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Olympia James Bond und gebratene Nudeln

Franziska Hentke und Marcel Hacker vom SC Magdeburg bewegen sich in völlig unterschiedlichen Rhythmen durch das Leben in Rio.

Von Daniel Hübner 06.08.2016, 01:01

Rio de Janeiro l Marcel Hacker kennt zum Glück James Bond, der britische Film-Geheimagent hat den 39-jährigen Ruderer vom SC Magdeburg vor der einen oder anderen Langeweile gerettet. Dazu reichte der Blick auf seinen Laptop, wenn Hacker eine entsprechende DVD durch den Player jagte. Hacker hat in seinem Vier-Mann-Apartment im zehnten Stock des Athletenhauses in Rio de Janeiro auch einen Fernseher – groß und schwarz. Aber seit seiner Ankunft in Rio am Donnerstag vergangener Woche sieht man da: nichts. „Ab dem Wochenende kann man verschiedene Olympia-Channels schauen“, so Hacker, der in Rio seine fünften Spiele erlebt. „Im Vergleich zu den anderen Teilnahmen ist es hier nicht schlechter, aber kleiner.“

Ab diesem Sonnabend spielt sich der Film ja eh in einem anderen Studio ab als dem sterilen Apartment mit hellgrauen Sesseln und weißen Wänden, das er sich unter anderem mit seinem Doppelzweier-Partner Stephan Krüger teilt. Hacker und Krüger starten am heutigen im Vorlauf (16.40 Uhr/MESZ) in der Lagune Rodrigo. Es geht bereits um den Halbfinaleinzug. Dafür haben sie in den vergangenen Tagen ordentlich trainiert. Um 5.30 Uhr klingelte der Wecker. Um 6 Uhr wurde gefrühstückt, um 6.40 Uhr fuhr der Bus. Und je nachdem, wie sich das Gefährt durch Rios Verkehrschaos manövrieren ließ, war Hacker eine knappe Stunde später in der Lagune. Von 8 Uhr bis 13.30 Uhr (einschließlich zweitem Frühstück und Nachbereitung) wurde gerudert. Am Abend wartete die Gymnastik.

Da hatte es Franziska Hentke natürlich besser. „Zehn bis 15 Minuten mit dem Bus sind es bis zum Aquatics Stadium“, berichtete die 27-jährige Schwimmerin. Sie bewegt sich überhaupt völlig anders durchs Leben im Athletendorf als Hacker. „Frühstück ist um 10 Uhr.“ Sie hatte dann ab 13 Uhr und ab 22 Uhr jeweils zwei Stunden Training. Ganz nach den Zeiten ihrer Vorläufe und ihrer Finals. Ihren ersten Vorlauf bei ihrer Sommerspiele-Premiere bestreitet Hentke ebenfalls heute Abend (19.18 Uhr/MESZ) über 400 Meter Lagen.

Aufgrund dieses eigentümlichen Zeitplans, der ganz nach dem Wunsch des amerikanischen Fernsehens erstellt wurde, leuchtet ihr Einzelzimmer im Sechs-Mädchen-Apartment mit zwei Bädern im zwölften Stock „blau-rosa“. So definierte sie zumindest die Farbe der Tageslichtlampen, die auch noch nach frühem Sonnenuntergang und zu später Stunde ihre Lebensgeister bei Laune hält. Was sie sonst noch so macht? „Nichts“, erklärte sie lachend. Außer bummeln durch das Athletendorf, beeindruckt sein „von so unheimlich vielen Menschen, die hier sind“, und zwischenzeitlich in der Mensa gebratene Nudeln nach chinesischem Rezept essen. „Bisher bin ich immer satt geworden“, beteuerte Hentke.

Es möchten mehr als 10 000 Athletinnen und Athleten plus 8000 Ärzte, Übungsleiter und Betreuer in den 31 Hochhäusern mit jeweils 17 Stockwerken und insgesamt 3604 Apartments untergebracht werden. 13 000 Mitarbeiter sorgen sich um das Wohl der Sportler aus mehr als 200 Ländern. Aber nicht alle haben daran womöglich ihren großen Spaß.

In Brasilien spült man das benutzte Toilettenpapier nicht hinunter, man wirft es in den Eimer. „Das war schon gewöhnungsbedürftig. Aber besser so, als wäre das Klo verstopft“, sah es Hentke praktisch. „Andere Länder, andere Sitten. Hauptsache, das Klo hat eine Klobrille“, erklärte Hacker – einen Moment später stiefelte er los auf der Suche nach einer Kraft, die sich im Haus um die Badreinigung kümmert.