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Leichtathletik Barthel sprintet um einen Staffelplatz

Sprinter Thomas Barthel (19) vom SC Magdeburg will sich in seinem ersten Jahr in der Elite sogleich für die Europameisterschaft empfehlen

Von Daniel Hübner 23.06.2018, 09:59

Magdeburg l Thomas Barthel steht nicht mit dem linken Fuß als Erstes auf, zieht sich keine verschiedenen Strümpfe an, hört auch keine Musik. Thomas Barthel hat kein Ritual, mit dem er sich auf seine Wettkämpfe einstellt. Er hat aber das dringende Bedürfnis, bei heftiger Sonneneinstrahlung ein schattiges Plätzchen zu suchen, um den Körper vor den folgenden heißen zehn Sekunden ein wenig Kühle zu spenden. Ansonsten läuft der Sprinter des SC Magdeburg einfach – 100 Meter weit, 100 Meter schnell. Und in diesem Jahr vielleicht zur Europameisterschaft in Berlin (7. bis 12. August). Jedenfalls würde Barthel „die Tribüne im Olympiastadion dann gerne von unten sehen“, sagte er.

Seine Premiere bei der Elite wäre der nahtlose Übergang zur Erfolgsgeschichte des vergangenen Jahres. Bei der U-20-EM in Grosseto (Italien) wurde er Europameister in der 4x100-Meter-Staffel. Im Einzel erreichte er Platz vier. Barthel gerät heute noch ins Schwärmen, wenn er an 2017 denkt. „Man wird mehr wahrgenommen, man ist schon ein kleiner Star“, hat der 19-Jährige nach den Erfolgen gespürt.

Vor allem aber spürt er das Vertrauen seines Coaches Eik Ruddat: „Wir haben eine wirklich gute Trainer-Athleten-Beziehung, manchmal reicht nur ein Blick, um uns zu verstehen.“ Für Ruddat ist Barthel ein „dankbarer“ Athlet. „Seine Tugenden sind: sehr gewissenhaft, zuverlässig und pünktlich“, sagt der 40-Jährige. Damit lässt es sich arbeiten.

Alle Jahre wieder richten beide den Fokus auf Start und Ziel: Vor allem auf den ersten Metern „lasse ich zu viel Zeit liegen“, erklärt Barthel. Er kommt noch „etwas träge“ aus dem Block. Bei den ersten Schritten müssen seine Füße schneller Kontakt zur Tartanbahn aufnehmen. Aber er merkt von Wettkampf zu Wettkampf eine Verbesserung. „Meine Schritte werden immer feiner“, betont Barthel. „Er hat sich deutlich gesteigert“, ergänzt Ruddat. Im Ziel indes „muss ich den Körper noch weiter nach vorne nehmen, noch aggressiver werden“, erklärt sein Schützling. Um die Brust noch schneller zur Zeitmessung über die Linie zu bringen.

Um eine Chance auf die EM zu haben, will Barthel eigene Ansprüche erfüllen. Schon am Wochenende bei der Junioren-Gala in Mannheim hat er die Möglichkeit dazu. Seine Saisonbestzeit steht bei 10,41, der persönliche Rekord bei 10,35 Sekunden – seit dem 1. Juli 2017 in Mannheim. Sein Ziel? „Ich möchte in dieser Saison die 10,3 Sekunden unterbieten. Eine Zwei hinter dem Komma sieht netter aus. Und der Schritt zur 10,25 ist nicht mehr so weit“, sagt Barthel. 10,25 Sekunden bedeuten die Norm für den Einzelstart in Berlin.

Für den Staffelstart will er beim Einsatz am 6. Juli in Weinheim überzeugen, so wie er bereits in Regensburg Anfang Juni an Position zwei im Team „einen super Job gemacht hat“, so Ruddat. Und bei den nationalen Titelkämpfen in Nürnberg (21./22. Juli) hat sich Barthel das A-Finale vorgenommen.

Das sind noch einige Aufgaben, die Barthel bis zu einer möglichen Nominierung absprinten muss. Die Einzelzeit ist dabei nicht das einzige Kriterium, auch die Wechselqualitäten sind von Staffel-Bundestrainer Roland Stein gefragt. Wie Barthels EM-Chancen stehen? „Für Thomas ist das erste Jahr bei den Erwachsenen ein Lehrjahr, umso schöner wäre es, wenn sich die Tür für ihn öffnet. Ansonsten aber liegt der Fokus auf 2019/20“, sagt Ruddat. Entsprechend gelassen gibt sich Barthel: „Ich mache mir keinen Druck, ich gehe es locker an.“ Lockerheit ist genauso wichtig wie Schatten vor dem Start.