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Die FCM-Trainer Petersen und Kronhardt bewerten den neuen Wettskandal im Interview "Schwarze Schafe wird es immer geben"

06.02.2013, 01:18

"Ich kann nur den Kopf schütteln", sagte Andreas Petersen, Trainer des Fußball-Regionalligisten 1. FC Magdeburg, nach Bekanntwerden des neuen Wettskandals, unter anderem mit 70 manipulierten Spielen in Deutschland zwischen 2008 und 2011. Sein Kollege Willi Kronhardt (Germania Halberstadt) reagierte weniger überrascht. Sportredakteur Daniel Hübner und Volksstimme-Mitarbeiter Florian Bortfeldt befragten die Coaches.

Volksstimme: Ein neuer Wettskandal überschattet auch den Fußball in Deutschland. Wie bewerten Sie die Situation?

Andreas Petersen: Es ist insgesamt sehr traurig, dass die Mafia inzwischen in fast allen Sportarten auf kriminelle Art und Weise Geld verdient - sei es durch Doping oder durch Wetten. Der Fußball ist in Deutschland unser liebstes Kind, deshalb muss man mit ihm vorsichtig umgehen. Und je höher die Liga, in der eine Manipulation vorliegt, umso drastischer sollten die Strafen sein. Dazu muss man auch Ross und Reiter nennen. Und dann kann es nur eines geben: Ausschluss aus allen Verbänden. Es ist natürlich auch ein gesellschaftspolitisches Pro- blem: Die Spanne zwischen Arm und Reich wird immer größer. Jeder möchte Geld verdienen, um sich etwas zu gönnen - aber nicht auf diese Art und Weise. Ich hoffe nicht, dass durch den neuen Skandal unsere Zuschauerresonanz leidet, weil vielleicht jeder Fan jeden Pfiff eines Schiedsrichters hinterfragt. Ich kann nur appellieren, sich sofort ernst mit dem Thema auseinanderzusetzen und die Betrüger zu überführen. Und da sind alle gefragt: Politiker, Wirtschaftsleute, Funktionäre, Ehrenamtliche, Spieler.

Willi Kronhardt: Genau wie bei den Wettskandalen zuvor: Die ganze Welt schreit groß auf, aber es wird wieder nichts passieren. Es war doch nur eine Frage der Zeit, wann es wieder passiert. Für mich kommt das nicht überraschend. Die vergangenen Vorfälle haben gezeigt, dass unmittelbar danach Veränderungen gefordert wurden, dies und das sollte als Schutz installiert werden. Ebbt dieses Thema erst ab, birgt es wiederum enorm großen Nährboden für Habgier und das Geschäft mit dem schnellen Geld. Das alltägliche Fußballgeschäft überrollt solche Sachen. Das Beispiel des Torhüters Robert Enke zeigt einen ähnlichen Verlauf: Kurz nach seinem Suizid war der Aufschrei nach Veränderungen groß, am Ende ist nichts heraus- gekommen. Es leiden weiterhin viele Fußballer unter psychischen Krankheiten.

Volksstimme: Glauben Sie, dass auch heute noch in Regionalliga-Spielen manipuliert wird?

Petersen: Ich möchte nichts behaupten, was ich nicht beweisen kann. Mein Lieblingsspruch ist ja: Sag niemals nie. Und ich glaube, es gibt eventuell immer noch Menschen, die sich durch die Wettangeboten verleiten lassen. Schwarze Schafe gibt es immer und wird es auch weiterhin geben. Man muss einfach Lösungen finden, wie man Manipulation im Keim ersticken kann.

Kronhardt: Ich persönlich kenne so etwas nicht. Als jemand, der den Sportsgeist in sich trägt, ist es unvorstellbar.

Volksstimme: Würden Sie für die Spieler aus Ihrem Kader die Hand ins Feuer dafür legen, dass sie nicht manipulieren?

Petersen: Zu 100 Prozent kann man das nie sagen, dazu kenne ich ihr Privatleben nicht genug. Ich würde es mir gerne wünschen. Und ich habe ein gutes Gefühl bei meinen Spielern, aber die Hand für sie ins Feuer legen, das mache ich nicht.

Kronhardt: Normalerweise sollte man nie nie sagen. Diese Jungs hier sind aber so sauber, da kann ich es mir nicht vorstellen.

Volksstimme: Welche Folgen hat der neue Wettskandal für den Fußball in Deutschland?

Petersen: Ich hoffe, dass er in Deutschland gar keine Auswirkung haben wird. Ich hoffe, dass die Sponsoren und die Fans weiter an das Gute glauben. Man muss auch sagen, dass die Spieler zu 99 Prozent ehrlich sind. Das andere eine Prozent muss man finden und bestrafen.

Kronhardt: Es wird in erster Linie viel Gesprächsstoff geben. Wie wir merken, keimt er ja gerade auf. Sportler und Funktionäre, die sich manipulieren lassen, sollten sich die Frage stellen, ob sie immer wieder dem Ruf des schnellen Geldes erliegen. Das hat nichts mit Sportsgeist zu tun. Ich verabscheue so etwas. Diejenigen, die tagtäglich hart im Fußballgeschäft arbeiten, fangen sicher an, ihre Arbeit in Frage zu stellen: Wozu macht man das noch, wenn es andere immer über den Haufen werfen?