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Ehemaliger Ethikchef der FIFA Eckert zu Grindel-Sitz in FIFA und UEFA: "Frage der Moral"

Hans-Joachim Eckert kennt sich als ehemaliger Ethik-Chef des Weltverbandes FIFA mit Verfehlungen im Fußball aus. Und er hat Zweifel, ob der zurückgetretene DFB-Präsident Reinhard Grindel den Verband weiter international vertreten soll.

Von Andreas Schirmer, dpa 10.04.2019, 12:21

Frankfurt/Main (dpa) - Der einstige FIFA-Chefethiker Hans-Joachim Eckert hat angezweifelt, dass der zurückgetretene DFB-Präsident Reinhard Grindel in den Spitzengremien des Fußball-Weltverbandes FIFA und der für Europa zuständigen UEFA bleiben sollte.

"Wenn Herr Grindel aus den Führungsgremien der beiden Institutionen zurücktreten würde, wäre Deutschland dort nicht vertreten und es würde eine Vakanz geben, die nicht positiv für den DFB wäre", sagte Eckert im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Auf der anderen Seite ist es aber auch eine Frage der Moral und Ethik, ob man bei derartigen Verfehlungen weiterhin in den Führungspositionen bleibt."

Grindel würde den Deutschen Fußball-Bund jedenfalls nicht mehr von Amts wegen vertreten - auch das wirft für Eckert Fragen auf. "Ich überlege mir, wenn der DFB eine bestimmte Marschroute vorgibt, ob Grindel als Privatperson daran gebunden ist oder nicht. Da sehe ich Probleme."

Der DFB hatte nach dem Grindel-Rückzug mitgeteilt, dass er seine internationalen Ämter bei der UEFA (bis 2021) und bei der FIFA (bis 2023) trotz des moralischen Fehlers behalten solle. Der 57-Jährige hatte seinen Rücktritt mit dem umstrittenen Uhr-Geschenk des ukrainischen Oligarchen Grigori Surkis begründet. Kritisiert wurde Grindel zuvor schon wegen eines Zusatzeinkommens von über 78 000 Euro für den Aufsichtsratsposten bei einer DFB-Tochtergesellschaft. Die beiden Ämter bei FIFA und UEFA bringen ihm Einnahmen von rund 500 000 Euro jährlich ein.

Der Ethikrat der FIFA werde laut Eckert zunächst abwarten, wie die Ethikkommission des DFB die Causa Grindel bewertet und welche Konsequenzen daraus gezogen werden. "Erst nach einer Karenzzeit von drei Monaten könnte der Ethikrat tätig werden", erklärte Eckert, der einen klaren Standpunkt zum Grindel-Rücktritt hat: "Es wäre unvertretbar gewesen, wenn er weiterhin Präsident des DFB geblieben wäre. Der Schritt ist richtig und konsequent."

Der 71-jährige ehemalige Richter aus München bekräftigte noch einmal, dass aus seiner Sicht im DFB umfangreiche Strukturveränderungen notwendig seien. Dazu könnte auch die Einsetzung eines hauptamtlichen Präsidenten gehören. "Bei der Belastung im Amt, die in einem Verband mit sieben Millionen Mitgliedern vorhanden ist, ist das diskussionswürdig", sagte Eckert. Mit einem entsprechenden Salär könne man auch klarmachen, "wie wichtig" diese Position sei.

Bei der Suche nach einem Grindel-Nachfolger beneide er die beiden Interimspräsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch nicht. "Sie müssen dabei den Spagat zwischen Profi- und Amateurfußball machen. Sie müssen jemanden finden, der den DFB international repräsentieren kann", meinte Eckert, der mit seinem früheren Ethik-Mitstreiter in der FIFA, Cornel Borbely, eine Beratungsfirma für Good Governance im Sport gegründet hat. "Und er sollte natürlich integer sein." Eckert: "Ansonsten wird es ganz wichtig sein, dass der DFB in Zukunft eine absolut transparente Politik im Fußball macht."

Die Frage der Transparenz ließe sich seiner Ansicht nach am leichtesten lösen, wenn man den Bereich der Finanzen im Rahmen einer Aktiengesellschaft, die zur Rechenschaft verpflichtet ist, regeln würde. "Insofern ist diese Struktur überlegenswert", sagte Eckert. Der DFB sei aber ein Verband und da gelte es, die Gemeinnützigkeit weiter sicher zu stellen.

Der DFB wäre aber gut beraten, angesichts einer ganzen Reihe von Tochterfirmen unter seinem Dach, "transparente Mechanismen" zu schaffen. Schließlich sei auch immer wieder Unmut seitens des Amateur-Lagers zu spüren - nach dem Motto: "Die da oben verdienen sehr viel Geld und für uns Amateure bleibt nicht viel übrig."

Grindel-Profil auf der DFB-Homepage