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Rettungsschwimmen Weit weg vom„Baywatch“-Klischee

Die Magdeburgerin Vivian Zander gehört zu Deutschlands schnellsten Rettungsschwimmern und kämpft in der Elbe-Schwimmhalle um Meistertitel.

Von Anne Toss 22.05.2019, 01:01

Halle l Wenn Vivian Zander am Wochenende in der Elbe-Schwimmhalle ins Becken springt, um mit Gurtretter und Flossen eine 50 Kilogramm schwere Puppe ins Ziel zu schleppen, werden auch ihre Großeltern im Publikum sitzen. Zum ersten Mal. „Ich glaube, die können sich immer noch nicht richtig vorstellen, was ich da eigentlich mache“, sagt die gebürtige Magdeburgerin und lacht. Und damit gehören sie – so weit darf man sich wohl aus dem Fenster lehnen – zur Mehrheit.

Rettungsschwimmen findet in der Öffentlichkeit kaum statt. Dabei ist die Wettkampfvariante in Sachsen-Anhalt beliebt, die Sportler sind erfolgreich. 2018 wurde der DLRG-Landesverband Sachsen-Anhalt als bestes Bundesland im Rettungsschwimmen ausgezeichnet. Auf Club-Ebene setzte sich voriges Jahr die DLRG Halle-Saalekreis durch – zum dritten Mal in Folge. Und die hiesigen Athleten sind auch Teil der Nationalmannschaft, wie zum Beispiel Joshua Perling aus Halle. Oder eben Vivian Zander.

Die 20-Jährige kam als Zweitklässlerin zum Schwimmen. In Magdeburg trainierte sie unter Dagmar Hase, besuchte das Sportgymnasium. „Aber irgendwann hat es fürs Leistungsschwimmen eben nicht mehr gereicht“, sagt sie. Über Triathlon und Leichtathletik landete sie dann vor fünf Jahren beim Rettungssport. Erst noch in Magdeburg, mittlerweile startet sie für die DLRG Schloß Holte-Stukenbrock. „Wasser ist einfach mein Element. Und von den Grundlagen, die ich mir durch das Schwimmen angeeignet hatte, profitiere ich bis heute“, sagt sie.

Dieser Weg ist nicht unüblich – aber deshalb noch lange nicht einfach. „Die größte Herausforderung ist ja der Umgang mit den Geräten“, erzählt Zander. In den verschiedenen Disziplinen sind Flossen und Gurtretter im Becken dabei, Rettungsbretter und Rettungsski im Freiwasser. Und die können durchaus zum Knackpunkt im Wettkampf werden.

„Beim Gurtretter muss zum Beispiel ein Karabinerhaken hinter dem Rücken der Puppe geschlossen werden“, erklärt Zander. „Wenn der Handgriff nicht beim ersten Mal sitzt, verlierst du drei Sekunden. Im Schwimmen sind das Welten.“ Selbst das Anziehen der Flossen – allerdings nachdem der Sportler schon 75 Meter geschwommen und 25 Meter eine Puppe geschleppt hat – ist ein Drahtseilakt. „Deshalb werden die auch eingeseift, damit man im Becken möglichst schnell reinschlüpfen kann“, erklärt Zander. Dennoch: „Gerade das macht das Rettungsschwimmen ja so vielseitig. Der Sport ist einfach abwechslungsreich und spannend. Ich könnte mir gar nicht mehr vorstellen, jeden Tag einfach nur Bahnen im Freistil zu schwimmen.“

Was den Rettungssport allerdings nicht ausmacht, kann Zander in einem einzigen Wort zusammenfassen: „Baywatch“. Im Sommer 2017 hat sie sich die Kino-Neuauflage der Kultserie angeschaut. „Danach war ich ziemlich enttäuscht. So wie die Rettungsschwimmer dargestellt werden, hat das nichts mit mir und der Realität zu tun.“ Die Realität für Zander, die mittlerweile in Warendorf bei Münster lebt und zur Sportfördergruppe der Bundeswehr gehört, sieht nämlich so aus: 13 Mal Training pro Woche, täglich zwischen 6.30 bis 18.30 Uhr wechseln sich Kraft- und Wassereinheiten ab.

Zu Hause in Magdeburg ist sie selten, dementsprechend wenig Zeit bleibt auch für Hobbys. „Manchmal denke ich darüber nach, dass ich eigentlich noch nie auf einem Festival war. Zumindest nicht für mehrere Tage“, sagt Zander, „aber andererseits reicht mir da auch ein Tag. Die ganze Arbeit, die ich hineinstecke, soll sich ja auch auszahlen. Da will ich nicht als Zweite oder Dritte auf dem Podium stehen.“