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Tischtennis-Team-EM Boll, Ovtcharov, Franziska: Drei Freunde und Konkurrenten

Bei der Team-Europameisterschaft in Nantes sind die deutschen Tischtennis-Stars wieder der große Favorit. Sie haben jetzt mit Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov und Patrick Franziska gleich drei Weltklasse-Spieler - aber genau deshalb auch eine neue Situation.

Von Sebastian Stiekel, dpa 02.09.2019, 09:50

Nantes (dpa) - Es ist wieder Mannschafts-EM im Tischtennis, und in Frankreich, Schweden oder Portugal löst das jedes Mal den Gedanken aus: Sollen wir den Pokal nicht gleich mit der Post ins Deutsche Tischtennis-Zentrum, Ernst-Poensgen-Allee in Düsseldorf schicken? Sieben der vergangenen neun Turniere hat die deutsche Mannschaft gewonnen.

Und sie ist auch beim am Dienstag in Nantes beginnenden Turnier wieder der klare Favorit, weil sie mittlerweile aus drei statt wie früher nur aus zwei Weltklasse-Spielern besteht. Neben Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov gehört nun auch Patrick Franziska zu den Top 15 der Weltrangliste. "Für uns zählt bei der EM nur der Titel", sagte Boll vor dem ersten Vorrunden-Spiel am Mittwoch gegen Tschechien.

Dem deutschen Team eröffnet diese Leistungsdichte "vielleicht eine so große Chance auf den ganz großen Coup wie noch nie", sagte der große Aufsteiger Franziska der Deutschen Presse-Agentur. Denn die laufende Saison mit Europameisterschaft und European Games ist nur das Warm-up für das sportlich bedeutsame Jahr 2020: Dann finden nacheinander die Mannschafts-WM in Südkorea und die Olympischen Spiele in Tokio statt.

Zu den Besonderheiten im Tischtennis gehört aber nicht nur, dass die unterschiedlichen Verbände den Terminkalender mit unterschiedlichen Turnieren vollstopfen. Sondern dass diese unterschiedlichen Meisterschaften dann auch noch in unterschiedlichen Modi ausgetragen werden. Bei der EM besteht ein Match aus drei Einzeln, bei Olympia dagegen wird es mit zwei Einzeln und einem Doppel ausgetragen.

Das führt dazu, dass aus dem Trio Ovtcharov, Boll und Franziska in Tokio immer einer auf der Ersatzbank sitzen muss. Und das wiederum führt zu der Frage: Was macht das aus einem Team, wenn drei Spieler seit Jahren eng befreundet sind, immer ihren festen Platz in diesem Team hatten - und jetzt auf einmal auch zu Konkurrenten werden?

Zum ersten Mal wurde dies deutlich, als Ovtcharov vor einer Woche bei den Czech Open auf Franziska traf und überraschend deutlich in 4:0 Sätzen gewann. "Wenn man immer gesetzt war und dann in einer Phase direkt auf jemanden trifft, der gerade nach oben drängt – da muss man ehrlich sagen: Ja, da habe ich Druck gespürt", sagte der ehemalige Weltranglisten-Erste der dpa. "Ich habe den Druck gespürt, dieses Spiel gewinnen und etwas Ruhe in die Thematik bringen zu wollen."

Denn eines ist für Ovtcharov klar: "Von 2013 bis 2018 war ich durchgehend die Nummer eins in Europa. Allein, dass der Gedanke aufkommt oder dass ich die Frage gestellte bekomme, bei Olympia vielleicht nicht im Einzel dabei zu sein, ist für mich ganz neu. Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn das aus irgendeinem Grund nicht klappen sollte, wäre das natürlich eine unfassbare Enttäuschung für mich."

Die drei deutschen Stars ergänzen sich als Team auch deshalb so gut, weil sie im Kern sehr unterschiedlich sind. "Dima, der mit seinem Ehrgeiz viel fordert. Timo, der eine große Ruhe hat. Patrick, der jetzt Druck macht", erklärte Bundestrainer Jörg Roßkopf.

Ovtcharov war deshalb auch der Erste, der unumwunden sagte: "Jeder muss extrem gut trainieren und spielen. Ich persönlich glaube, dass dieser Druck helfen kann, dem Druck bei Olympischen Spielen gewappnet zu sein. Denn dann hat man es schonmal geschafft, dem internen Druck standzuhalten - so wie das bei den Chinesen immer der Fall ist."

Jetzt beginnt aber erst einmal die EM und zumindest der Bundestrainer ist da in einer Luxussituation: "Ich bin froh, dass wir so viele gute Spieler haben", sagte Roßkopf ganz entspannt. Die deutschen Männer spielen in einer Gruppe mit Tschechien und Russland, die deutschen Frauen mit Italien und Slowenien. Dazu gibt es Rivalen wie Schweden, die den WM-Zweiten Mattias Falck in ihrem Team haben. Oder auch Frankreich, das einen Heimvorteil hat. Bei genauer Überlegung werden sie den Pokal definitiv nicht schon vorschnell hergeben.

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