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Ex-IAAF-Chef "Vergehen gegen die Redlichkeit": Diack droht Haft

Der Korruptionsprozess gegen den Ex-Präsidenten des Weltverbandes der Leichtathleten Lamine Diack ist in Paris zu Ende gegangen. Ihm droht eine Haftstraße bis zu vier Jahren. Diacks Anwälte fordern, ihn nicht zum Sündenbock zu stempeln.

Von Andreas Schirmer und Amelie Richter, dpa 16.06.2020, 23:01

Paris (dpa) - Die französische Staatsanwaltschaft hat zumindest das moralische Urteil im Korruptionsprozess in Paris gegen Lamine Diack gefällt. Der 87-jährige Ex-Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes habe ein "Vergehen der Redlichkeit, das weltweit Schaden verursacht hat", begangen.

Für den Senegalesen wurde vom Staatsanwaltschaft eine Gefängnisstrafe von vier Jahren und eine maximale Geldstrafe von 500.000 Euro gefordert. Diack war wegen Betrugs, Korruption, Veruntreuung und Geldwäsche angeklagt worden. Das Urteil und Strafmaß sollen am 16. September bekanntgegeben werden.

Zum Abschluss des Prozess am Donnerstag bat der Diack-Anwalt Simone Ndiaye in seinem Plädoyer, seinen Mandanten nicht zum "Sündenbock" zu machen. Er forderte die Richter auf, "sich vor rein moralischen Urteilen zu hüten" und "der Versuchung zu widerstehen, dies zu einem beispielhaften Fall zu machen", um den Weltverband IAAF (heute World Athletics) zu säubern.

Die Verteidigung eines Mitangeklagten kritisierte zudem die Ermittlungen. Es hätten auch russische Athleten angehört werden müssen, erklärte die Verteidigung des früheren Diack-Beraters Habib Cissé, wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete.

Härter als Lamine Diack soll sein Sohn Papa Massata bestraft werden. Die Staatsanwaltschaft beantragte in Abwesenheit für den ehemaligen Marketingberater des IAAF und Drahtzieher im Hintergrund fünf Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von 500.000 Euro. Papa Massata hat sich in den Senegal zurückgezogen, das ihn trotz Haftbefehls von Interpol nicht ausliefern will.

Die zahlreichen E-Mails, Briefe und Finanztransfers, die als Beweise für die Korruptionsvorwürfe vorgelegt wurden, belegen laut Staatsanwaltschaft, dass der Weltverband unter der Ägide der Diacks von 1999 bis 2015 ein "Paradies der Interessenkonflikte" und "das Objekt ihres Präsidenten" gewesen sei. Sie geißelten auch die "Kontrolle der Finanzen durch Vater und Sohn" der IAAF.

In seiner Amtszeit soll Lamine Diack laut Staatsanwaltschaft direkt oder indirekt 3,45 Millionen Euro (3,9 Millionen Dollar) von vorwiegend russischen Athleten für die Vertuschung von positiven Doping-Tests erpresst haben. Mehrere Athleten konnten dadurch an den Olympischen Spielen 2012 in London teilnehmen und Gold gewinnen - wie der Geher Sergej Kirdjapkin über 50 Kilometer.

Seinem Sohn soll er zudem erlaubt haben, sich in Verhandlungen mit Sponsoren - der russischen Bank VTB, der koreanischen Samsung oder dem chinesischen Sender CCTV - mehrere Millionen Euro anzueignen.

Einem früheren Bericht zufolge räumte Diack in weiten Teilen ein, entschieden zu haben, Disziplinarverfahren gegen gedopte russische Athleten zurückzusetzen. Es sei ihm vor allem um die finanzielle Gesundheit der IAAF gegangen. Diack selbst erinnerte sich mit Klarheit an Details aus seiner Jugend, blendete aber Einzelheiten des Falles aus. "Ich fange an, ein alter Nagel zu werden", sagte er.