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Ohne seinen Onkel würde es den Handballer Damir Doborac nicht geben Noch ein bisschen Zeit für einen kleinen Schritt

Von Daniel Hübner 12.03.2011, 05:28

Magdeburg. Das ist solch ein Moment, auf den der Handballer wartet, selbst wenn Damir Doborac diesen Moment für sich allein nicht beansprucht. Der Moment dauerte jene letzten 15 Minuten, in denen der 30-Jährige mit sechs Toren seinen entscheidenden Beitrag zum 35:33-Sieg des Bundesligisten SC Magdeburg in Friesenheim geleistet hatte.

"Wir haben alle zusammen zwei Punkte geholt", sagt allerdings Doborac, der über die Saison hinweg mehr im Schatten eines Stian Tönnesen zu finden ist als auf der Platte. Aber jener Auftritt am vergangenen Sonntag, als der SCM "ein bisschen ruhig spielte" in der zweiten Hälfte, dokumentierte seine Bedeutung für das Team.

Wenn es nach seinem Vater Miralem gegangen wäre, wäre Doborac gar kein Handballer geworden, sondern ein Fußballer. Aber das sportliche Sagen scheinen in dieser Familie andere zu haben. Denn mit 14 Jahren holte Onkel Sajo seinen Neffen auf die Platte, dessen Bruder Almir, drei Jahre älter als der Magdeburger, spielt ebenfalls im heimatlichen Gradacac (Bosnien-Herzegowina) in der ersten Liga – als Linkshänder auf Rückraum rechts.

Allzu lange gab es diese Familienbande nicht. Rechtshänder Damir lief im italienischen Prato und im slowenischen Koper auf. Für Sarajevo traf er in der Champions League der vergangenen Saison 60 Mal, über 200 Mal in der Meisterschaft, fast immer als Mittelmann, selten über Rückraum links, wo er spielen kann. Dann rief die Bundesliga, und Bundesliga klingt auch für Doborac wie siebter Himmel. "Das ist eine große Herausforderung", sagt er.

Seine Frau Selma und seine bald zweijährige Tochter Leni fühlen sich wohl in Magdeburg. Trainiert oder spielt er nicht, findet die Freizeit mit der Familie im Stadtpark statt oder sehr gerne auch vor dem Fernseher. Wahrscheinlich erkundet Doborac dann die internationalen Wettbewerbe, an denen er nicht nur am Bildschirm teilhaben möchte. Platz sieben ist das erklärte Ziel des SCM, womöglich reicht der Rang in dieser Saison zur Rückkehr auf die internationale Bühne.

Mit Auftritten wie gegen Friesenheim kann Doborac dazu seinen Beitrag leisten. Im Moment akzeptiert er seine Situation, die durch seine Sprunggelenksverletzung im Januar natürlich nicht besser geworden war. Deshalb musste er auch seiner Nationalmannschaft Bosnien-Herzegowina absagen, er hofft auf seine baldige Rückkehr. Bis dahin geht der Kampf auf deutscher Platte weiter. Kampf gefällt Doborac und dies außerdem: "Wir spielen mit Herz." Um über den derzeitigen siebten Platz hinauszukommen, ist es nur ein kleiner Schritt, weiß er, aber für den "brauchen wir noch ein bisschen Zeit".

Wenn man von einer perfekten Doppelbesetzung reden möchte, trifft dies auf Doborac und Tönnesen zu: hier der kühle, spielintelligente Norweger, da der schnelle, torhungrige Bosnier. Sein Verhältnis zu Tönnesen erklärt Doborac so: "Er ist ein sehr positiver Mensch und ein super Spieler. Aber ich warte auf meine Chance und werde immer alles geben." Gut, dass ihm sein Onkel einst die Chance gegeben hat.