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Streit um Fördermittel DOSB-Präsident Hörmann denkt ans Aufhören

Im deutschen Sport brennt es an vielen Ecken. Zermürbt durch die stockende Umsetzung der Leistungssportreform macht sich DOSB-Präsident Hörmann Gedanken um seine Zukunft. Die unabhängige Athletenvertretung darf immerhin jetzt auf Bundesmittel hoffen.

Von Andreas Schirmer und Martin Beils, dpa 06.06.2018, 17:39

Berlin (dpa) - Der DOSB-Präsident ist frustriert, Athleten, Trainer und Verbände sind verärgert. Im deutschen Sport brennt es an vielen Ecken.

Der Streit um die Aufstockung der Fördermittel im Bundeshaushalt zur Umsetzung der Spitzensportreform sowie die Finanzierung einer unabhängigen Athletenvertretung hat tiefe Spuren hinterlassen. Alfons Hörmann, seit 2013 Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes, denkt sogar darüber nach, im Dezember nicht wieder zu kandidieren.

Die Entscheidung darüber will er auch davon abhängig machen, "ob die Rahmenbedingungen für ein weiterhin erfolgreiches Arbeiten gegeben sind", erklärte er im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". "Ein eindeutiges Ja kann es von meiner Seite zum jetzigen Zeitpunkt nicht geben." Geahnt habe er schon, dass die Reform, mit der die finanziellen Mittel effektiver genutzt werden sollen, "eher ein Marathon als ein Sprint" werden würde. Mit dem starken Widerstand nach dem Regierungswechsel in Berlin gegen die vom DOSB geforderte Erhöhung der Bundesmittel für den Sport hat er nicht gerechnet.

An einer Problemstelle im deutschen Spitzensport gibt es Fortschritte. Der Verein Athleten Deutschland kann nun doch auf 225.000 Euro Fördermittel aus dem Bundeshaushalt hoffen. Auch die Unionsvertreter im Sportausschuss des Deutschen Bundestags sprachen sich nach ihrer Ablehnung am Vortag dafür aus, die vom DOSB unabhängige Athleten-Organisation zu fördern. Damit entspreche die Politik den Wünschen der Sportler, sagte Eberhard Gienger, Sprecher von CDU/CSU im Ausschuss: "Wir schlagen einen neuen Weg ein."

Hörmann sagte zu seiner Zukunft an der DOSB-Spitze: "An manchen Tagen stellt man sich die Frage, ob das, was man in einem solchen Ehrenamt erlebt, noch erstrebenswert und zumutbar ist." Der Sprecher der deutschen Spitzenverbände hat Verständnis für diese Enttäuschung bei dem 57 Jahre alten Allgäuer. "Ich kann das nachvollziehen, dass da ein gewisser Frust und eine Amtsmüdigkeit da ist", meinte Siegfried Kaidel, der den Deutschen Ruder-Verband führt und betonte: "Auch bei den Verbänden gibt es Frustration. Es heißt, wir wollen nur Geld, aber wir wollen die Strukturen verändern."

In Grenzen hält sich das Mitgefühl für Hörmann bei der Sportausschussvorsitzenden. "Wer sich in ein Ehrenamt wählen lässt, zumal im organisierten Sport auf Spitzenebene, weiß schon im Vorfeld, dass das nicht immer das reine Vergnügen sein wird", erklärte Dagmar Freitag. Die SPD-Politikerin erwartet, dass es bei den Haushaltsberatungen noch eine positive Wende bei der Sportförderung geben kann. "Ich bin sicher, dass es vor allem an den Stellen, die direkt die Athletinnen und Athleten und ihre Trainerinnen und Trainer betreffen, zu Verbesserungen kommen wird", sagte Freitag.

Kritik übte sie am Umgang des DOSB mit dem Bestreben der Athleten autonomer außerhalb der Dachorganisation im Verein Athleten Deutschland ihre Interessen zu vertreten. "Meiner Einschätzung nach hat der DOSB die Entschlossenheit der Athletenvollversammlung viel zu lange unterschätzt, nach Jahren unbefriedigender Unterstützung ihrer Sprecher durch den Dachverband das Heft des Handels selbst in die Hand zu nehmen", sagte Freitag. Sie teile zudem die Kritik der Athleten über das lange Aussitzen des Themas durch den DOSB. Nun bekommen die Sportler voraussichtlich 225.000 Bundesmittel für ihre unabhängige Organisation.

Unerwartet hatte der DOSB ein Diskussionspapier vorgelegt, in dem drei Szenarien für eine Stärkung der Unabhängigkeit der Athletenvertretung vorgestellt wurden. Die Athletenkommission des DOSB reagiert darauf mit einem Brief, in dem das "Timing der schriftlichen Vorschläge des DOSB" zu diesem späten Zeitpunkt in den fortgeschrittenen Haushaltsberatungen als "mehr als problematisch" angeprangert wurde.

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