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Sportpolitik Potsdam, Halle oder Magdeburg?

Fünf Bundesstützpunkte haben auf der neuen deutschen Schwimm-Landkarte 2018 ihren Platz gefunden. Einer wird noch gesucht.

Von Daniel Hübner 12.06.2017, 01:01

Magdeburg l Am ersten Tag der deutschen Schwimm-Meisterschaften (15. bis 18. Juni) in Berlin geht es nicht nur um schnelle Zeiten, mit denen die Athleten ihr Ticket für die Weltmeisterschaften im Juli in Budapest lösen wollen. Am ersten Tag laden DSV-Präsidentin Gabi Dörries und Chefbundestrainer Henning Lambertz zudem zu einer Pressekonferenz. Das Thema wurde vom Deutschen Schwimmverband (DSV) zwar nicht angekündigt. Es gibt allerdings einiges zu erklären. Zum einen dürfte Dörries ein halbes Jahr nach ihrer Wahl ins Amt eine erste Bilanz ziehen, zum anderen könnten Ergebnisse eines Vorgespräches zwischen dem DSV und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zur Bundesstützpunkt-Struktur ab 2018 bekanntgegeben werden.

Dieses erste Gespräch findet am Mittwoch in Frankfurt am Main statt. Darin geht es also um die Frage, ob Potsdam oder Magdeburg oder Halle den Zuschlag als Bundesstützpunkt erhält. Dass Potsdam überhaupt wieder um Anerkennung kämpfen muss, beruht auf einem Machtkampf zwischen DSV und Landesschwimmverband (LSV) Brandenburg. Im Januar war Potsdam bereits vom DOSB als Bundesstützpunkt genehmigt worden. Im März allerdings lehnte der LSV Brandenburg den vom DSV präferierten Stützpunkttrainer Jörg Hoffmann ab. Eine entsprechende und standort-notwendige Kooperationsvereinbarung kam deshalb nicht zustande.

Dann hatte sich Brandenburgs Sport- und Bildungsminister Günter Baaske in diesen Konflikt eingeschaltet und zum Versöhnungsgespräch am 11. Mai in sein Haus eingeladen. Mit allen wichtigen Vertretern. Am Ende empfand Baaske das Treffen als „sehr konstruktiv“, wie er den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ erklärte. Ähnlich klang es in Sachsen-Anhalt, allerdings bereits am 31. Januar. „Ich glaube, dass dieses Gespräch sehr fruchtbar war. Die Standorte Halle und Magdeburg sind in ihrer Gemeinsamkeit das Pfund, mit dem wir wuchern können und wollen“, erklärte der Chef des Landessportbundes, Andreas Silbersack, zum damals anvisierten Doppelstützpunkt.

Mittlerweile ist allerdings das Thema Doppelstützpunkt Halle/Magdeburg aus Kostengründen vom Tisch. Inzwischen geht es nur darum, dass überhaupt ein Stützpunkt in Sachsen-Anhalt den Zuschlag erhält. Wie viele Medaillen Magdeburger oder Hallenser Talente bei den jüngsten Jahrgangsmeisterschaften gewonnen haben, spielt dabei keine Rolle, wenngleich beide Standorte damit besser als jeder andere werben könnten: Der SV Halle sicherte sich zuletzt bei den Titelkämpfen in Berlin 40 Plaketten (Platz eins), der SC Magdeburg 37 (Platz zwei). Sachsen-Anhalt war bestes Bundesland. Hauptkriterien für einen Zuschlag sind aber Infrastruktur, Trainingsbedingungen und Anzahl der Bundeskader.

Der sportliche Aspekt wird allerdings beim Geldgeber namens Bundesinnenministerium (BMI) womöglich gar nicht in Betracht gezogen. Das bekamen die Ruderer bei ihrem Gespräch mit dem DOSB zu spüren. In dieser Sparte wird vom BMI nämlich auf den Stützpunkt in Saarbrücken gepocht. Da gibt es zwar gar keinen Bundeskader, dort wurde aber 2015 für 1,8 Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln das Leistungszentrum erweitert. In Magdeburg wird derzeit ebenfalls gebaut: Für 1,64 Millionen Euro entsteht ein neues Trainingszentrum am Standort Seilerwiesen. Ob Magdeburg den Zuschlag als Stützpunkt in Sachsen-Anhalt erhält, ist aber noch nicht entschieden.

Legt man also Investitionen der jüngeren Vergangenheit zu Grunde, haben Potsdams und Halles Schwimmer zumindest gegenüber Magdeburg beste Chancen, den Status Bundesstützpunkt zu erhalten. Erst am vergangenen Mittwoch wurde das 40 Millionen Euro teure Sport- und Freizeitbad „Blue“ in Brandenburgs Landeshauptstadt eröffnet, wo die Athleten ihr neues Zuhause gefunden haben. Im November 2011 war in Halle die neue und zwölf Millionen Euro teure Robert-Koch-Halle eingeweiht worden.

Sollte die Saalestadt oder doch Magdeburg den Zuschlag erhalten, will der Landesschwimmverband am Konzept, mit dem einst um den Doppelstützpunkt geworben wurde, trotzdem festhalten: In Halle trainieren die Sprinter, in Magdeburg die Mittel- und Langstreckler.

Damit würde verhindert, dass sich Athleten im Zuge der von Bundestrainer Lambertz vorangetriebenen Zen-tralisierung des Schwimmens je nach Streckenlänge einem anderen Stützpunkt anschließen müssen. Lambertz hatte von Anfang eine Struktur mit fünf Stützpunkten für Beckenschwimmer bevorzugt. Bislang haben Berlin, Hamburg, Essen und Heidelberg ihren Status sicher – sowie Würzburg für die Freiwasser-Athleten. Die gute Nachricht: Der 46-Jährige hatte unabhängig von der Entscheidung Franziska Hentke, Florian Wellbrock (beide SCM) sowie David Thomasberger und Marek Ulrich (Halle) bereits signalisiert, dass sie an ihren Stützpunkten bleiben dürfen.

Am Mittwoch wird es im Gespräch zwischen DOSB und DSV keine Entscheidung geben, es wird lediglich ein Strukturplan konkretisiert. Das eigentliche Verbandsgespräch findet am 5. Juli statt. Ob an jenem Tag auch Verträge gemacht werden, darf bezweifelt werden, weil auch der DOSB gar nicht weiß, wie viel Geld im Bundeshaushalt 2018 für den Sport zur Verfügung gestellt wird.

Bisher waren es 167 Millionen Euro im Jahr, 39 Millionen mehr sollten künftig im Zuge der im vergangenen Dezember beschlossenen Leistungssport-reform eingestellt werden. Im Haushaltsentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist diese Mehrzahlung jedoch nicht enthalten. Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestages, erklärte gegenüber dem NDR: „Das Spiel beginnt nach der Bundestagswahl neu.“ Die Wahl ist im September. Das einzige, was den Schwimmern also derzeit bleibt, ist die Verunsicherung.