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Arena-Geschäftsführer Voss zieht Bilanz 2012 und spricht über die neue Kooperation mit E-Tropolis "Motorsport geht nicht von Null auf Grün"

19.12.2012, 01:21

Ab 1. Januar werden Veranstaltungen für vorerst drei Jahre in der "etropolis Motorsport Arena Oschersleben" ausgetragen. Für diesen Zeitraum gilt der Vertrag zwischen dem Spezialisten für Elektro-Mobilität E-Tropolis GmbH und der Rennstrecke. Wird der Motorsport nun grün, Thomas Voss? Die Sportredakteure Daniel Hübner und Thomas Juschus haben beim Arena-Geschäftsführer nachgefragt.

Volksstimme:Herr Voss, ist Grün Ihre Lieblingsfarbe?

Thomas Voss: Nein, Blau.

Volksstimme:Dann ist es ja beinahe ungewöhnlich, dass Sie sich für einen umweltfreundlichen Namens-Partner entschieden haben.

Voss: Zu einer Partnerschaft gehören immer zwei Parteien. Und ich denke, dass wir nicht nur als Motorsport-, sondern auch als Freizeitanlage nicht einfach über das Thema alternative Energienutzung hinweggehen können.

Volksstimme: Was erwarten Sie sich von dieser Kooperation? Und wirkt sie sich auf den Rennplan 2013 aus?

Voss: In erster Linie ist es ein Namenssponsoring. Aber wir versuchen natürlich, die Partnerschaft mit mehr Leben zu füllen. Wir haben in diesem Jahr im Rahmen der German Speedweek bereits einen Lauf zu den E-Power-Championchips gehabt, wenn auch nur mit wenigen Fahrzeugen. Trotzdem sieht man, dass die Motorsportverbände in die Richtung umweltfreundlicher Motorsport schauen.

"Ich will der Entwicklung nicht hinterherhängen"

Die Weltverband will 2014 eine Formel-Rennserie mit reinem Elektroantrieb austragen, einen Promoter hat man schon gefunden, mit dem wir bereits im Kontakt sind. Ich glaube aber nicht, dass Motorsport von heute auf morgen von Null auf Grün geht. Das wird an ganz anderen Stellen entschieden. Und zwar bei den Fahrzeugherstellern in der Hauptsache, die gucken müssen: Welche Konzepte werden künftig überhaupt nachgefragt? Was ist verkaufbar? Ich will aber letztlich nicht der sein, der der Entwicklung zum grünen Motorsport hinterherhängt. Und dadurch, dass unser neuer Partner in der entsprechenden Hersteller- und Vertriebsbranche integriert ist, haben wir einen sehr guten Einstieg gefunden.

Volksstimme: Und was erhofft sich E-Tropolis?

Voss: Sie haben ein Vertriebsnetz gesucht, wo wir aufgrund unserer über Jahre aufgebauten Kontakte gerade auf dem Motorradsektor sicherlich unsere Stärken haben.

Volksstimme: Wie ist das Paket finanziell ausgestaltet?

Voss: Das Namenssponsoring bewegt sich vergleichbar auf dem Niveau für ein sehr gutes Zweitliga-Stadion. Aber das Paket umfasst zum Beispiel auch eine eigene Rennserie, die wir ad hoc hier installieren könnten, was bei benzingetriebenen Fahrzeugen nicht möglich wäre.

Volksstimme: Blicken wir zurück auf das Rennjahr 2012. Sie hatten sich bewusst gegen einen Lauf der Tourenwagen-Weltmeisterschaft FIA WTCC im Programm entschieden. Hat diese Entscheidung letztlich geschmerzt oder hat Sie Ihnen wirtschaftlich weitergeholfen?

Voss: Da schlagen natürlich immer zwei Herzen in einer Brust. Da ist der sportliche Aspekt, wenn man sagt: Die WTCC fehlt schon ein bisschen im Programm. Da ist aber auch der wirtschaftliche Aspekt: Die Verluste, die man in den Jahren zuvor hatte, sind nicht mehr da. Ich denke, dass es nach dem Ausstieg von Chevrolet schwer wird für die Serie, speziell in Europa noch einen Boden unter die Füße zu bekommen. Die WTCC gibt es seit sieben Jahren wieder, aber sie hat sich schon ein bisschen selbst überholt. Und es ist nicht gut für solch eine Veranstaltung, wenn die Autos beim Händler schon spektakulärer aussehen als auf der Rennstrecke.

Volksstimme: Hat sich Ihre Entscheidung auf die Resonanz bei den anderen Veranstaltungen ausgewirkt? Zum Deutschen Tourenwagen-Masters (DTM) kamen in diesem Jahr so viele Zuschauer wie nie?

Voss: Das glaube ich nicht. Ich denke, dass die DTM aus sich heraus so gut geworden ist durch den dritten Hersteller BMW. Die Steigerung der Zuschauerzahlen sieht man auch durchgängig an allen anderen Rennstrecken. Die nationalen Produkte sind wirklich so gut und werden auch immer besser vermarktet, speziell das ADAC GT Masters, daran hatte es in der Vergangenheit immer ein wenig gehapert.

