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Schwimmen Allein in den Bergen

Florian Wellbrock vom SCM geht nach geglückter Olympia-Qualifikation gelassen mit dem gestiegenen Medieninteresse um.

Von Daniel Hübner 28.06.2016, 01:01

Magdeburg l Lustige Szene bei den deutschen Meisterschaften im Mai: Florian Wellbrock vom SC Magdeburg hatte gerade die 1500 Meter Freistil mit Olympianorm und neuem Altersklassenrekord absolviert, als sich eine Traube von Journalisten um den Autor dieser Zeilen bildete und zwei Fragen stellte: Wie alt ist Wellbrock? Kommt das Ergebnis überraschend? Die Antworten lauteten: 18. Nein.

Nein, nicht einmal diese 14:55,49 Minuten, die er damals in Berlin erzielte, kamen unverhofft. Das Potenzial hatte sich über Monate angedeutet. „Ich habe vom Gefühl her im vergangenen Jahr viel härter trainiert“, erklärte sich Wellbrock seinen Leistungssprung.

Mit seiner Zeit hat er sich nicht nur auf Platz zehn der Jahres-Weltrangliste, sondern zugleich in die öffentliche Aufmerksamkeit geschwommen. Selbst das Bremer Fernsehen war neulich in Magdeburg, um den gebürtigen Bremer zu porträtieren. „Ab einem gewissen Punkt gehört das mediale Interesse zum Leistungssport dazu“, meinte Wellbrock. „Es nervt nicht. Momentan muss ich sogar darüber lachen. Ich kann es also noch genießen.“

Er genießt gerade alles. Er hat es nach Rio geschafft, weil er auch bei seiner zweiten Olympia-Qualifikation am 9. Juni in Canet (Frankreich) locker-flockig mit 15:00,71 Minuten die Norm erfüllte. „Und das aus dem vollen Training heraus: der Wahnsinn“, war Wellbrock noch Tage später fasziniert.

Ein bisschen Wahnsinn könnte auch das Höhentrainingslager in der Sierra Nevada (Spanien) werden, in das er mit Teamgefährtin Franziska Hentke und Coach Bernd Berkhahn am Sonnabend gereist ist. „Da habe ich ein mulmiges Gefühl“, gestand Wellbrock. „Normalerweise bin ich dort mit den Jungs und habe ständig was zu tun.“ Diesmal ist er vier Wochen lang der einzige Magdeburger Jung auf 2300 Metern über dem Meeresspiegel und zwischen noch höheren Bergen. Lediglich mit der Playstation ausgestattet – und mit einem Buch. „Das wird eine lange Zeit.“

Seine Mutter hat ihm Lektüre auf 256 Seiten mitgegeben: „Olympia für die Hosentasche“ von Timon Saatmann. Mit Anekdoten und Statistiken rundum Gold, Silber und Bronze. An eine Medaille denkt Wellbrock, der am 12. August den Vorlauf bestreitet, nicht: „Aber das Finale ist ein realistisches Ziel.“

Der Einzug in den Endlauf käme für ihn also auch nicht überraschend, Wellbrock wäre dann übrigens immer noch 18 Jahre. Nur lange genießen könnte er weder den Moment, bei seinen ersten Spielen unter die besten acht geschwommen zu sein, noch den Medienrummel danach: Schon am 16. August hat er seinen ersten Arbeitstag als Auszubildender zum Immobilienkaufmann bei der Magdeburger Wohnungsgenossenschaft.