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Schwimmen „Mister Cool“ geht auf Rekordjagd

Florian Wellbrock vom SC Magdeburg will im 800-Meter-Finale bei der WM einfach Spaß haben. Doch auch der deutsche Rekord ist möglich.

Von Daniel Hübner 26.07.2017, 01:01

Budapest/Magdeburg l Man muss jetzt nicht denken, Christian Kubusch, ehemaliger Langstrecken-Spezialist des SC Magdeburg, würde vor dem Fernseher sitzen und um seine deutsche Bestmarke zittern. Bereits seit der Europameisterschaft 2010 steht sein Name in der nationalen Rekordliste – Zeile: 800 Meter Freistil, Zeit: 7:49,12 Minuten. Mit Florian Wellbrock könnte aber nun ein SCM-Hüne der neuen Generation diese Marke am Mittwoch im Finale der Weltmeisterschaften in Budapest (Ungarn) toppen. Kubusch, 29 Jahre, zittert deshalb wirklich nicht, er blickte vielmehr für Wellbrock voraus: „Sein Ziel muss der deutsche Rekord sein.“

Die Kubusch-Story ist nur eine der Geschichten, die Magdeburger über die künftige olympische Distanz geschrieben haben. Eine weitere erzählt Trainer Bernd Berkhahn, der bei der WM 2001 in Fukuoka (Japan) seinen Schützling Heiko Hell vom Elmshorner MTV ins Finale geführt hatte. Damals gehörten die 800 Meter erstmals zum Programm, Hell wurde Siebter in 7:59,47 Minuten. 16 Jahre später begleitet Berkhahn, seit 2012 beim SCM, seinen Schützling Wellbrock in Budapest durch die Woche – als Tribünengast.

Und als dieser sah er am Dienstag im Vorlauf einen Athleten, der „die letzten 200 Meter toll geschwommen ist, der keine Anzeichen von Nervosität gezeigt und seine Aufgabe sehr cool gelöst hat“. Florian „Mister Cool“ Wellbrock, 19 Jahre, zog nach seinem fünften Platz 2015 im Freiwasser über fünf Kilometer diesmal in 7:50,89 Minuten und als Siebtschnellster in seinen ersten Becken-Endlauf bei einer WM ein. Zugleich steigerte er seine Bestmarke um fast fünf Sekunden. Und nicht zuletzt: Er ist damit der erste der 14 deutschen Athleten in Budapest, der ein Finale erreicht hat.

Wellbrocks Clubgefährtin Franziska Hentke will es noch am heutigen Mittwoch erreichen, wenn sie zum Vorlauf und Halbfinale über 200 Meter Schmetterling antritt. Und die 28-Jährige klingt im Vorfeld ebenso entspannt wie Wellbrock. Außerdem startet Aliena Schmidtke in der 4x100-Meter-Mixed-Lagenstaffel.

Wellbrock hat sich über seinen Coup selbst ein bisschen gewundert. „Nach 600 Metern habe ich gesehen, dass ich gut im Rennen liege und habe da auch auf einen Finalplatz gehofft“, sagte er der Volksstimme. „Aber ich war mir fast sicher, dass 7:50 Minuten nicht reichen würden. Umso größer war die Freude, als ich noch im Wasser von meiner Finalteilnahme erfahren habe.“ Und wenn er dort die Vorlaufzeit bestätigen kann, wäre er schon zufrieden. „Ich möchte noch einmal Spaß haben.“

„Mister Cool“ hat aber das Potenzial, auf Rekordjagd zu gehen. Nicht nur, weil er nach seinem schüchternen Auftritt bei den Sommerspielen 2016 gelernt hat, eine beeindruckende Kulisse von mehr als 10 000 Zuschauern, die auch in der Budapester Duna Arena passen, für sich zu nutzen. Sondern weil er noch etwas verbessern kann, wie Berkhahn analysierte: „Florian hat mit seiner Atmung nach außen drei Zehntel pro Bahn verloren, weil er durchs Wegschauen auch etwas den Kontakt zur Spitze verliert.“

Wellbrock startete auf Bahn eins, atmete zum Beckenrand statt zur Mitte, wo die derzeit Besten auf der Strecke kraulten: Sun Yang (China), dreifacher Weltmeister, und Gabriele Detti (Italien), Weltranglisten-Erster. Zudem: „Er kann die zweiten und dritten 100 Meter noch etwas schneller angehen“, so Berkhahn. Insgesamt, so hat es Kubusch gesehen, sei er clever geschwommen und habe sich nicht einschüchtern lassen. „Mister Cool“ eben.