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Handball-BundesligaSCM siegt mit Routine in Neuhausen / Fans feiern junges Team trotz Niederlage Wenn zwei Welten aufeinandertreffen ...

24.12.2012, 01:29

Es war eigentlich eine ganz normale und auch so verlaufende Partie in der Bundesliga, als sich der SCM in der Tübinger Paul-Horn-Arena mit Gastgeber TV Neuhausen duellierte. Doch bei genauem Hinsehen prallten hier zwei Handball- Welten aufeinander.

Von Janette Beck

Magdeburg/Tübingen l Ohne großes Federlesen hatten die Magdeburger am Freitagabend das erste Spiel der Bundesliga-Rückrunde über die Bühne gebracht. Das Ergebnis von 32:26 (16:13) entsprach den Erwartungen. Und auch, dass sich die Magdeburger spielerisch kaum besser präsentiert hatte als zwei Tage zuvor bei der knappen 26:28-Niederlage in Göppingen, konnte die wenigen mitgereisten SCM-Fans, die die Tour durchs Schwaben-Ländle mitgemacht hatten, nicht überraschen.

Ähnlich abgeklärt sah auch Trainer Frank Carstens die Partie. "Weil das begeisterungsfähige Publikum für viel Druck in der Halle sorgt, wollten wir hier Präsenz zeigen. Das ist uns in der ersten Halbzeit nicht so gut gelungen", erklärte der 41-Jährige nach dem Abpfiff. Mit Blick auf die Ballverluste und einfachen Gegentreffer hatte er seinem Team in der Pause vor Augen geführt, "dass von den insgesamt 29 gefallenen Toren in der ersten Halbzeit wir für 20 selbst verantwortlich waren".

Die Kabinenpredigt hatte Erfolg: In der zweiten Hälfte stellten die Magdeburger nach einem Zwischenspurt schnell klare Verhältnisse her. Carstens: "Da konnten wir dann unsere physischen Überlegenheit in der Verteidigung ausspielen."

Ein Spiel der krassen Gegensätze

Überhaupt war es ein Spiel der krassen Gegensätze zwischen SCM und Neuhausen: Ligaalltag trifft auf Abenteuer, Fünf-Millionen-Etat auf ein Budget von 880 000 Euro, Handballprofis auf Studenten und Schüler, Routine auf Spaß-Handball, erfahrene und abgezockte Spieler auf "junge Wilde" (Durchschnittsalter 22,8 Jahre), die vor Ehrgeiz sprühen und dennoch immer wieder viel Lehrgeld zahlen. Und so entstand nach dem Abpfiff ein scheinbar irreales Bild: Auf der einen Seite ein Sieger, der nicht jubelte, auf der anderen ein Verlierer, der noch eine halbe Stunde nach Spielende von den zu Hunderten beim Bierchen zusammenstehenden Fans für seinen beherzten und frechen Auftritt lautstark gefeiert wurde.

Dazu passte dann auch die Aussage von TV-Trainer Markus Gaugisch, im Hauptberuf Gymnasiallehrer, der das "Mitleid" und Bedauern, dass Weihnachten für ihn und seine Jungs quasi ausfällt, nicht nachvollziehen konnte: "Im Gegenteil, wir freuen uns riesig auf das Spiel bei den Füchsen Berlin. Für uns gibt es nichts Schöneres, als in der 1. Liga aufzulaufen und uns mit den Besten in der stärksten Liga der Welt zu messen und zu lernen. Und ich wünsche mir, dass die Rückrunde ideal läuft und wir noch ein weiteres Jahr oben mitspielen dürfen", so der Coach, der von Carstens einen Ritterschlag erhalten hatte: "Neuhausen ist das Team, das die größte Entwicklung genommen hat."

Derweil sah Moritz Schäpsmeier nach der Partie keinen Grund, vor der couragierten Leistung der Youngsters aus Neuhausen den Hut zu ziehen. "Ich schaue nur auf uns." Dennoch sah er "schon ein paar Parallelen zu meinen Anfangsjahren".

Das Urteil über die Vorstellung beim Aufsteiger fiel ebenso nüchtern aus. "Unterm Strich haben souverän gewonnen", so der Linkshänder, dessen eigene Leistung eine Kopie dessen war, was sein Team in den zwei Halbzeiten gezeigt hatte: Durchwachsener Beginn (11:10/22. Minute), dann ein Zwischenspurt" vom 16:15 auf 22:15 (40.), der Rest war Routine, Cleverness und Erfahrung.

So stand der SCM früh als Sieger fest - und Schäpsmeier, der zunächst unsicher wirkte und einige Ballverluste und Fehlwürfe produzierte, stand am Ende auf der Torjägerliste mit fünf Treffern sogar ganz oben. Es sei zu erwarten gewesen, dass die Neuhäuser nachlassen würden, weil einige aufgrund der Ausfälle durchspielen mussten, so der Rückraumspieler. "Wir wussten, dass wir die Konzentration im Angriff hochhalten und in der Abwehr bis zum Ende kompakt stehen müssen. Und so kam es auch, ein Zwischenspurt reichte, um das Ding zu ziehen."