1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Historischer Sieg für Eggert

Rodeln Historischer Sieg für Eggert

Es wurde eine historische WM für Toni Eggert: Der vierte Titel in Serie hat ihm einen Eintrag in die Geschichte seines Sports beschert.

Von Daniel Hübner 01.02.2021, 07:33

Königssee l Drei Stunden nach dem historischen Jubel stand Toni Eggert bereits in der Garage des Hotels „Fischer“ in Berchtesgaden und bastelte sein Goldgerät wieder zusammen. Solch ein Schlitten wird nach einem Rennen ebenso auf Herz und Nieren überprüft wie der Rodler auf Doping. „Diesmal musste ich sogar eine Blut- und Urinprobe abgeben“, berichtete der Ilsenburger. Sein Schlitten wurde indes aus- einandergenommen, geprüft, gewogen und dem Reglement entsprechend für geeignet erklärt. Weshalb Eggert und sein Doppelpartner Sascha Bene-cken endgültig feiern durften.

Als sich Eggert dann am Samstagabend gegen 20.20 Uhr am Volksstimme-Telefon meldete, klang er längst angekommen in der Gewissheit, sich neun Stunden zuvor und am Königssee einen Eintrag in der Geschichte des Rodelns gesichert zu haben: Vier Doppelsitzer-Titel bei einer Weltmeisterschaft haben vor ihm nur Stefan Krauße/Jan Behrendt und Patric Leitner/Alexander Resch gewonnen. Aber keiner viermal in Serie. „Das ist ein unglaubliches Gefühl“, sagte Eggert. Und: Mit dem Silbergewinn gestern im Teamwettbewerb mit Weltmeisterin Julia Taubitz und Vizeweltmeister Felix Loch holte das Duo zudem seinen insgesamt neunten Titel und die 15. WM-Medaille. Auch mit diesen Zahlen stehen sie an der Spitze der Historie.

Was irgendwie routiniert klingt, ist tatsächlich ein immerwährender Kampf gegen die Bahn, um den schnellsten Schlitten, gegen die Konkurrenz, die in diesem Winter quantitativ wie qualitativ zugelegt hat. „Sechs Schlitten können vorne reinfahren“, hat Eggert im Saisonverlauf beobachtet. Wobei das ewig spannende Duell mit den bayerischen Konkurrenten Tobias Wendl/Tobias Arlt gerade zu den Höhepunkten dem Wettbewerb seinen Stempel aufdrückt. Die Olympiasieger Wendl/Arlt hatten auf ihrer 1237 Meter langen Heimbahn am Freitag vorgelegt mit Gold im Sprint, Eggert/Benecken blieb Bronze – und viel Verwunderung. „Im Vergleich zur Qualifikation war das Feld viel enger zusammengerückt“, erklärte der 32-jährige Pilot.

Benecken und er hatten bereits an ihrer Strategie am Start gezweifelt. Elf Paddelschläge sollten es auf den ersten Metern sein, um mit der besten Geschwindigkeit in die lange Bahn einzukehren. Daran hielten sie letztlich fest – nachdem Eggert zwischen Sprint und olympischem Rennen den Schlitten neu eingestellt hatte.

„Ich hatte mir nach dem Sprint die Bahn angeschaut“, berichtete er. „Es hatte sich eine raue Oberfläche gebildet, das Eis hatte nachgelassen. Dadurch haben wir auch Fehler gemacht. Und ich wusste, wir sind machtlos, wenn das noch einmal passiert.“

Mit diesen Gedanken sind Eggert/Benecken ins Rennen am Sonnabend gegangen. Athletisch stark brachten sie als zweite Starter den Schlitten auf Tempo, führten zur ersten Zwischenzeit mit 0,042 Sekunden, erzielten den Topspeed mit 112,6 Kilometern pro Stunden. Und leisteten sich eine kleine Bande und einen Drift, was letztlich den Vorsprung im Ziel auf zwei Tausendstelsekunden reduzierte. Auf fünf Zentimeter also. Zwischenzeitlich, auf der langen und krummen Gerade, war Toni Eggert kurzzeitig ein wenig das Herz in die Hose gerutscht ob des hohen Tempos, mit dem er durch den Kanal rauschte. „Wir hatten uns ins Ziel gerettet“, gestand er am Abend lächelnd.

Eggert hat dann sofort den Fokus auf den zweiten Lauf gelegt. „Ich konzentriere mich allein auf das, was als nächstes kommt“, erklärte er die Phase vor dem zweiten Lauf. „In solch einer Situation spürt man den Druck, die Nervosität ist da.“ Und der knappe Vorsprung ist „durchaus ein Vorteil, weil man weiß, dass man noch einmal alles geben muss. Und dann lebe ich meine Aggressivität am Start aus.“

Wieder mit elf Paddelschlägen, mit einem Husarenritt auf dem erneut nachlassenden Eis. Dennoch sagte Eggert: „Das waren für alle gleiche und faire Bedingungen. Die Bahncrew hat genial gearbeitet, nachdem es die Nacht zuvor geregnet hatte.“ Und damit den Weg zum vierten Titel zusätzlich geebnet. Eggert/Benecken gewannen in 1:39,931 Minuten, mit 0,155 Sekunden (knapp 3,9 Meter) vor Wendl/Arlt und 0,660 vor den Letten Andris/Juris Sics.

Druck durften die Sieger also bereits für den nächsten Höhepunkt üben – die Winterspiele 2022. Wenngleich Eggert gar nicht auf seinen dritten Olympia-Start vorausschauen mag. „Wir kennen die Bahn noch nicht. Und wer weiß, ob die Spiele in Peking überhaupt stattfinden können“, sagte er ob der derzeitigen Corona-Pandemie. Zumindest hat die WM am Königssee stattgefunden. Zum historischen Glück für Eggert.