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Springen von der Großschanze "Unbeschreibliche Spiele" für Wellinger - Silber nach Gold

Ganz entspannt fliegt Schanzen-Ass Wellinger in Pyeongchang zu seiner nächsten Medaille. Zu einem weiteren Olympiasieg fehlen dem Bayer nur zwei Meter. Der Fokus gilt nun aber schon der erneuten Gold-Chance.

Von Patrick Reichardt, dpa 17.02.2018, 16:00
Kamil Stoch aus Polen feiert auf den Schultern seiner Mannschaftskollegen seine Goldmedaille. Foto: Daniel Karmann
Kamil Stoch aus Polen feiert auf den Schultern seiner Mannschaftskollegen seine Goldmedaille. Foto: Daniel Karmann dpa

Pyeongchang (dpa) - Nach seinem nächsten Olympia-Erfolg wollte es Andreas Wellinger gemütlich angehen lassen. Statt rauschender Sause im Deutschen Haus stand für den Olympiasieger von der Normalschanze in Pyeongchang nach Silber von der großen Schanze schon der nächste Wettkampf im Fokus.

"Oa Weißbier geht scho'", merkte der 22 Jahre alte Bayer schnippisch an, nachdem er sich in einem packenden Wettbewerb nur Polens Star Kamil Stoch geschlagen geben musste.

Wellinger wirkte zu mitternächtlicher Stunde gelöst und beantwortete schon auf dem Pressepodium die ersten Glückwunschnachrichten auf seinem Handy. "Die Spiele bis jetzt sind unbeschreiblich. Dass ich wieder zur Siegerehrung darf, ist der absolute Wahnsinn", sagte Wellinger, der eine Woche zuvor Gold geholt hatte.

Doch schon am Montag (13.30 Uhr/MEZ) sind die DSV-Springer im Team wieder gefordert. Gegen die starken Norweger und die von Stoch angeführten Polen müssen Wellinger und Co. Bestleistung zeigen, um ein weiteres Mal im Alpensia Nordic Park jubeln zu dürfen. "Ich denke, wir können um eine weitere Medaille kämpfen", meinte Wellinger.

Freudestrahlend hüpfte Deutschlands stärkstes Schanzen-Ass auf das  Siegerpodest, die Erleichterung war ihm anzumerken. Seinen Schlüssel zum nächsten Erfolg bei den Winterspielen in Südkorea beschrieb er so: "Ich war total relaxed und habe einfach versucht, das richtige Gefühl zu kriegen. Das hat geklappt", erklärte der Skispringer, der im Sommer nach München gezogen ist und in den vergangenen zwölf Monaten zum Elite-Adler aufgestiegen ist. Auf Trainingssprünge zwischen den beiden Wettkämpfen wollte Wellinger am Sonntag verzichten.

Nach Flügen auf 135,5 und 142 Meter durfte er kurzzeitig sogar auf Gold hoffen, doch der historische Tournee-Vierfachsieger Stoch setzte sich mit seinen starken Nerven einmal mehr durch und holte wie 2014 in Sotschi Gold. "Der Kamil hat es verdient", bemerkte Wellinger, der mit seinem Rivalen im Auslauf flachste, voller Anerkennung. Für Stoch war es der dritte Olympiasieg und nach dem Tournee-Erfolg ein weiterer Höhepunkt seiner großartigen Saison.

"Es waren zwei Top-Sprünge. Es ist ein Riesenerfolg für den jungen Burschen und für das ganze Skisprung-Deutschland", bilanzierte Bundestrainer Werner Schuster über Wellinger. "Gold und Silber im Einzel. Es ist cool, ihm zuzuschauen. Der zweite Sprung war genial. Er hat es spannend gemacht", sagte Teamkollege Richard Freitag, der mit Rang neun erneut an den vorderen Rängen vorbei sprang. Bronze holte sich der Norweger Robert Johansson, der schon auf der Normalschanze den dritten Platz belegt hatte.

Auch Wellinger kann nach seinem nächsten Edelmetall auf eine stattliche Olympia-Ausbeute verweisen. Es war trotz seines jungen Alters schon die dritte Medaille seiner Karriere - und das muss noch nicht das Ende gewesen sein. Schließlich wartet am Montag noch die Entscheidung in der Mannschaft, bei der Wellinger und Co. vor vier Jahren gewonnen hatten. "Wenn jeder die Leistung bringt, müssen sich die Anderen lang machen, um uns zu schlagen", sagte Wellinger. Denn Karl Geiger als Sechster und Markus Eisenbichler auf Rang 14 machten Hoffnung auf mehr.

Andere Sieganwärter hatten im Einzel schon im ersten Durchgang ihre Chancen auf eine Medaille verspielt, wie etwa Freitag als Elfter oder Daniel Andre Tande auf Platz 15. Da brachte dem Norweger im zweiten Durchgang auch ein 138,5-Meter-Sprung nichts mehr - am Ende war er Vierter. In umgekehrter Reihenfolge musste Wellinger von den Top Drei als Erster vorlegen, und er lieferte eindrucksvoll ab. Mit 142 Metern setzte er die Konkurrenz unter Druck, doch Stoch konterte cool.

Die deutschen Skispringer haben damit die Ambitionen in dieser Saison schon weit übertroffen. Eine Medaille im Einzel und eine im Team waren für Pyeongchang angepeilt, nun hat Wellinger dem ersten Einzel-Olympiasieg seit Jens Weißflog 1994 ein weiteres Mal Edelmetall folgen lassen. Auch bei der Skiflug-WM, als Freitag Bronze holte, und bei der Vierschanzentournee, die Wellinger als Zweiter beendete, sprangen die Akteure von Coach Schuster ganz vorne mit.