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Leichtathletik Wrobel vom SCM jagt den Titel

Die Rollen der Magdeburger Leichtathleten bei den deutschen Meisterschaften in Braunschweig sind klar verteilt.

Von Daniel Hübner 07.08.2020, 21:15

Magdeburg l Wenngleich Trainer Ralf Wollbrück keinen seiner Athleten vom SCM am Wochenende am Start hat, wird er dennoch mit einer jungen Dame besonders mitfiebern. Mit Lea Wipper. Die 19-Jährige aus seiner Magdeburger Trainingsgruppe tritt bei den deutschen Meisterschaften in Braunschweig im Speerwerfen für den SC DHfK Leipzig an.

In ihrem zweiten Jahr mit dem 600 Gramm schweren Frauenspeer hat sie sich gleich auf Platz sechs im deutschen Jahresranking geworfen. 56,50 Meter, erzielt am 3. Juli in Halle, bedeuten Bestleistung und sächsischen Landesrekord zugleich. Damit ist Wipper eine Jägerin in Braunschweig. Eine, die an einem perfekten Tag auf einem Platz direkt hinter der Topfavoritin Christin Hussong landen kann. Und Jäger sind auch alle Magdeburger Starter. Bis auf einen. David Wrobel. Er ist der Gejagte.

David Wrobel hat nun den Punkt erreicht, den er Zeit seiner Karriere immer erreichen wollte. Als Jahresbester mit 64,24 Metern in der deutschen Rangliste fährt er zugleich als Favorit nach Braunschweig. Und nimmt diese Rolle an. „Ich bin der Gejagte, und ich fühle mich in der Rolle wohl“, sagt der 29-Jährige vor dem Wettkampf am Sonnabend (18.30 Uhr).

Pünktlich zu den nationalen Titelkämpfen hat Wrobel auch die letzten medizinischen Vorkehrungen getroffen. Er plagt sich seit einigen Wochen, gar Monaten mit Schmerz im Ellenbogen des rechten Wurf-arms herum. Gestern suchte er noch einmal eine Osteopathin auf. „Jetzt fühlt es sich besser an“, berichtet er. An einer Operation nach der Meisterschaft kommt er trotzdem nicht vorbei. „Die freien Gelenkskörper müssen entfernt werden“, so Wrobel. „Das ist aber nur ein kleiner Eingriff.“

Der große Eingriff ist von sportlicher Natur, und er hat zum Ziel: „Ich will deutscher Meister werden. Und es ist umso schöner, wenn dabei eine Jahresbestleistung rauskommt“, betont Wrobel. Da macht es auch nichts, dass der amtierende Meister aus der SCM-Trainingsgruppe, Martin Wierig, sowie Olympiasieger Christoph Harting auf ihren Start verzichten. „Die Chance, den Titel zu holen, war noch nie größer“, sagt der Vizemeister des vergangenen Jahres. „Deswegen freue ich mich auf den Wettkampf.“

Freude empfindet auch Thore Nahrstedt, nicht etwa Anspannung vor der ersten großen Meisterschaft seiner Karriere. „Ich freue mich, mitmachen zu dürfen. Und ich kann locker in den Wettkampf gehen“, sagt der 20-Jährige. Am vergangenen Montag hat er von seinem Start offiziell erfahren. Weil zwei Athleten verzichten, ist Nahrstedt nachgerückt. Dank seiner Bestleistung von 52,49 Metern, die er im Juli in Schönebeck erzielte. In seinem ersten Jahr mit dem zwei Kilo schweren Männerdiskus.

Nahrstedt ist im athletischen Bereich Alleinunterhalter in den Einheiten, im Techniktraining hat sich Coach Armin Lemme seiner angenommen. Und wie Wrobel und Henrik Janssen, der dritte Werfer im SCM-Bunde, will er technisch sauber werfen in Braunschweig. Und: „Ich möchte in jedem Fall eine neue Bestleistung aufstellen“, sagt er.

Denn nach der Weite richtet sich auch sein weiterer Weg: Ein Wochenende später halten die U-23-Athleten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) eine inoffizielle Meisterschaft in Halle ab. „Ob ich dort starten werde, mache ich von meiner Leistung in Braunschweig abhängig“, sagt Nahrstedt, der sich spätestens nach Halle eine Auszeit gönnen wird. „Ich werde mal Abstand von der Leichtathletik suchen, schwimmen gehen, an die Ostsee fahren“, erklärt er. Und dann in Richtung U-23-Saison, die 2021 die Europameisterschaft in Bergen (Norwegen) bereithält, durchstarten.

