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Gespräch suchen Das können Eltern bei Zweifeln an Lernmethode der Schule tun

Mutta, Fata, Kint - Fehler wie diese liest man bei Grundschülern in Deutschland häufig. Eine neue Studie empfiehlt nun das Lernen mit der Fibel, und Experten streiten über Konsequenzen. Was können Eltern machen, die mit der Lernmethode der Schule unzufrieden sind?

20.09.2018, 13:53

Tübingen (dpa/tmn) - In Deutschland ist ein Streit über die beste Rechtschreib-Lernmethoden entbrannt. Auslöser ist eine Studie, in der die klassische Fibel-Methode deutlich besser abgeschnitten hat als andere Ansätze. Auch Eltern sind immer wieder unzufrieden damit, wie ihre Kinder schreiben und lesen lernen.

Die Frage sei nun, ob man Grundschulen noch gestatten könne, "ausschließlich oder vorwiegend" nach den zwei Verfahren zu unterrichten, die in der Untersuchung sehr schlecht abgeschnitten hatten: "Lesen durch Schreiben" und "Rechtschreibwerkstatt". Das sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands (DL), Hans-Peter Meidinger, der Deutschen Presse-Agentur. "Die Bonner Studie gibt klar Hinweise, dass Schreiben nach Gehör nicht zu der angestrebten Rechtschreibkompetenz der Schüler führt."

Was genau wurde in der Studie untersucht?

In der Untersuchung hatten Bonner Psychologen ermittelt, dass Grundschüler Orthografie am besten nach der sogenannten Fibelmethode lernen. Dabei werden Buchstaben und Wörter schrittweise und nach festen Vorgaben eingeführt, systematisch aufgebaut vom Einfachen zum Komplexen. Die untersuchten Lernerfolge von gut 3000 Grundschulkindern in Nordrhein-Westfalen waren deutlich höher als bei dem Ansatz "Lesen durch Schreiben" (LDS), mitunter auch als "Schreiben nach Gehör" bezeichnet. Die meisten Fehler ermittelte die Studie bei Kindern, die nach der eher seltenen "Rechtschreibwerkstatt" lernten.

Wie häufig unterrichten Pädagogen nach der "Lesen-Durch-Schreiben"-Methode und der "Rechtschreibwerkstatt"?

Das früher lange gängige Fibel-Lernen ist mancherorts vor allem vom "Lesen durch Schreiben" nahezu verdängt worden. Der LDS-Grundgedanke: Schüler sollen möglichst viel frei schreiben und das Lesen darüber mitlernen. Ein Blick in die Bundesländer - sie sind zuständig für Schulfragen - zeigt ein unterschiedliches Bild, unter dem Strich aber eher wenig Begeisterung für "Lesen durch Schreiben" und viel Zuspruch für die Fibel-Methode.

In NRW als bevölkerungsreichstem Bundesland gibt es derzeit keine zentral vorgeschriebene Methode. Aber: "Lesen durch Schreiben" soll demnächst noch in der ersten Klasse angewendet werden, wie Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) bereits 2017 angekündigt hatte. Rheinland-Pfalz setzt auf einen Methodenmix. Eine Umfrage 2017 habe ergeben, dass nur in 14 von 960 Grundschulen ausschließlich mit LDS gearbeitet werde.

Hamburg gehört zu den Ländern, die die LDS-Methode bereits für unzulässig erklärt haben. In Schleswig-Holstein darf seit Beginn dieses Schuljahres auch nicht mehr danach unterrichtet werden. Aus Berlin heißt es, LDS in "Reinform" gebe der Rahmenlehrplan nicht her. Baden-Württemberg hält ebenfalls nichts von LDS, spricht von einem "seit langem wissenschaftlich hoch umstrittenen" Ansatz. In Bayern kommt die Methode nicht zum Einsatz, ebenso wie im Saarland, jedenfalls nicht "in Reinform".

In Thüringen werden Grundschüler überwiegend nach der Fibel-Methode unterrichtet. Der aktuelle Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Erfurts Bildungsminister Helmut Holter (Linke), sagte, man werde nach den "wichtigen Hinweisen" der Bonner Studie über Schlussfolgerungen beraten. In Sachsen lernen Kinder vor allem mit der Fibel, die Grundschulen sind aber frei in ihrer Wahl.

Sachsen-Anhalt legt die Entscheidung ebenfalls in die Hände der Lehrkräfte. In Mecklenburg-Vorpommern nutzen 86 Prozent die Fibel und nur zwei Prozent LDS. Brandenburg sagt, man habe aktuell keinen Überblick. Auch in Niedersachsen lägen keine landesweiten Erkenntnisse darüber vor, welche Schulen nach welchen Methoden arbeiteten. Das entschieden die Schulen selbst. Eine kritische Prüfung der eingesetzten Lernmethoden sei unabhängig von der Studie ohnehin vorgesehen.

Was können Eltern tun, wenn Sie mit der Lernmethode einer Schule unzufrieden sind?

Im ersten Schritt sollten sie Kontakt mit der Schule aufnehmen. Das empfiehlt der Bildungsforscher Ulrich Trautwein aus Tübingen. Es sei sinnvoll, erst einmal in Erfahrung zu bringen, warum die Schule mit einer bestimmten Methode unterrichtet. Haben Eltern beispielsweise Sorgen, dass ihren Kindern mit der falschen Methode das Schreiben beigebracht wird, können sie sich Hilfe von Elternvertretern, Vereinen oder Stiftungen holen.

So können Eltern ihre Interessen gegenüber der Schule besser durchsetzen. "Leider ist das nach wie vor eher die Ausnahme, weil es an Souveränität und entsprechenden Kompetenzen bei vielen Eltern fehlt", sagt Trautwein. Nicht immer hilft es aber, wenn Eltern selbst aktiv werden und ihre Kinder in der Freizeit mit alternativen Methoden unterrichten. "Sie müssen schon sehr sicher sein, dass Sie das besser können als die Lehrkraft", sagt der Bildungsforscher.

Ob es Sinn macht, seine Kinder nebenher noch selbst zu unterrichten, hänge noch von weiteren Faktoren ab. So müssten Eltern ehrlich prüfen, wie gut das Verhältnis zum eigenen Kind ist. Bei manchen Familien führe es zu Streit, wenn die Eltern auch noch als Lehrer auftreten, so Trautwein. Außerdem sollten sie in Betracht ziehen, ob der Rest des Unterrichts in Ordnung ist. Und es kommt darauf an, wie lange das Kind noch mit der Lernmethode konfrontiert ist und ob es sich lohnt, das Kind in zwei unterschiedliche Lernwelten einzuführen. Manche Kinder könnten sich davon überfordert fühlen.