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Clubs drohen Millionenausgaben Fußball: Polizeikosten-Streit vor Entscheidung

Wer kommt dafür auf, wenn bei Hochsicherheitsspielen im Fußball mehr Polizisten benötigt werden als sonst? Darüber streiten sich die Deutsche Fußball Liga und das Land Bremen schon seit vier Jahren. Am Dienstag verhandelt das Bundesverwaltungsgericht den Grundsatzfall.

Von Sebastian Stiekel, dpa 25.03.2019, 13:40

Leipzig (dpa) - Werder Bremen gegen den HSV. Oder Schalke 04 gegen den BVB. Im deutschen Profi-Fußball gibt es jedes Jahr rund 50 sogenannte Hochrisikospiele, in denen aufgrund einer besonderen Brisanz oder Rivalität deutlich mehr Sicherheitsvorkehrungen nötig sind als bei anderen Partien.

Wer für diese zusätzlichen Polizeikosten aufkommen muss, ob wie bislang der Steuerzahler oder vielleicht sogar bald die Vereine selbst, das soll in dieser Woche nach einem langen Rechtsstreit entschieden werden.

Am Dienstag verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in dritter Instanz das Verfahren zwischen dem Bundesland Bremen und der Deutschen Fußball Liga. Mit einem Urteil wird am Freitag gerechnet. Danach ist nur noch eine Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht möglich. Sollten die Bremer Recht bekommen und danach auch andere Bundesländer der DFL zusätzliche Polizeieinsätze in Rechnung stellen, kämen auf den Profifußball geschätzte Mehrkosten von rund 20 Millionen Euro pro Jahr zu.

Natürlich geht es in diesem Verfahren auch ums Geld. Verhandelt werden aber auch Grundsatzfragen. Ist die öffentliche Sicherheit nicht alleinige Sache des Staates? Inwieweit kann ein Fußballclub dafür verantwortlich gemacht werden, wenn einzelne Personen in seinem Namen randalieren? Oder aber: Kann ein Geschäft wie der Profifußball weiterhin Millionen erwirtschaften, ohne sich für das verantwortlich zu fühlen, was rund um seine Veranstaltungen passiert?

Weil so viel auf dem Spiel steht, ist die Tonlage vor dem Verwaltungsgerichtstermin am Dienstag auch immer schärfer geworden. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer warf der DFL in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur eine "maßlose Anspruchshaltung" vor. "Immer mehr Menschen kommen zu dem Ergebnis, dass es nicht angehen kann, dass die DFL von einem Rekordergebnis zum anderen jagt und für die Saison 2017/2018 einen Gesamterlös von 4,42 Milliarden Euro präsentiert und der Steuerzahler dann aber allein für die Sicherheitskosten aufkommen soll", sagte der SPD-Politiker.

Umgekehrt verweist der noch amtierende DFL-Präsident Reinhard Rauball immer darauf: "Der Fußball ist nicht Verursacher von Gewalt." Bei den Polizeieinsätzen gehe es auch darum, "den Fußball vor Gewalttätern zu schützen, die die große Bühne Bundesliga für eigene Zwecke missbrauchen." Und außerdem: Was passiert, "wenn künftig auch andere Veranstaltungen mit einer Gebühr belegt werden könnten?" Dritt- und Viertliga-Spiele zum Beispiel, wo die Vereine keine Millionensummen umsetzen? Oder auch Volksfeste und Konzerte?

Unterstützung erhielt die DFL auch von der Gewerkschaft der Polizei. "Die Polizei ist zuständig für die Gefahrenabwehr und die Strafverfolgung. Das gilt nach unserer Auffassung natürlich auch für Profifußballspiele", schrieb der Bundesvorsitzende Oliver Malchow in einem Gastbeitrag für das Fachmagazin "Kicker".

Begonnen hatte die Auseinandersetzung zwischen dem Bundesland Bremen und der Deutschen Fußball Liga bereits 2015. Seitdem schickt das Land der DFL regelmäßig Gebührenbescheide, wenn bei einem Heimspiel von Werder Bremen mehr Polizisten eingesetzt werden mussten als sonst üblich. "Wir reden über Teilkosten und ganz wenige Spiele. Wir bezahlen auch weiterhin die Grundkosten für die Polizeieinsätze", sagte Mäurer. Trotzdem erhielt der Ligaverband im April 2015 aus Bremen eine Rechnung in Höhe von 425.718,11 Euro, die nach einem besonders brisanten Spiel gegen den Hamburger SV angefallen waren.

Die DFL klagte dagegen vor dem Verwaltungsgericht Bremen und bekam in erster Instanz auch Recht. Das Oberverwaltungsgericht erklärte die Forderungen des Bundeslandes in einer Berufungsverhandlung 2018 jedoch für rechtens. Spätestens seit diesem Urteil ist man bei der DFL wie auch bei Werder Bremen alarmiert. So hat der Bundesliga-Club in seiner Bilanz eine Rückstellung von einer Million Euro gebildet, weil er bei Heimspielen als Veranstalter auftritt und sich deshalb auch sicher ist: Die DFL wird sich alle Kosten im Falle einer gerichtlichen Niederlage von Werder zurückholen. Und später dann auch von anderen Clubs, falls andere Länder dem Bremer Beispiel folgen.

Fragen und Antworten der DFL zum Thema Polizeikosten

dpa-Interview mit Bremens Innensenator

Das Bundesverwaltungsgericht