Janssen wird sicher auch die Nähe zum Wasser suchen. Allerdings nicht in seiner Heimat Ostfriesland. Sondern in Magdeburg, weil Freundin Maria keinen Urlaub mehr hat. „Magdeburg ist auch schön“, sagt er zufrieden. Braunschweig eher nicht, aber das interessiert Janssen natürlich wenig morgen, wenn er sein sportliches Potenzial abrufen will. „Dass so viele abgesagt haben, spielt mir natürlich in die Karten“, erklärt er zu seiner Chance auf ein gutes Ergebnis.

Der 22-Jährige fährt mit einer Bestleistung von 61,16 Metern zur Meisterschaft. „Aber das ist nicht das, was ich eigentlich kann“, ist er sich sicher. Janssen wartet auf den perfekten Wurf. Dafür hat er mit Coach Lemme zuletzt an seiner Technik gearbeitet. Und mit einer stabilen Technik ist er auf alles gefasst. Selbst auf das Podest: „Vielleicht kann ich sogar eine Medaille holen“, sagt er nämlich, „das wäre mega cool.“

Sie kommt ins Fernsehen. Ihr erster Wettkampf vor laufender Kamera. Mit vielen Zuschauern auf den heimischen Sofas, allerdings mit keinem Zuschauer auf der Tribüne der Braunschweiger Arena. „Ich bin nicht nervös“, sagt Jule Steuer vom SCM zwei Tage vor dem Wettkampf. „Das kommt bei mir meistens während eines Wettkampfes.“ Der am Sonnabend um 18 Uhr beginnt.

Steuer und Trainerin Teresa Wagner heizen die positive Anspannung mit Ungewissheit an. „Wir messen nie die Weite“, sagt die 19-Jährige über die Einheiten. Obwohl sie ja nicht zuletzt in dieser Woche auf Weite gestoßen hat mit der Vier-Kilo-Kugel. „Das lief richtig gut“, hat sie dort als Eindruck mitgenommen. Auch ohne konkretes Ergebnis. „Ich hätte die Weiten abschreiten müssen“, meint Steuer lächelnd.

Gemessen wird morgen, idealerweise sechsmal. „Ich möchte mit sechs gültigen Versuchen aus dem Wettkampf gehen“, hat sich Steuer, die mit ihrer Bestleistung von 15,49 Metern als Achtbeste im Feld gemeldet ist, vorgenommen. Dann baut sie auf ihre Drehstoßtechnik, die in den vergangenen Trainingswochen stabiler geworden ist. Und nicht nur das: Allmählich lassen sich ihre einzelnen Versuche mit der gleichen Schablone abbilden. Und vielleicht „geht die Kugel mal richtig weit“, sagt sie mit Blick auf eine vordere Platzierung: „Aber ich bin realistisch. Ich freue mich, wenn ich wieder eine Bestleistung erzielen kann.“ Selbst in Abwesenheit der besten deutschen Athletinnen Christina Schwanitz und Sara Gambetta müsste Steuer schon einen 17-Meter-Stoß liefern, um in Medaillennähe zu kommen.

Wie für Nahrstedt ist auch für Steuer die Meisterschaft der Großen ein Vorgeschmack auf die inoffizielle Meisterschaft der U 23. Denn bis auf die Führende im Qualifikationsranking, Alina Kenzel (18,17), sind alle anderen eine Woche später in Halle erneut am Start. „Das ist für mich der wichtigere Wettkampf“, blickt Steuer voraus. Und nicht nur auf die Meisterschaft an sich. Sondern zugleich auf den Konkurrenzkampf um das Ticket für die U-23-EM in Bergen.

In Bergen könnte auch Lea Riecke im nächsten Jahr starten. Aber das ist gar nicht ihr Ziel. Sie möchte bei den Olympischen Spielen in Tokio springen. Und sie muss sich dafür zunächst in der nationalen Elite beweisen. Die 20-Jährige vom Mitteldeutschen SC hat 2019 bei den deutschen Meisterschaften der Elite bereits Bronze gewonnen, einen ähnlichen Erfolg kann sie sich am Sonntag (ab 17.15 Uhr) auch in Braunschweig vorstellen – und schöpft dafür nicht zuletzt Hoffnung aus ihrem 6,40-Meter-Satz in Chemnitz im Juli.

Gemeldet ist sie nun als viertbeste Deutsche für Braunschweig, und mal abgesehen von Gold für Malaika Mihambo, der keine andere derzeit das Wasser reichen kann, sind Silber und Bronze heiß umkämpft bei den wenigen Zentimetern Abstand zwischen der Konkurrenz in der Meldeliste. „Da ist alles offen, und es wäre toll, wenn ich wieder mit einer Medaille nach Hause kommen würde“, sagt Lea Riecke entsprechend. Und ergänzt: „Ich freue mich auf Braunschweig und bin optimistisch für die Meisterschaft.“ Nicht nur wegen ihrer Hoffnung auf Edelmetall. „Ich möchte den Wettkampf einfach genießen.“