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Boxen Mitten in Olvenstedt werden Weltmeister gemacht Ring frei! SES-Quartett auf großer Welttournee

Von Janette Beck 21.02.2013, 01:18

Im März 2000 wurde von Promoter Ulf Steinforth der Boxstall SES aus der Taufe gehoben. 13 Jahre später steht das Magdeburger Profiboxen in voller Blüte. Gleich vier Faustkämpfer stehen im heißen Vorfrühling vor echten Herausforderungen, denn jedes Mal geht es bei der "Welttournee" um alles oder nichts.

Magdeburg l Das Boxgym von SES, zu dem gestern Medien und Box-Fans eingeladen waren, um einmal hinter die Kulissen zu schauen, liegt von Plattenbauten umrahmt und ganz versteckt mitten in Neu-Olvenstedt. Der triste, mausgraue Sporthallen-Flachbau hat seine besten Tage längst hinter sich. Nichts, aber auch gar nichts deutet darauf hin, dass hinter den Wänden, von denen der Putz rieselt, im Zwölf-Runden-Takt Weltmeister gemacht werden.

Der für die Besucher über Linoleumbelag ausgerollte "rote Teppich" bringt ein wenig Farbe in die spartanisch eingerichteten "Kabinen" und Umkleideräume. Im Zentrum der Halle steht quadratisch-praktisch ein Boxring. Die Wände sind anlässlich des Medientages mit Plakaten dekoriert. Von den Decken baumeln Boxsäcke verschiedenster Größe. Hanteln zieren den Boden. Hier riecht es förmlich nach Arbeit. All das, sowie die gestern zur besonderen Inszenierung in Kostüme gesteckten SES-Trainer, Betreuer oder Teamkollegen vermitteln den staunenden Besuchern vor allem eines: Profiboxer scheinen ein genügsames Völkchen zu sein ...

Der lebende Beweis, dass Weltmeister tatsächlich nicht aus Luxus, sondern aus Schweiß gemacht werden, ist Robert Stieglitz. Hier, in diesen vier Wänden, wurde der 31-Jährige zum WBO-Champion geformt. Hier hat er sich auf alle seine Titelverteidigungen vorbereitet. Und wird derzeit auch die Basis dafür gelegt, dass er den Rückkampf gegen Arthur Abraham am 23. März möglichst gewinnt und sich so seinen WM-Titel zurückholt. "Unser Gym ist völlig okay. Hier haben wir alles, was wir zum Training brauchen. Die Wege sind kurz, und auch zum Essen haben wir es nicht weit, was wollen wir mehr?"

Auch Ramona Kühne, die am 2. März vor der Haustür in Potsdam als erste des SES-Quartetts in den Ring steigt, hat sich in Magdeburg den letzten Schliff geholt. Im Gegensatz zu zwei ihrer drei männlichen Teamkollegen, die nach einem WM-Gürtel greifen, ist das Objekt der Begierde bereits dreifach in ihrem Besitz. Dennoch steht auch die Weltmeisterin der WBO, WIBF und WBF im Superfedergewicht bei ihrer Pflichtverteidigung gegen die Brasilianerin Halanna Dos Santos vor einer besonderen Herausforderung. Denn nach ihrem Kreuzbandriss hat sie fast ein Jahr auf ihr Comeback warten müssen. "Das lange Warten hat endlich ein Ende, ich bin bereit für neue Taten", sagt die SES-Box-Königin und strahlt im Blitzlichtgewitter.

Spot an! heißt es auch für Ex-Weltmeister Jan Zaveck, der zum zweiten Mal ins Box-Mekka USA pilgern wird. Der Slowene, der traditionell zur Vorbereitung und zum Sparring im SES-Gym aufschlägt und wie Stieglitz und Robin Krasniqi von Cheftrainer Dirk Dzemski für den Tag X fit gemacht wird, greift am 9. März in New York nach den Sternen. Der Ex-IBF-Weltmeister kämpft im Weltergewicht gegen den ungeschlagenen Amerikaner Keith Thurman um die Interkontinentale Krone der WBO.

Dass der drahtige Boxer gut in Schuss ist, demonstriert er beim kurzen Tatzentraining. Ebenso macht auch Robin Krasniqi in seinem schwarzen Trainingsanzug eine gute Figur. Er plant den dritten SES-Streich. In London fordert der Halbschwergewichtler am 16. März keinen Geringeren als den WBO-Weltmeister Nathan Cleverly heraus. "Das ist der Tag, an dem mein großer Kindheitstraum in Erfüllung gehen soll", versprüht er beim Interview Optimismus pur.

Mit leuchtenden Augen beobachtet Ulf Steinforth den Rummel um seine Stars. Und nicht nur wegen der kostümierten Leute aus seiner Crew kommt er sich vor wie im Film. "Dass es einmal so kommt und wir vor einem so historischen Monat stehen, hätte ich vor 13 Jahren nie zu träumen gewagt." Den Ritterschlag erhält der SES-Promoter von Jean-Marcel Nartz. Der Box-Experte und SES-Förderer der ersten Stunde war gestern extra aus Köln zum "Media-Day" gekommen: "Vier solche Box-Hochkaräter in einem Monat, das gab es wohl noch nie. Was Ulf hier ohne die Millionen eines TV-Senders auf die Beine gestellt hat, das ist phänomenal. Magdeburg hat allen Grund, stolz auf ihn zu sein."