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Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft: Audi startet den Angriff, Mercedes hat den Titel zu verteidigen Die Meisterschaft ohne Favoriten

Von Daniel Hübner 16.04.2011, 06:32

Wiesbaden ist ein Ort der Historie, sozusagen ein "Glücksfall" in der allgemeinen Zerstörungswut des Zweiten Weltkrieges, weil Wiesbaden vergleichsweise glimpflich davongekommen war. Prächtige Alleen wie die Wilhelmstraße, die den romantischen Kurpark streift, zieren das Bild der Innenstadt, Kunst und Kultur sind hier zu Hause. Aber dafür hat sich an jenem 10. April niemand interessiert, als sich die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) in der hessischen Landeshauptstadt präsentierte – vor knapp 120 000 Menschen.

Wiesbaden/Magdeburg. So hatte es sich Mattias Ekström gewünscht: strahlender Sonnenschein, viele Fans, kein Zeitdruck. Und trotzdem hätte es ihm niemand verübelt, wäre er an jenem 10. April nervös zwischen Autogramm-Jägern und Präsentationspodium herumgeirrt. Ekström, der freundliche Schwede, war im lauten Getümmel voll stiller Erwartungen. 24 Stunden nach Wiesbaden hatten es Freundin Heidi und er geschafft: Sohn Mats erblickte das Licht auch der Motorsport-Welt, in der der Name Ekström für Tradition steht, war doch Mattias‘ Vater Bengt bereits ein bekannter Rallyefahrer.

Wenn es eine Vorfreude gab in der Vorbereitung auf die neue DTM-Saison, die am 1. Mai in Hockenheim beginnt, dann war es jene auf Mats, denn Ekström selbst stand physiologisch im Wettlauf mit der Zeit. "Natürlich wäre es schön, ein paar Kilometer mehr zu haben, vor allem mit den neuen Hankook-Reifen", erklärte der Meister von 2004 und 2007 vor einigen Wochen. Die Einheitsreifen dieser Marke sind neben dem Farbdesign der Boliden die einzigen Neuerungen der Saison. Erst Ende März wurde die linke Hand des 33-Jährigen vom Gips befreit, der nach einem Sportunfall nötig geworden war. Dann begann die Reha, nun beginnt die DTM. Zeitdruck wird dann auch für den Audi-Piloten neu definiert.

Die Frage nach den Favoriten der diesjährigen Meisterschaft über zehn Veranstaltungen stellt sich nicht. Teams und Fans wurde vor allem im vergangenen Jahr gelehrt, dass die DTM ihre Spannung bis zum letzten Rennen nicht verliert. Die Frage stellt sich ebenfalls nicht, weil mit Paul di Resta der Meister 2010 im Mercedes in die Formel 1 gewechselt ist. Es ist indes schwer zu glauben, dass sich eine Frau in der Spitze des Feldes einreihen kann. Im Audi startet Rahel Frey (Schweiz) als Neuling, sie ersetzt Katherine Legge (Großbritanien). Die 25-Jährige, im vergangenen Jahr noch bei der FIA GT-Weltmeisterschaft aktiv, sagt: "Mein Ziel ist es, mich zu etablieren" – und vielleicht um Punkte mitzufahren. Der Schottin Susie Stoddart (28) war das im Mercedes im vergangenen Jahr als erste Frau überhaupt auf dem Lausitzring gelungen.

Ekström, Deutschlands liebster DTM-Fahrer Timo Scheider (Audi), schon zum elften Mal seit der Wiederbelebung der Serie im Jahr 2000 dabei, Gary Paffett (Mercedes), Zweiter der vergangenen beiden Jahre, Bruno Spengler (Mercedes) oder der Aufsteiger 2010, Mike Rockenfeller (Audi) – also Audi oder Mercedes? Das ist hier die einzige Frage.

Und sie stellt sich so zum letzten Mal: Denn BMW kehrt 2012 ins Motorsportgeschehen zurück.

Und es ist davon auszugehen, dass auf der 3,696 Kilometer kurzen Strecke in der Motorsport Arena Oschersleben vom 16. bis 18. September nichts entschieden ist. Dann hat übrigens auch die Arena einen Titel zu verteidigen, als Veranstalter des Jahres nämlich. Der Höhepunkt ist in Sicht, Wiesbaden hatte ihn schon – mit 120 000 Fans. Das ist ein starker Anfang in Anbetracht der Tatsache, dass ingesamt 685 000 Zuschauer im vergangenen Jahr zu den Rennen gekommen waren.