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Boxen Abraham muss aufgeben / Magdeburger wieder Weltmeister Stieglitz sorgt für "blaues Wunder"

Von Janette Beck 25.03.2013, 01:15

Robert Stieglitz hat in einem Handstreich die Einmarschmusik von Weltmeister Arthur Abraham ("Hall of Fame" von The Script) zu seiner Siegerhymne gemacht: Der Magdeburger kehrt mit dem WM-Titel in die Ruhmeshalle der Box-Champions zurück.

Magdeburg l Es war 23.39 Uhr, als Robert Stieglitz die Fäuste in den imaginären Magdeburger Nachthimmel reckte. Für einen Moment schien die Welt stillzustehen. Der vor sieben Monaten von "King" Arthur Abrahman entthronte alte-neue WBO-Weltmeister schloss die Augen und kostete unter "Oh wie ist das Schön"-Gesängen des Publikums in der ausverkauften Magdeburger Getec-Arena den Augenblick vollkommener Glückseligkeit aus. Dann brach über den 31-Jährigen ein Tsunami der Freude herein. Im Adrenalin-Rausch verloren einige Vertreter seiner Ecke die Contenance. Irgendwo brüllte jemand: "Das war\'s Abraham, die Millionen sind futsch!"

Der Boxer vom Sauerland-Stall, dem eine lukrative Verlängerung seines 2014 auslaufenden Vertrages gewinkt hatte (ein Sieg gegen Stieglitz vorausgesetzt), hatte in Magdeburg sein "blaues Wunder" erlebt. Und das ausgerechnet auf jene Art und Weise, die seine Behauptung ("Stieglitz wirft zwar nicht mit Wattebäuschen, aber er hat nicht die Power, um mich zu bezwingen") ad absurdum führte. Abrahams linkes Auge war nach einer messerscharfen Rechten des permanent attackierenden Herausforderers so stark zugeschwollen, dass er nach einem Veto des Ringarztes zur vierten Runde nicht mehr antreten konnte.

Später in der Pressekonferenz erklärte der 33-Jährige, das zugeschwollene Auge hinter einer dunklen Sonnenbrille versteckend: "Wer gewonnen hat, der hat gewonnen. Das muss ich anerkennen. Ich hatte einfach Pech, so eine Verletzung habe ich noch nie gehabt." Der Ringrichter habe "die richtige Entscheidung" getroffen. "Ich konnte mit dem linken Auge nichts mehr sehen. Die Gesundheit geht vor."

Stieglitz hatte in seinem "Wohnzimmer" ganze Arbeit geleistet. Er hatte den seinen alten Stiefel boxenden Abraham überrumpelt. Und er hatte seine taktische Linie diesmal nicht verlassen: "Ich habe das umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten. Und Arthur hat das Spielchen mitgespielt. Ich wollte ihn mit meinem Druck brechen. Das habe ich geschafft."

Auch Stieglitz\' Mentalcoach Jörg Schmietendorf, der versucht hatte, seinen Schützling bei einem Morgen-Spaziergang in eisiger Kälte sowie mit einer stündlichen Erinnerung per SMS ("Schlau boxen!!!") auf das Wesentliche zu fokussieren, strahlte über beide Ohren. "Das war ein ganz anderer Robert als der in Berlin. Da war von Beginn an volle Konzentration, die Körpersprache stimmte, in der Ecke war Leben - genau so haben wir uns das vorgestellt."

Derweil stellte Promoter Ulf Steinforth die "tolle Teamarbeit im Familienbetrieb SES" heraus. Und er verlieh dem Publikum Gold: "Magdeburg stand wie eine Riesenwand hinter Robert. Das war Wahnsinn."

Dass nach dem Rematch sofort der Ruf nach einem dritten Kampf laut wurde, kam nicht unerwartet. Stieglitz beantwortete die Frage noch im Ring. "Immer wieder gern." Auch Abraham erhob Ansprüche: "Ich habe Robert die Chance zur Revanche gegeben und jetzt hoffe ich, dass ich sie auch bekomme. Es steht jetzt 1:1, der dritte Kampf entscheidet."