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Fiese Stiche Warum Zeckenschutz bei Hund und Katze sinnvoll ist

Um Krankheiten vorzubeugen, sollten Haustiere gar nicht erst von Zecken befallen werden. Die Bandbreite an Mitteln ist groß - doch nicht jeder Wirkstoff passt zu jedem Tier.

Von Fabian Busch, dpa 12.06.2020, 03:29

Ulm (dpa/tmn) - Vor dem Saugen sind Zecken nur wenige Millimeter groß, doch ihr Stich kann große Wirkung entfalten. Im Frühling und Sommer sind die bluthungrigen Parasiten besonders aktiv, und wie für Menschen gilt besonders für Hunde: Zecken sind nicht nur lästig, sondern als Krankheitsüberträger potenziell auch gefährlich.

Zecken halten sich überall auf, wo Gräser und Sträucher wachsen, sagt Astrid Behr, Sprecherin des Bundesverbands Praktizierender Tierärzte in Frankfurt/Main. Dort lassen sie sich vom vorbeikommenden Wirt "abstreifen". Das können auch Katzen sein – allerdings scheinen Krankheiten nicht auf sie übertragen zu werden. "Trotzdem kann es bei ihnen zu lokalen Reaktionen am Zeckenstich kommen, zum Beispiel in Form von Entzündungen", erklärt Behr.

Was Hunde betrifft, hat sich das Problem in den vergangenen Jahren sogar eher noch verschärft. Lange spielte praktisch nur der Gemeine Holzbock als bekannteste Zeckenart in Deutschland eine Rolle: Wie auf Menschen könne er auch auf Hunde Borreliose übertragen und Gelenkentzündungen auslösen, erklärt Astrid Behr. Speziell für Hunde gibt es zwar einen Impfstoff gegen Borreliose. "Er eignet sich aber eigentlich nur, wenn das Tier nicht bereits mit Borrelien infiziert ist. Hunde sollten deshalb vor einer Impfung auf Antikörper untersucht werden."

Zecken aus Mittelmeerraum auf dem Vormarsch

Inzwischen treten auch die Auwaldzecke und die Braune Hundezecke in Deutschland auf. "In manchen Regionen sind sie sehr auf dem Vormarsch", sagt die Tierärztin. Beide Arten stammen aus dem Mittelmeerraum, können Babesiose (Hunde-Malaria) und Ehrlichiose übertragen. Deren Erreger befallen rote und weiße Blutkörperchen. Vor allem die Babesiose kann unbehandelt zum Tod führen.

"Idealerweise sollten Zecken gar nicht erst stechen", sagt Hester Pommerening, Sprecherin des Deutschen Tierschutzbundes. Welches Mittel beim jeweiligen Tier sinnvoll ist, um das zu verhindern, sollten Halter mit dem Tierarzt besprechen.

Halsbänder, Nackentropfen oder Tabletten?

Infrage kommen etwa Halsbänder, die einen "repellierenden" Effekt haben: Sie schrecken die Zecke vom Stich ab. Den Wirkstoff geben sie in winzigen Staubpartikeln ab, erklärt Ralph Rückert, Tierarzt aus Ulm. Der Nachteil: "Wenn kleine Kinder im Haushalt leben, besteht die Gefahr, dass sie Zeckenmittel aufnehmen, wenn sie sich etwa nach dem Streicheln die Hände ablecken", so Rückert. Allerdings seien diese Dosen in der Regel sehr gering und somit ungefährlich.

Eine Alternative sind Spot-On-Präparate. Sie werden im Nacken des Tieres aufgeträufelt und haben den Vorteil, dass sie im Fettmantel der Haut gebunden werden. Manche Hunde oder Katzen reagieren allerdings mit Hautirritationen auf "Spot Ons". Spot Ons für Hunde sind allerdings für Katzen zu hoch dosiert. "Ein Zeckenmittel für Hunde könnte eine Katze umbringen", warnt Astrid Behr.

Die dritte Möglichkeit sind Tabletten, die Isoxazoline enthalten. Diese seien sehr effektiv, sagt Ralph Rückert: "Das Blut wird so giftig gemacht, dass der Angreifer stirbt." Der Vorteil: Die Wirkstoffe befinden sich nur im Inneren des Körpers. Das könne sinnvoll sein, wenn kleine Kinder im Haushalt leben, so Rückert.

Heftige Diskussionen um "Chemiekeulen"

Allerdings ist um die Tabletten eine heftige Diskussion entbrannt. Viele Halter wollen ihren Tieren keine "Chemiekeulen" zumuten, weil sie Nebenwirkungen fürchten. Die meisten Tierärzte sind dagegen der Meinung, dass die Präparate nicht schädlich sind. "Medikamente für Tiere werden über Jahre auf Wirksamkeit und Verträglichkeit untersucht, bevor sie zugelassen werden", sagt Astrid Behr.

Ralph Rückert stört, dass die Tabletten keinen abschreckenden Effekt haben. Das Tier müsse erst gestochen werden, bevor der Angreifer stirbt. Von Bernsteinketten oder ähnlichen esoterischen Mitteln hält der Tiermediziner auch nichts. Sie seien unwirksam.

Welcher Zeckenschutz auch immer - in jedem Fall ist es sinnvoll, das Tier nach Spaziergängen abzusuchen und Zecken zu entfernen. Auf keinen Fall sollte man sie zuvor mit Öl beträufeln, wie es früher geraten wurde. Das versetze das Spinnentier in einen Todeskampf, sagt Ralph Rückert: "Dann würgt die Zecke ihren Verdauungstrakt hervor und das macht eine Übertragung von Krankheiten nur wahrscheinlicher."

© dpa-infocom, dpa:200610-99-380575/4