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Kanu Explosiv zum Titel

Kanu-Rennfahrer Yul Oeltze vom SC Magdeburg ist neuer Europameister im C2. EIn Jahr nach dem Olympia-Debakel überzeugte nicht nur er.

Von Janette Beck 17.07.2017, 01:01

Plovdiv/Magdeburg l Mit einem breiten Grinsen ist Yul Oeltze am späten Samstagabend in sein großes Bett im Plovdiver Vier-Sterne-Hotel Sankt Peterburg gefallen. Und mit einem breiten Grinsen im Gesicht wachte der 23-Jährige am Ort seines ersten großen internationalen Triumphes auf. „Europameister, das hört sich echt geil an“, gab der SCM-Kanute freimütig und hörbar stolz zu Protokoll. Gemeinsam mit Peter Kretschmer hatte er am Morgen des ersten Finaltages über die olympischen 1000 Meter im C2 losgelegt wie die Feuerwehr. Und nach einem Start-Ziel-Sieg in 3:36,232 Minuten fuhren der Magdeburger und sein Partner aus Leipzig am Ende Gold ein. Eine Sekunde – oder knapp eine Dreiviertel Bootslänge – hinter dem deutschen Boot kamen die Russen Viktor Melantyev/Vladislav Chebotar, die als Vorlaufschnellste als Favoriten ins Rennen gegangen waren, auf den Silberrang. Platz drei ging an die Brüder Nicolae und Sergiu Craciun (Italien) in 3:38,31 Minuten.

Die Renntaktik, so stellten die beiden siegreichen Sonnyboys unter der gleißenden Sonne und 36 Grad im Schatten hinterher klar, sei „voll aufgegangen“. Kretschmer: „Im Vorlauf sind uns die Russen vorne weggefahren, das wollten wir im Finale nicht zulassen. Dass wir aber nach dem Start so deutlich vorne lagen, hat mich dann doch gewundert.“ Auch Oeltze schwärmte nach dem Finale: „Wir konnten unsere taktischen Vorgaben perfekt umsetzen - zum Beispiel, den Start explosiver herausfahren“.

Das klappte so gut, dass der Schützling von Detlef Hummelt sofort ein gutes Bauchgefühl hatte. Auf die Frage, wann er gemerkt habe, dass es zum Sieg reichen könnte, haute Oeltze mit breiter Brust heraus: „Ab dem zweiten Schlag.“ Auf der Strecke haben sie sehr ökonomisch fahren können und trotzdem den Gegner im Kampf Mann gegen Mann weiter unter Druck setzen können, so der Magdeburger. „Am Ende hatten wir dann noch genug Power, um einen starken Endspurt zu fahren, der uns noch weiter nach vorn brachte.“

Auch der Heimtrainer war begeistert. „Hut ab vor dieser Leistung. Ich freue mich für die Jungs, aber auch für unseren Verein“, erklärte der Wolmirstedter, der als verantwortlicher Bundestrainer für die Canadier-Damen das Finale live vor Ort miterlebte. „Die Jungs haben alles aus sich herausgeholt und bis zum Umfallen gekämpft. Die Russen sind ähnlich wie im Vorlauf ein solides Rennen gefahren, aber unsere beiden konnten noch zulegen. Für diesen Einsatz wurden sie mit Gold belohnt.“ Und auch der Coach, der die Canadier-Leistungsklasse des SCM nach der verpatzten Olympia-Saison übernommen hatte, erhielt von Kretschmer, Olympiasieger von London 2012, noch den Ritterschlag: „Am Abend im Hotel kam ,Kretsche‘ mit einem Bier zu mir an den Pool und bedankte sich dafür, dass ich Yul so gut in Schuss gekriegt habe. Das hat mich sehr gefreut, denn ,Kretsche‘ ist sonst nicht der Mann der großen Worte und eher in sich gekehrt.“

Der Zweier war erst im Frühjahr neu formiert worden. Oeltze/Kretschmer, die eine längere Durststrecke hinter sich haben und beide im Vorjahr das Olympia-Ticket verpassten, hatte bereits bei der nationalen Qualifikation ein Zeichen gesetzt, als sie die Olympiasieger Sebastian Brendel und Jan Vandrey (Potsdam) den Schneid abkauften. Saisonhöhepunkt sind die Weltmeisterschaften im August in Rasice (Tschechien). Und so legte Hummelt die Messlatte noch ein Stückchen höher: „Der EM-Titel ist schön, aber kein Grund, die Beine hochzulegen. Jetzt müssen die Jungs auch bei der WM angreifen. Eine Medaille ist das Ziel.“