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Handball Zeit für einen Titel

Ex-Magdeburgerin Gabi Palme wurde 1993 mit Deutschland Weltmeister. Der Handball hat sie bis heute nicht losgelassen.

Von Janette Beck 05.12.2017, 00:01

Magdeburg l Die deutschen Handball-Frauen konnten den spielfreien Montag ausgiebig genießen. Schließlich hatten sie am Sonntag mit einer kämpferischen Glanzleistung einen 23:18 (11:10)-Erfolg gegen Südkorea eingefahren und damit Kurs aufs WM-Achtelfinale in Magdeburg genommen (Freitag/20.30 Uhr). Doch das erste Etappenziel verloren die Ladies trotz Regeneration nicht aus den Augen: Mit einem Sieg heute gegen Serbien (18 Uhr/Sport1) wäre der vorzeitige Einzug in die K.o.-Runde perfekt.

Gut 500 Kilometer entfernt vom WM-Spielort Leipzig, in Karst bei Neuss, wird Gabi Palme heute Abend neben ihrem Mann Frank auf der Couch sitzen und sich das dritte Vorrundenspiel des DHB-Teams „genüsslich reinziehen“, wie die 53-jährige Ex-Magdeburgerin mit einem heiseren Lachen, heute wie früher ihr Markenzeichen, verrät.

Und es werden geschichtsträchtige Erinnerungen wach: Genau heute vor 24 Jahren wurde die damalige Flügelspielerin des SC Magdeburg mit Deutschland in Norwegen Weltmeister. Trainer damals: Lothar Doering.

Und als wäre es gestern gewesen, hat Palme die Schlüsselszene im hochdramatischen Finale gegen Dänemark, das beim 17:17 in die Verlängerung ging und am Ende mit 22:21 gewonnen wurde, noch immer vor Augen: „Bianca Urbanke überrascht mit einem Hammerwurf in die rechte Ecke die Torhüterin. Im Gegenzug hält Sabine Adamik (ebenfalls SCM/d. Red.) den Schlagwurf von Anja Andersen. Das Spiel ist aus, und wir sind Weltmeister. Und das in der Hochburg des Frauen-Handballs und gegen den Top-Favoriten Dänemark. Wahnsinn!“

Es war der vierte und vorerst letzte WM-Titel für die deutschen Handballerinnen. Doch Palme, die die Biegler-Ladies live beim Länderspiel gegen die Niederlande gesehen hat („Wir waren als Weltmeister-Team zum 100. Geburtstag des deutschen Handballs nach Berlin eingeladen – eine tolle Geste, fand ich.“) traut ihnen einiges zu: „Ich war positiv überrascht. Das war echt Werbung für den Frauenhandball. Die Mädels spielen einen richtig tollen, attraktiven, schnellen Handball. Dass sie so sehr im Schatten der Männer stehen, finde ich einfach schade. Ich drücke fest die Daumen: Wenn nicht jetzt, bei einer Heim-WM, wann dann? Die Zeit für Titel Nummer fünf ist reif.“

Gabi Palme, die beruflich zwischen ihrer Handelsvertretung für Spielgeräte und dem Teilzeitjob als Realschullehrerin für Sport und Geschichte pendelt, hat der Handball nie losgelassen. Nach dem Ende ihrer Karriere 1995 zog sie in den Westen. Bis zur Geburt von Tochter Maxi (heute 20), spielte sie noch in der 3. Liga. Zeitweise trainierte die gebürtige Staßfurterin auch nebenbei die damalige Mannschaft ihrer Tochter. Heute sichtet die Weltmeisterin für den DHB Talente und trainiert die Mädchen-Landesauswahl. „Ohne Handball geht es bei mir nicht.“

Mit einem weinenden Auge denkt Gabi Palme indes an die alten Zeiten zurück. Magdeburg ist ihr fremd geworden. „Das bedaure ich sehr. Aber dadurch, dass beim SCM der Frauen-Handball geerdet wurde, ist alles auseinander gedriftet. Es gibt einfach keinen Bezug mehr.“