, die Bahn liegt mir nicht“, erklärt Eggert lächelnd. „Aber man muss sich auch nicht einbilden, dass es zur WM wieder so kommt“, schiebt er ernst nach.

Wie in den vergangenen Jahren wird die Rodelwelt das Duell zwischen Eggert/Benecken und ihren bayerischen Teamkollegen Tobias Wendl/Tobias Arlt zu sehen bekommen, darauf lässt sich die Saison festlegen. Wie in den vergangenen Jahren wird dieses Duell den Kampf um Bahnrekorde, um die Weltcup-Spitze und um den WM-Titel prägen. Und wie in den vergangenen Jahren wird das Duo gewinnen, das „die besten Nerven hat“, ist sich Eggert sicher. Jeder Kunstflug war in diesem Sinne die beste Vorbereitung.