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Bob Kugelstoßer im Eiskanal

Mit Christian Jagusch hat der Mitteldeutsche Sportclub einen ehemaligen Kugelstoßer für seine Anschiber-Riege gewonnen.

Von Daniel Hübner 19.11.2017, 00:01

Magdeburg l Christian Jagusch hat ein kleines Zimmer in Erfurt bezogen, direkt am Olympia-Stützpunkt. Die Wege zur Trainingshalle sind deshalb kurz, die Fahrten zu einem der Seen in der Umgebung schon etwas länger. „Ich bin der Typ, der mit seiner Pose an einem See sitzt“, sagte der leidenschaftliche Angler Jagusch, der im Leistungssport gerade seine zweite Karriere begonnen hat. Jagusch gehört zur neuen Generation der Bob-Anschieber beim Mitteldeutschen Sportclub (MSC).

Die Wege zum MSC sind auch relativ kurz: Entweder man ist eine hünenhafte und starke Erscheinung wie Alexander Mair, der im vergangenen Jahr sein Debüt im Eiskanal gegeben hat, und wird an der Bundespolizei-Sportschule in Bad Endorf von Trainer Norman Dannhauer entdeckt. Oder man ist Kugelstoßer wie Jagusch und hat einst in einer Gruppe mit Marko Hübenbecker vom MSC trainiert – damals noch beim SC Neubrandenburg. So kam der Kontakt zu Dannhauer zustande, und Jagusch durfte im August zum Testschieben antreten. „Das sah gar nicht verkehrt aus“, berichtete der 1,90-Meter-Hüne, „ich habe mich dabei auch gut gefühlt, das hat mir Spaß gemacht.“

Die Karriere des Christian Jagusch nimmt also einen nicht unüblichen Verlauf. Jagusch, der deutsche Vizemeister im Kugelstoßen aus dem Jahr 2015, hat in diesem Sport keine Perspektive auf internationalem Parkett gesehen. Die Bestweite des 25-Jährigen steht bei 20,10 Metern, selbst in diesem Jahr hat er noch 20,04 Meter geschafft. „Aber in Europa und in der Welt kommt man damit nicht weit, da fehlen schon eineinhalb Meter. Und einige internationale Konkurrenten sind auch noch ein paar Kilo schwerer und einen Kopf größer. Das sind die Fakten.“ Und diese führten zur Entscheidung, den Untergrund zu wechseln.

Für den Start im Eiskanal „muss ich wieder meine Sprintfähigkeiten aufbauen“, erklärte Jagusch, der auch schon Zehnkampf betrieben hat. „Jetzt komme ich wieder ins Laufen, deshalb ist auch das Training genau meins.“ Und er musste abnehmen: Von 114 Kilo auf unter 110. So will es der Bob- und Schlittenverband (BSD), damit zum Beispiel eine Vierer-Crew das zugelassene Maximalgewicht von 630 Kilogramm inklusive Schlitten (210 Kilo) nicht zu überschreiten droht.

Seine ersten Rennen hat er auch schon bestritten. In der Qualifikation zum Europacup und der Junioren-Weltmeisterschaft fuhr er ein Zweier- und Vierer-Rennen mit Pilot Pablo Nolte (Winterberg). „Mit seinen guten Startzeiten hat sich Christian für den Europacup empfohlen“, sagte Dannhauer, neben EC-Chefcoach Matthias Höpfner der zuständige Bundestrainer. „Das muss auch sein Ziel sein.“ Zumindest in dieser Saison.

An Pyeongchang (Südkorea), wo vom 9. bis 25. Februar die Winterspiele ausgetragen werden, denkt Jagusch natürlich noch nicht. „Ich will erstmal alles langsam anlaufen lassen“, sagte der 25-Jährige. Vor allem muss für ihn noch ein Team gefunden werden. „Momentan probieren wir viele Formationen aus“, sagte Dannhauer. Das gilt indes nicht mehr für Lisa Gericke und Paul Krenz. Wenngleich sich beide MSC-Athleten beim alles entscheidenden Anschubtest am 22. Dezember noch für Olympia präsentieren können, ist ihnen bei guten Startleistungen im EC der Platz bei der JWM im Januar in St. Moritz (Schweiz) sicher: Gericke im Schlitten von Kim Kalicki (Wiesbaden), Krenz in der Mannschaft von Bennet Buchmüller (Winterberg).