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Radsport Der Schattenmann

Zum siebten Mal in seiner Karriere geht am Sonntag der Magdeburger Radprofi Robert Wagner bei der Flandern-Rundfahrt an den Start.

Von Thomas Juschus 31.03.2016, 20:58

Kelmis l Eines ist mal sicher. Am Sonntag steht Belgien kopf: Trotz Terror-Angst und der tragischen Todesfälle der belgischen Profis Antoine Demoitié und Daan Myngheer in dieser Woche werden bei der 100. Ausgabe der Flandern-Rundfahrt an den Straßen der 255 Kilometer langen Strecke Hunderttausende Fans stehen und im radsportverrückten Belgien die Fahrer anfeuern. Auf den legendären Kopfsteinpflaster-Passagen wie Oude Kwaremont, Koppenberg, Eikenberg und Paddestraat stehen schon seit Mitte der Woche die ersten Campingwagen, um sich für den erwarteten Dreikampf von Weltmeister Peter Sagan (Slowakei), Fabian Cancellara (Schweiz) und dem Belgier Sep Vanmarcke die besten Plätze zu sichern.

Mittendrin im Getümmel ist überraschend auch Robert Wagner. Eigentlich war für den Magdeburger ein anderes Rennprogramm in diesem Jahr geplant. Der deutsche Meister von 2011 sollte vor allem wieder seine Stärken als Sprint-Vorbereiter für sein niederländisches Lotto-Jumbo-Team gewinnbringend einbringen. „Bei einigen von uns lief es zuletzt nicht so gut. Am Montag hat mich dann unsere sportliche Leitung informiert, dass ich dabei bin“, sagte Wagner wie immer gut gelaunt. Am Mittwoch stand für den 32-Jährigen, der 2007 sein Debüt bei der „Ronde“ im Trikot von Wiesenhof gab, bereits die Streckenbesichtigung auf dem Programm. Und ein erster Vorgeschmack auf den erwarteten Menschenauflauf, der mit endlosen Kilometern an Absperrgittern im Zaum gehalten werden soll.

Wagner wird so lange es geht seinem Kapitän Sep Vanmarcke nicht von der Seite weichen. Der Belgier war 2014 starker Dritter in Flandern und bestätigte am vergangenen Wochenende seine Top-Form mit Platz zwei bei Gent-Wevelgem. „Ich bin sein Schattenmann. Ich werde so lange wie möglich an seiner Seite bleiben“, berichtet Wagner. Windschatten geben, bei Defekt helfen und den Kapitän wieder heranfahren, die Rennübersicht wahren, vielleicht auch mal eine Flasche holen – das sind die Aufgaben für Wagner. Wenn es rund 70 Kilometer vor dem Ziel zum zweiten Mal über den unter Denkmalschutz stehenden bis zu elf Prozent steilen Kwaremont geht, sind die Besten der Besten wahrscheinlich unter sich. Vanmarcke soll dann noch dabei sein. „Sep ist gut drauf, hat Selbstvertrauen und fährt definitv aufs Podium. Das wäre auch toll für mich“, erklärt Wagner.

Nach den tragischen Terror-Ereignissen von Brüssel und den zwei Todesfällen ist der Radsport relativ schnell zur Tagesordnung zurückgekehrt. „Es ist schon ein komisches Gefühl“, sagt Wagner, seit Jahren Wahl-Belgier mit Wohnsitz Kelmis. Den Flughafen Brüssel kennt er in- und auswendig. Wie Demoitié, dem er mehrfach auf Trainingsfahrten begegnete, ist Wagner 2011 beim E3-Preis von einem Jury-Fahrzeug angefahren worden, aber natürlich trotz Knieproblemen sehr glimpflich davongekommen. „Das alles beschäftigt mich schon. Aber ,The show must go on‘“, sagt Wagner. Und in Flandern wartet am Sonntag auf ihn und den Radsport der größte Theater-Saal überhaupt..