Volksstimme: Wissen Sie bereits, wie Ihre wirtschaftliche Bilanz 2012 aussehen wird?

Voss: Sicherlich haben wir ein positives wirtschaftliches Ergebnis, weshalb sich Stadt und Land auf unsere Steuerzahlungen freuen dürfen.

Volksstimme: Welche Investitionen sind für 2013 in bauliche Veränderungen geplant?

Voss: Wir sind so gut aufgestellt, dass wir bauliche Veränderungen mittelfristig gar nicht planen. Es war doch so, dass wir vor Jahren noch eine der kürzesten Strecken hatten mit unseren 3,7 Kilometern. Inzwischen wird auch in Hockenheim und am Nürburgring die Kurzanbindung gefahren statt der Fünf-Kilometer-Vollstrecke. Auch am Lausitzring wird mittlerweile eine verkürzte Strecke in der DTM absolviert. Wir sind inzwischen im Mittelfeld.

Volksstimme: Sie kommen gerade von der Motorshow in Essen. Welche Veranstaltungen haben Sie besonders beworben?

Voss: In Essen können wir erstmals den kompletten Kalender für das neue Jahr vorstellen. An zehn Tagen waren fast 350 000 Besucher da, nicht nur Motorsportfans, auch allgemein Fahrzeug-Interessierte. Für die Fans unseres Opel-Treffens ist Essen natürlich die Hausmesse. Das Treffen war auch ein Thema, das wir neben dem ADAC GT Masters und der DTM besonders vermarktet haben.

Volksstimme: Das Geschäft besteht auch aus Vermietung und Testbetrieb. Können Sie das in ein wirtschaftliches Verhältnis setzen?

Voss: Von den Umsätzen als Austragungsort von Motorsport-Veranstaltungen bleibt relativ wenig hängen. Tatsächlich wird über den täglichen Betrieb ein deutlich größeres wirtschaftliches Ergebnis erzielt. Wir haben eine Auslastung von etwa 270 Betriebstagen im Jahr, vielmehr ist auch nicht mehr zu machen. Ich würde sagen: Das Verhältnis liegt bei 30 zu 70 Prozent.

Volksstimme: Wo können Sie den Umsatz noch steigern?

Voss: Die Möglichkeiten, den Umsatz zu steigern, sind da, aber sicherlich nicht mehr im siebenstelligen Bereich. Wir denken auch immer wieder über Veranstaltungen außerhalb des Motorsports nach, wie zum Beispiel Konzerte.

Volksstimme: In diesem Jahr ha die Arena das WM-Prädikat für die Endurance-Motorrad-Serie zurückbekommen. Ist es auch für 2013 bereits gesichert?

Voss: Wir sind regelmäßig in Verhandlungen mit dem Motorrad-Weltverband FIM. Nur ist da keine Automatik drin, dass das Prädikat jedes Jahr nach Deutschland vergeben wird. Man hätte uns dafür gerne, aber auch da kommt der wirtschaftliche Aspekt zum Zuge. Endgültige Verträge sind noch nicht unterschrieben.

Volksstimme: Apropos Vertrag: Der für die DTM läuft im nächsten Jahr aus, wie ist der Stand der Verhandlung?

Voss: Es sieht so aus, dass wir uns mit dem Rechteinhaber ITR geeinigt haben, den Vertrag Anfang des neuen Jahres zu verlängern. Ich kann mir vorstellen, dass der neue Kontrakt wieder über drei Jahre laufen wird. Obwohl man bei der DTM immer schauen muss: Werden künftig mehr Rennen im Ausland gefahren? Sollte sich dieses Verhältnis verschieben, muss man schauen, wo die ITR hinmöchte. Zumindest haben wir die Zusage bekommen, dass man mit uns die Vertragsgespräche führen will.

Volksstimme: Ist die Motorsport Arena DTM-Veranstalter des Jahres 2012 geworden?

Voss: Die Gesamtauswertung ist noch niemandem zugegangen. Aber inzwischen wurde verkündet, dass es keine Serienpräsentation mehr gibt wie in den vergangenen Jahren in Wiesbaden. Da kommen wir natürlich auf das Thema Magdeburg. Solch eine Veranstaltung ist aufwendig, sie kostet auch Geld. Wenn eine Stadt wie Magdeburg sie aber haben möchte, wäre die ITR sicherlich nicht abgeneigt.

Volksstimme: Wer wird Sieger der DTM 2013? Eigentlich wäre nach Audi 2011 und BMW 2012 Mercedes dran, obwohl Jamie Green zum Beispiel zu Audi gewechselt ist ...

Voss: Aber Gary Paffett ist immer gut für eine Meisterschafft. Dafür hat BMW immer noch das neueste und für mich technisch am weitesten entwickelte Auto. Vom Fahrerkader her ist das Feld sehr ausgeglichen. Aber wenn wir alles vorher wüssten, wäre die Saison nicht mehr spannend.

Volksstimme: Vielleicht gewinnt ein blaues Auto? Dann wäre Ihre Freude doch besonders groß, oder Herr Voss?

Voss:(lacht) So sehr bin ich nicht auf meine Lieblingsfarbe fixiert. Die Autofarbe ist mir egal.